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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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23. Aehmed der III
chen es vorher niemals gesehen hatte, und vielleicht auch nicht wieder sehen wird;
nämlich den König von Schweden, Carl den XII, und Stanislaw, der, wie-
wol unrechtmäßiger Weise, zu der Krone von Polen gelanget war.

[Spaltenumbruch]
er hierauf in Sefer Obasi aufgenommen
wurde: so ging er in wenigen Jahren alle
die Hofbedienungen durch; so daß er zu der
Zeit, als Mustäfa der II den Thron bestieg,
einer von den innern Kämmerlingen derjeni-
gen Ordnung war, die Chäßine Odasi heißet.
Zu dieser Zeit fingen seine herrlichen Gaben
an, die unter den vorigen mürrischen Sulta-
nen verborgen gelegen hatten, oder eigent-
licher zu reden, die nunmehr zu ihrer Reife
gekommen waren, bey Hofe in Betrachtung
zu kommen. Denn als der Sultan Mustäfa
seine große Geschicklichkeit und Fertigkeit im
Antworten, darinnen er alle die andern über-
traf, bemerkte: so machte er ihn nicht allein
zu seinem vornehmsten Lieblinge; sondern
vertraute ihm auch seine Geheimnisse, und
fing an, ihn um Rath zu fragen. Nachdem
er nun durch dieses Mittel verschiedene Be-
dienungen durchgegangen war: so wurde er
in einer Zeit von zweyen Jahren (welches
ein ganz ungewöhnliches Beyspiel ist) zu dem
Amte des Tschokadar Agalikjs erhoben, das
die zweyte Würde an dem osmanischen Hofe
ist. Nachdem er zu dieser Stelle gelanget
war: so gewann er durch seine gute Auffüh-
rung die Gewogenheit des Sultans in sol-
chem Grade, daß er alles erlangte, was er
begehrete; und ungeachtet er dem Range
und der Würde nach unter dem Silahtar Aga
stunde: so ging er doch demselben an Anse-
hen weit vor. Als er aber vollends Silahtar
Aga wurde: so regierete er nicht allein den
ganzen Hof nach seinem Belieben, als wel-
ches das eigentliche Amt des obersten Schwert-
trägers ist; sondern er hatte auch ein solches
[Spaltenumbruch]
Vermögen über den Sultan, daß dieser in
allen Dingen, außer wo der Müfti sich darein
legte, nichts thun wollte, ohne vorher seine
Meinung darüber zu vernehmen. Endlich
wurde er von dem Sultane mit dreyen Tug
vom Hofe entlassen und zum Kübbe Weßire
bestellet; dabey er zugleich das Versprechen
erhielte, daß ihm des Sultans Prinzessinn,
die damals drey Jahre alt war, zur Gema-
linn gegeben werden sollte. Bey diesem
Grade der Gunst erhielte sich derselbe die übri-
ge Zeit der Regierung des Sultan Mustäfas
hindurch. Als aber dieser abgesetzet wurde:
so kam er als eine unbekannte Person mit
dem Sultane Aehmed nach Constantinopel,
und wurde kurz hernach in die Paschaschaft
von Tripoli bey Damaskus gesendet. Nach
Verlaufe von zweyen Jahren berief man ihn
nach Constantinopel zurück, das Beylager
mit des Sultan Mustäfas Prinzessinn zu voll-
ziehen: und da wußte er durch seine artigen
Reden den Sultan dergestalt zu besänftigen
und einzunehmen, daß er, unter mancherley
Vorwande, seine Abreise von einem Tage auf
den andern verschob; ungeachtet er öfters
dazu getrieben wurde. Bey seinem Weßir-
amte führete er sich also auf, daß er sich bey
den Großen das Lob einer nicht gemeinen
Klugheit, und bey dem Volke den Ruhm er-
warb, daß er ein gerechter Richter sey, der
sich nicht bestechen lasse. Wegen des uner-
sättlichen Geizes des Sultans war er zwar
manchmal gegen seine Neigung genöthiget,
das Volk zu drücken und demselben sehr schwe-
re Lasten aufzulegen; er that aber dieses auf
eine so künstliche Weise, daß man weder ihn
9. Es
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23. Aehmed der III
chen es vorher niemals geſehen hatte, und vielleicht auch nicht wieder ſehen wird;
naͤmlich den Koͤnig von Schweden, Carl den XII‚ und Staniſlaw, der, wie-
wol unrechtmaͤßiger Weiſe, zu der Krone von Polen gelanget war.

