Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite
23. Aehmed der III
[Spaltenumbruch]
eure Majestät diesen Mann nicht? Der Sul-
tan versetzet: es sey ihm unmöglich, einen
ieden einzelnen Menschen zu kennen. Allein,
fähret jener fort, dieses ist keiner von der
gemeinen Gattung, sondern es ist Kjör Ali
Aga, der einen trefflichen Tschitftlikj (Meier-
hof) nicht weit von Constantinopel hat, der
ihm jährlich so viel Gänse, gemeine und india-
nische Hühner einbringet, daß er nicht allein
für seinen Tisch genug hat, sondern deren
noch so viele erübriget, daß er ein großes
Stück Geld daraus lösen kann. Was sein
Amt anbelanget: so ist er Basch Häkikilü*
(welches eine Stelle von keinem großen An-
sehen an des Defterdars Hofe ist). Der
Sultan ließ damals des Mannes Albernheit
so vorbey gehen. Als aber derselbe aus dem
Zimmer ginge, um einige Anordnungen we-
gen der Malzeit zu machen: so wendete er sich
zu Kißlar Agasi, und sagte zu demselben;
"Habt ihr gehöret, Ismäil, was mir dieser
"Hase von Kjör Ali Aga erzählet hat? Ich
"meines Ortes habe seine Narrheit gleich
"den dritten Tag darauf gemerket, nach-
"dem ich ihn zum Weßire gemacht hatte.
"Damit aber diejenigen, die seine Beförde-
"rung zu diesem Amte so sehnlich verlanget
"haben, dieselbe auch gewahr werden mö-
"gen: so will ich ihn die Ehrenzeichen des
"Weßiramtes einige Monate lang tragen
"lassen; sonderlich, weil gegenwärtig alles
"ruhig ist und er durch seinen Unverstand
"den gemeinen Sachen keinen wichtigen
"Schaden thun kann." Er war ein un-
versöhnlicher Feind der Christen, und erneu-
erte nicht allein, als er Weßir wurde, den
Befehl wegen des Tragens der schwarzen
Kleider, den er als Kaimmäkam von Con-
stantinopel gegeben hatte; sondern er erfand
auch täglich neue Arten, dieselben zu plagen,
und unterließ keine Gattung der Grausamkeit
gegen diejenigen, die einiges Verbrechens
schuldig waren. Jedoch erzeigte er sich
[Spaltenumbruch]
manchmal gegen einige derselben gewogen:
allein es geschahe bloß aus Haß gegen andere,
oder es rührete auch von seiner gewöhnlichen
Wankelmüthigkeit her. Abaßa Osman Pa-
scha (gegen den er einen heftigen Haß hatte,
gleichwie gegen alle diejenigen, die klüger
waren, als er, und denen er nicht schaden
konnte, weil sie von dem Sultane beschützet
wurden) hatte als Kapudan Pascha oder Ad-
miral in dem schwarzen Meere einen ragusi-
schen Kaufmann gefangen genommen und
auf die Galeen verdammet; der nach gemach-
tem Bankrut sich in des Kaisers von Rußland
Dienste begeben hatte, und einiges griechisches
Schiffsvolk warb, das derselbe nach Aßak
führen wollte. Als Kälajlü in den ersten
Tagen seines Weßiramtes, wie es die Ge-
wohnheit der Weßire ist, die Terschane oder
das Admiralitätshaus besuchte, darinnen
des Sultans Paißen2* verwahret werden;
und zu diesem Manne kam: so fragte er ihn,
was die Ursache sey, daß er zu dieser Strafe
sey verdammet worden. Der Terschane Kji-
haja antwortete: er sey von Osman Pascha
gefangen worden, nebst einigem Schiffsvolke,
das er zum Dienste der Russen zusammen ge-
bracht habe; und daher habe man ihn als
einen Spion zu den Galeen verdammet. Da
Kälajlü dieses hörete: so sagte er; "Je!
"wie lästerlich haben diese unbesonnenen
"Buben, die das Gefängniß und die
"schimpflichsten Strafen verdieneten, die
"Ehre des osmanischen Reichs geschändet!
"Sie haben einen armen unglückseligen
"Griechen für einen Spion gefangen und
"ihn auf die Galeen geschickt! eben als wenn
"die Wohlfahrt des ganzen Reichs auf die
"Nachrichten ankäme, die ein solcher Mensch
"den Feinden geben könnte. Geschwind
"nimm ihm seine Ketten ab, auf daß da-
"mit zugleich das Andenken dieser Schmach
"untergehen möge." Alsdann wendete
er sich zu dem Ruderslawen, und sagte zu
* der oberste Betraute.
2* Ruderslawen.
5 B 2
23. Aehmed der III
[Spaltenumbruch]
eure Majeſtaͤt dieſen Mann nicht? Der Sul-
tan verſetzet: es ſey ihm unmoͤglich, einen
ieden einzelnen Menſchen zu kennen. Allein,
faͤhret jener fort, dieſes iſt keiner von der
gemeinen Gattung, ſondern es iſt Kjoͤr Ali
Aga, der einen trefflichen Tſchitftlikj (Meier-
hof) nicht weit von Conſtantinopel hat, der
ihm jaͤhrlich ſo viel Gaͤnſe, gemeine und india-
niſche Huͤhner einbringet, daß er nicht allein
fuͤr ſeinen Tiſch genug hat, ſondern deren
noch ſo viele eruͤbriget, daß er ein großes
Stuͤck Geld daraus loͤſen kann. Was ſein
Amt anbelanget: ſo iſt er Baſch Haͤkikiluͤ*
(welches eine Stelle von keinem großen An-
ſehen an des Defterdars Hofe iſt). Der
Sultan ließ damals des Mannes Albernheit
ſo vorbey gehen. Als aber derſelbe aus dem
Zimmer ginge, um einige Anordnungen we-
gen der Malzeit zu machen: ſo wendete er ſich
zu Kißlar Agaſi, und ſagte zu demſelben;
“Habt ihr gehoͤret, Ismaͤil, was mir dieſer
“Haſe von Kjoͤr Ali Aga erzaͤhlet hat? Ich
“meines Ortes habe ſeine Narrheit gleich
“den dritten Tag darauf gemerket, nach-
“dem ich ihn zum Weßire gemacht hatte.
“Damit aber diejenigen, die ſeine Befoͤrde-
“rung zu dieſem Amte ſo ſehnlich verlanget
“haben, dieſelbe auch gewahr werden moͤ-
“gen: ſo will ich ihn die Ehrenzeichen des
“Weßiramtes einige Monate lang tragen
“laſſen; ſonderlich, weil gegenwaͤrtig alles
“ruhig iſt und er durch ſeinen Unverſtand
“den gemeinen Sachen keinen wichtigen
“Schaden thun kann.„ Er war ein un-
verſoͤhnlicher Feind der Chriſten, und erneu-
erte nicht allein, als er Weßir wurde, den
Befehl wegen des Tragens der ſchwarzen
Kleider, den er als Kaimmaͤkam von Con-
ſtantinopel gegeben hatte; ſondern er erfand
auch taͤglich neue Arten, dieſelben zu plagen,
und unterließ keine Gattung der Grauſamkeit
gegen diejenigen, die einiges Verbrechens
ſchuldig waren. Jedoch erzeigte er ſich
[Spaltenumbruch]
manchmal gegen einige derſelben gewogen:
allein es geſchahe bloß aus Haß gegen andere,
oder es ruͤhrete auch von ſeiner gewoͤhnlichen
Wankelmuͤthigkeit her. Abaßa Osman Pa-
ſcha (gegen den er einen heftigen Haß hatte,
gleichwie gegen alle diejenigen, die kluͤger
waren, als er, und denen er nicht ſchaden
konnte, weil ſie von dem Sultane beſchuͤtzet
wurden) hatte als Kapudan Paſcha oder Ad-
miral in dem ſchwarzen Meere einen raguſi-
ſchen Kaufmann gefangen genommen und
auf die Galeen verdammet; der nach gemach-
tem Bankrut ſich in des Kaiſers von Rußland
Dienſte begeben hatte, und einiges griechiſches
Schiffsvolk warb, das derſelbe nach Aßak
fuͤhren wollte. Als Kaͤlajluͤ in den erſten
Tagen ſeines Weßiramtes, wie es die Ge-
wohnheit der Weßire iſt, die Terschane oder
das Admiralitaͤtshaus beſuchte, darinnen
des Sultans Paißen2* verwahret werden;
und zu dieſem Manne kam: ſo fragte er ihn,
was die Urſache ſey, daß er zu dieſer Strafe
ſey verdammet worden. Der Terschane Kji-
haja antwortete: er ſey von Osman Paſcha
gefangen worden, nebſt einigem Schiffsvolke,
das er zum Dienſte der Ruſſen zuſammen ge-
bracht habe; und daher habe man ihn als
einen Spion zu den Galeen verdammet. Da
Kaͤlajluͤ dieſes hoͤrete: ſo ſagte er; “Je!