[Spaltenumbruch]
er hierauf in Sefer Obaſi aufgenommen
wurde: ſo ging er in wenigen Jahren alle
die Hofbedienungen durch; ſo daß er zu der
Zeit, als Muſtaͤfa der II den Thron beſtieg,
einer von den innern Kaͤmmerlingen derjeni-
gen Ordnung war, die Chaͤßine Odaſi heißet.
Zu dieſer Zeit fingen ſeine herrlichen Gaben
an, die unter den vorigen muͤrriſchen Sulta-
nen verborgen gelegen hatten, oder eigent-
licher zu reden, die nunmehr zu ihrer Reife
gekommen waren, bey Hofe in Betrachtung
zu kommen. Denn als der Sultan Muſtaͤfa
ſeine große Geſchicklichkeit und Fertigkeit im
Antworten, darinnen er alle die andern uͤber-
traf, bemerkte: ſo machte er ihn nicht allein
zu ſeinem vornehmſten Lieblinge; ſondern
vertraute ihm auch ſeine Geheimniſſe, und
fing an, ihn um Rath zu fragen. Nachdem
er nun durch dieſes Mittel verſchiedene Be-
dienungen durchgegangen war: ſo wurde er
in einer Zeit von zweyen Jahren (welches
ein ganz ungewoͤhnliches Beyſpiel iſt) zu dem
Amte des Tſchokadar Agalikjs erhoben, das
die zweyte Wuͤrde an dem osmaniſchen Hofe
iſt. Nachdem er zu dieſer Stelle gelanget
war: ſo gewann er durch ſeine gute Auffuͤh-
rung die Gewogenheit des Sultans in ſol-
chem Grade, daß er alles erlangte, was er
begehrete; und ungeachtet er dem Range
und der Wuͤrde nach unter dem Silahtar Aga
ſtunde: ſo ging er doch demſelben an Anſe-
hen weit vor. Als er aber vollends Silahtar
Aga wurde: ſo regierete er nicht allein den
ganzen Hof nach ſeinem Belieben, als wel-
ches das eigentliche Amt des oberſten Schwert-
traͤgers iſt; ſondern er hatte auch ein ſolches
[Spaltenumbruch]
Vermoͤgen uͤber den Sultan, daß dieſer in
allen Dingen, außer wo der Muͤfti ſich darein
legte, nichts thun wollte, ohne vorher ſeine
Meinung daruͤber zu vernehmen. Endlich
wurde er von dem Sultane mit dreyen Tug
vom Hofe entlaſſen und zum Kuͤbbe Weßire
beſtellet; dabey er zugleich das Verſprechen
erhielte, daß ihm des Sultans Prinzeſſinn,
die damals drey Jahre alt war, zur Gema-
linn gegeben werden ſollte. Bey dieſem
Grade der Gunſt erhielte ſich derſelbe die uͤbri-
ge Zeit der Regierung des Sultan Muſtaͤfas
hindurch. Als aber dieſer abgeſetzet wurde:
ſo kam er als eine unbekannte Perſon mit
dem Sultane Aehmed nach Conſtantinopel,
und wurde kurz hernach in die Paſchaſchaft
von Tripoli bey Damaskus geſendet. Nach
Verlaufe von zweyen Jahren berief man ihn
nach Conſtantinopel zuruͤck, das Beylager
mit des Sultan Muſtaͤfas Prinzeſſinn zu voll-
ziehen: und da wußte er durch ſeine artigen
Reden den Sultan dergeſtalt zu beſaͤnftigen
und einzunehmen, daß er, unter mancherley
Vorwande, ſeine Abreiſe von einem Tage auf
den andern verſchob; ungeachtet er oͤfters
dazu getrieben wurde. Bey ſeinem Weßir-
amte fuͤhrete er ſich alſo auf, daß er ſich bey
den Großen das Lob einer nicht gemeinen
Klugheit, und bey dem Volke den Ruhm er-
warb, daß er ein gerechter Richter ſey, der
ſich nicht beſtechen laſſe. Wegen des uner-
ſaͤttlichen Geizes des Sultans war er zwar
manchmal gegen ſeine Neigung genoͤthiget,