“wie laͤſterlich haben dieſe unbeſonnenen
“Buben, die das Gefaͤngniß und die
“ſchimpflichſten Strafen verdieneten, die
“Ehre des osmaniſchen Reichs geſchaͤndet!
“Sie haben einen armen ungluͤckſeligen
“Griechen fuͤr einen Spion gefangen und
“ihn auf die Galeen geſchickt! eben als wenn
“die Wohlfahrt des ganzen Reichs auf die
“Nachrichten ankaͤme, die ein ſolcher Menſch
“den Feinden geben koͤnnte. Geſchwind
“nimm ihm ſeine Ketten ab, auf daß da-
“mit zugleich das Andenken dieſer Schmach
“untergehen moͤge.„ Alsdann wendete
er ſich zu dem Ruderſlawen, und ſagte zu
* der oberſte Betraute.
2* Ruderſlawen.
5 B 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0861" n="747"/>
            <fw place="top" type="header">23. Aehmed der <hi rendition="#aq">III</hi></fw><lb/>
            <cb n="1"/><lb/>
            <note xml:id="A861" prev="#A860" place="end" next="#A862">eure Maje&#x017F;ta&#x0364;t die&#x017F;en Mann nicht? Der Sul-<lb/>
tan ver&#x017F;etzet: es &#x017F;ey ihm unmo&#x0364;glich, einen<lb/>
ieden einzelnen Men&#x017F;chen zu kennen. Allein,<lb/>
fa&#x0364;hret jener fort, die&#x017F;es i&#x017F;t keiner von der<lb/>
gemeinen Gattung, &#x017F;ondern es i&#x017F;t Kjo&#x0364;r Ali<lb/>
Aga, der einen trefflichen T&#x017F;chitftlikj (Meier-<lb/>
hof) nicht weit von Con&#x017F;tantinopel hat, der<lb/>
ihm ja&#x0364;hrlich &#x017F;o viel Ga&#x0364;n&#x017F;e, gemeine und india-<lb/>
ni&#x017F;che Hu&#x0364;hner einbringet, daß er nicht allein<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;einen Ti&#x017F;ch genug hat, &#x017F;ondern deren<lb/>
noch &#x017F;o viele eru&#x0364;briget, daß er ein großes<lb/>
Stu&#x0364;ck Geld daraus lo&#x0364;&#x017F;en kann. Was &#x017F;ein<lb/>
Amt anbelanget: &#x017F;o i&#x017F;t er Ba&#x017F;ch Ha&#x0364;kikilu&#x0364;<note place="foot" n="*">der ober&#x017F;te Betraute.</note><lb/>
(welches eine Stelle von keinem großen An-<lb/>
&#x017F;ehen an des Defterdars Hofe i&#x017F;t). Der<lb/>
Sultan ließ damals des Mannes Albernheit<lb/>
&#x017F;o vorbey gehen. Als aber der&#x017F;elbe aus dem<lb/>
Zimmer ginge, um einige Anordnungen we-<lb/>
gen der Malzeit zu machen: &#x017F;o wendete er &#x017F;ich<lb/>
zu Kißlar Aga&#x017F;i, und &#x017F;agte zu dem&#x017F;elben;<lb/>
&#x201C;Habt ihr geho&#x0364;ret, Isma&#x0364;il, was mir die&#x017F;er<lb/>
&#x201C;Ha&#x017F;e von Kjo&#x0364;r Ali Aga erza&#x0364;hlet hat? Ich<lb/>
&#x201C;meines Ortes habe &#x017F;eine Narrheit gleich<lb/>
&#x201C;den dritten Tag darauf gemerket, nach-<lb/>
&#x201C;dem ich ihn zum Weßire gemacht hatte.<lb/>
&#x201C;Damit aber diejenigen, die &#x017F;eine Befo&#x0364;rde-<lb/>
&#x201C;rung zu die&#x017F;em Amte &#x017F;o &#x017F;ehnlich verlanget<lb/>
&#x201C;haben, die&#x017F;elbe auch gewahr werden mo&#x0364;-<lb/>
&#x201C;gen: &#x017F;o will ich ihn die Ehrenzeichen des<lb/>
&#x201C;Weßiramtes einige Monate lang tragen<lb/>
&#x201C;la&#x017F;&#x017F;en; &#x017F;onderlich, weil gegenwa&#x0364;rtig alles<lb/>
&#x201C;ruhig i&#x017F;t und er durch &#x017F;einen Unver&#x017F;tand<lb/>
&#x201C;den gemeinen Sachen keinen wichtigen<lb/>
&#x201C;Schaden thun kann.&#x201E; Er war ein un-<lb/>
ver&#x017F;o&#x0364;hnlicher Feind der Chri&#x017F;ten, und erneu-<lb/>
erte nicht allein, als er Weßir wurde, den<lb/>
Befehl wegen des Tragens der &#x017F;chwarzen<lb/>
Kleider, den er als Kaimma&#x0364;kam von Con-<lb/>
&#x017F;tantinopel gegeben hatte; &#x017F;ondern er erfand<lb/>
auch ta&#x0364;glich neue Arten, die&#x017F;elben zu plagen,<lb/>
und unterließ keine Gattung der Grau&#x017F;amkeit<lb/>
gegen diejenigen, die einiges Verbrechens<lb/>
&#x017F;chuldig waren. Jedoch erzeigte er &#x017F;ich<lb/><cb n="2"/><lb/>
manchmal gegen einige der&#x017F;elben gewogen:<lb/>
allein es ge&#x017F;chahe bloß aus Haß gegen andere,<lb/>
oder es ru&#x0364;hrete auch von &#x017F;einer gewo&#x0364;hnlichen<lb/>
Wankelmu&#x0364;thigkeit her. Abaßa Osman Pa-<lb/>
&#x017F;cha (gegen den er einen heftigen Haß hatte,<lb/>
gleichwie gegen alle diejenigen, die klu&#x0364;ger<lb/>
waren, als er, und denen er nicht &#x017F;chaden<lb/>
konnte, weil &#x017F;ie von dem Sultane be&#x017F;chu&#x0364;tzet<lb/>
wurden) hatte als Kapudan Pa&#x017F;cha oder Ad-<lb/>
miral in dem &#x017F;chwarzen Meere einen ragu&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;chen Kaufmann gefangen genommen und<lb/>
auf die Galeen verdammet; der nach gemach-<lb/>
tem Bankrut &#x017F;ich in des Kai&#x017F;ers von Rußland<lb/>
Dien&#x017F;te begeben hatte, und einiges griechi&#x017F;ches<lb/>
Schiffsvolk warb, das der&#x017F;elbe nach Aßak<lb/>
fu&#x0364;hren wollte. Als Ka&#x0364;lajlu&#x0364; in den er&#x017F;ten<lb/>
Tagen &#x017F;eines Weßiramtes, wie es die Ge-<lb/>
wohnheit der Weßire i&#x017F;t, die Terschane oder<lb/>
das Admiralita&#x0364;tshaus be&#x017F;uchte, darinnen<lb/>
des Sultans Paißen<note place="foot" n="2*">Ruder&#x017F;lawen.</note> verwahret werden;<lb/>
und zu die&#x017F;em Manne kam: &#x017F;o fragte er ihn,<lb/>
was die Ur&#x017F;ache &#x017F;ey, daß er zu die&#x017F;er Strafe<lb/>
&#x017F;ey verdammet worden. Der Terschane Kji-<lb/>
haja antwortete: er &#x017F;ey von Osman Pa&#x017F;cha<lb/>
gefangen worden, neb&#x017F;t einigem Schiffsvolke,<lb/>
das er zum Dien&#x017F;te der Ru&#x017F;&#x017F;en zu&#x017F;ammen ge-<lb/>
bracht habe; und daher habe man ihn als<lb/>
einen Spion zu den Galeen verdammet. Da<lb/>
Ka&#x0364;lajlu&#x0364; die&#x017F;es ho&#x0364;rete: &#x017F;o &#x017F;agte er; &#x201C;Je!<lb/>
&#x201C;wie la&#x0364;&#x017F;terlich haben die&#x017F;e unbe&#x017F;onnenen<lb/>
&#x201C;Buben, die das Gefa&#x0364;ngniß und die<lb/>
&#x201C;&#x017F;chimpflich&#x017F;ten Strafen verdieneten, die<lb/>
&#x201C;Ehre des osmani&#x017F;chen Reichs ge&#x017F;cha&#x0364;ndet!<lb/>
&#x201C;Sie haben einen armen unglu&#x0364;ck&#x017F;eligen<lb/>
&#x201C;Griechen fu&#x0364;r einen Spion gefangen und<lb/>
&#x201C;ihn auf die Galeen ge&#x017F;chickt! eben als wenn<lb/>
&#x201C;die Wohlfahrt des ganzen Reichs auf die<lb/>
&#x201C;Nachrichten anka&#x0364;me, die ein &#x017F;olcher Men&#x017F;ch<lb/>
&#x201C;den Feinden geben ko&#x0364;nnte. Ge&#x017F;chwind<lb/>
&#x201C;nimm ihm &#x017F;eine Ketten ab, auf daß da-<lb/>
&#x201C;mit zugleich das Andenken die&#x017F;er Schmach<lb/>
&#x201C;untergehen mo&#x0364;ge.&#x201E; Alsdann wendete<lb/>