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[753/0867] 23. Aehmed der III chen es vorher niemals geſehen hatte, und vielleicht auch nicht wieder ſehen wird; naͤmlich den Koͤnig von Schweden, Carl den XII‚ und Staniſlaw, der, wie- wol unrechtmaͤßiger Weiſe, zu der Krone von Polen gelanget war. 9. Es er hierauf in Sefer Obaſi aufgenommen wurde: ſo ging er in wenigen Jahren alle die Hofbedienungen durch; ſo daß er zu der Zeit, als Muſtaͤfa der II den Thron beſtieg, einer von den innern Kaͤmmerlingen derjeni- gen Ordnung war, die Chaͤßine Odaſi heißet. Zu dieſer Zeit fingen ſeine herrlichen Gaben an, die unter den vorigen muͤrriſchen Sulta- nen verborgen gelegen hatten, oder eigent- licher zu reden, die nunmehr zu ihrer Reife gekommen waren, bey Hofe in Betrachtung zu kommen. Denn als der Sultan Muſtaͤfa ſeine große Geſchicklichkeit und Fertigkeit im Antworten, darinnen er alle die andern uͤber- traf, bemerkte: ſo machte er ihn nicht allein zu ſeinem vornehmſten Lieblinge; ſondern vertraute ihm auch ſeine Geheimniſſe, und fing an, ihn um Rath zu fragen. Nachdem er nun durch dieſes Mittel verſchiedene Be- dienungen durchgegangen war: ſo wurde er in einer Zeit von zweyen Jahren (welches ein ganz ungewoͤhnliches Beyſpiel iſt) zu dem Amte des Tſchokadar Agalikjs erhoben, das die zweyte Wuͤrde an dem osmaniſchen Hofe iſt. Nachdem er zu dieſer Stelle gelanget war: ſo gewann er durch ſeine gute Auffuͤh- rung die Gewogenheit des Sultans in ſol- chem Grade, daß er alles erlangte, was er begehrete; und ungeachtet er dem Range und der Wuͤrde nach unter dem Silahtar Aga ſtunde: ſo ging er doch demſelben an Anſe- hen weit vor. Als er aber vollends Silahtar Aga wurde: ſo regierete er nicht allein den ganzen Hof nach ſeinem Belieben, als wel- ches das eigentliche Amt des oberſten Schwert- traͤgers iſt; ſondern er hatte auch ein ſolches Vermoͤgen uͤber den Sultan, daß dieſer in allen Dingen, außer wo der Muͤfti ſich darein legte, nichts thun wollte, ohne vorher ſeine Meinung daruͤber zu vernehmen. Endlich wurde er von dem Sultane mit dreyen Tug vom Hofe entlaſſen und zum Kuͤbbe Weßire beſtellet; dabey er zugleich das Verſprechen erhielte, daß ihm des Sultans Prinzeſſinn, die damals drey Jahre alt war, zur Gema- linn gegeben werden ſollte. Bey dieſem Grade der Gunſt erhielte ſich derſelbe die uͤbri- ge Zeit der Regierung des Sultan Muſtaͤfas hindurch. Als aber dieſer abgeſetzet wurde: ſo kam er als eine unbekannte Perſon mit dem Sultane Aehmed nach Conſtantinopel, und wurde kurz hernach in die Paſchaſchaft von Tripoli bey Damaskus geſendet. Nach Verlaufe von zweyen Jahren berief man ihn nach Conſtantinopel zuruͤck, das Beylager mit des Sultan Muſtaͤfas Prinzeſſinn zu voll- ziehen: und da wußte er durch ſeine artigen Reden den Sultan dergeſtalt zu beſaͤnftigen und einzunehmen, daß er, unter mancherley Vorwande, ſeine Abreiſe von einem Tage auf den andern verſchob; ungeachtet er oͤfters dazu getrieben wurde. Bey ſeinem Weßir- amte fuͤhrete er ſich alſo auf, daß er ſich bey den Großen das Lob einer nicht gemeinen Klugheit, und bey dem Volke den Ruhm er- warb, daß er ein gerechter Richter ſey, der ſich nicht beſtechen laſſe. Wegen des uner- ſaͤttlichen Geizes des Sultans war er zwar manchmal gegen ſeine Neigung genoͤthiget, das Volk zu druͤcken und demſelben ſehr ſchwe- re Laſten aufzulegen; er that aber dieſes auf eine ſo kuͤnſtliche Weiſe, daß man weder ihn noch 5 C

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 753. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/867>, abgerufen am 20.05.2024.