er &#x017F;ich zu dem Ruder&#x017F;lawen, und &#x017F;agte zu<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ihm:</fw></note><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">5 B 2</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[747/0861] 23. Aehmed der III eure Majeſtaͤt dieſen Mann nicht? Der Sul- tan verſetzet: es ſey ihm unmoͤglich, einen ieden einzelnen Menſchen zu kennen. Allein, faͤhret jener fort, dieſes iſt keiner von der gemeinen Gattung, ſondern es iſt Kjoͤr Ali Aga, der einen trefflichen Tſchitftlikj (Meier- hof) nicht weit von Conſtantinopel hat, der ihm jaͤhrlich ſo viel Gaͤnſe, gemeine und india- niſche Huͤhner einbringet, daß er nicht allein fuͤr ſeinen Tiſch genug hat, ſondern deren noch ſo viele eruͤbriget, daß er ein großes Stuͤck Geld daraus loͤſen kann. Was ſein Amt anbelanget: ſo iſt er Baſch Haͤkikiluͤ * (welches eine Stelle von keinem großen An- ſehen an des Defterdars Hofe iſt). Der Sultan ließ damals des Mannes Albernheit ſo vorbey gehen. Als aber derſelbe aus dem Zimmer ginge, um einige Anordnungen we- gen der Malzeit zu machen: ſo wendete er ſich zu Kißlar Agaſi, und ſagte zu demſelben; “Habt ihr gehoͤret, Ismaͤil, was mir dieſer “Haſe von Kjoͤr Ali Aga erzaͤhlet hat? Ich “meines Ortes habe ſeine Narrheit gleich “den dritten Tag darauf gemerket, nach- “dem ich ihn zum Weßire gemacht hatte. “Damit aber diejenigen, die ſeine Befoͤrde- “rung zu dieſem Amte ſo ſehnlich verlanget “haben, dieſelbe auch gewahr werden moͤ- “gen: ſo will ich ihn die Ehrenzeichen des “Weßiramtes einige Monate lang tragen “laſſen; ſonderlich, weil gegenwaͤrtig alles “ruhig iſt und er durch ſeinen Unverſtand “den gemeinen Sachen keinen wichtigen “Schaden thun kann.„ Er war ein un- verſoͤhnlicher Feind der Chriſten, und erneu- erte nicht allein, als er Weßir wurde, den Befehl wegen des Tragens der ſchwarzen Kleider, den er als Kaimmaͤkam von Con- ſtantinopel gegeben hatte; ſondern er erfand auch taͤglich neue Arten, dieſelben zu plagen, und unterließ keine Gattung der Grauſamkeit gegen diejenigen, die einiges Verbrechens ſchuldig waren. Jedoch erzeigte er ſich manchmal gegen einige derſelben gewogen: allein es geſchahe bloß aus Haß gegen andere, oder es ruͤhrete auch von ſeiner gewoͤhnlichen Wankelmuͤthigkeit her. Abaßa Osman Pa- ſcha (gegen den er einen heftigen Haß hatte, gleichwie gegen alle diejenigen, die kluͤger waren, als er, und denen er nicht ſchaden konnte, weil ſie von dem Sultane beſchuͤtzet wurden) hatte als Kapudan Paſcha oder Ad- miral in dem ſchwarzen Meere einen raguſi- ſchen Kaufmann gefangen genommen und auf die Galeen verdammet; der nach gemach- tem Bankrut ſich in des Kaiſers von Rußland Dienſte begeben hatte, und einiges griechiſches Schiffsvolk warb, das derſelbe nach Aßak fuͤhren wollte. Als Kaͤlajluͤ in den erſten Tagen ſeines Weßiramtes, wie es die Ge- wohnheit der Weßire iſt, die Terschane oder das Admiralitaͤtshaus beſuchte, darinnen des Sultans Paißen 2* verwahret werden; und zu dieſem Manne kam: ſo fragte er ihn, was die Urſache ſey, daß er zu dieſer Strafe ſey verdammet worden. Der Terschane Kji- haja antwortete: er ſey von Osman Paſcha gefangen worden, nebſt einigem Schiffsvolke, das er zum Dienſte der Ruſſen zuſammen ge- bracht habe; und daher habe man ihn als einen Spion zu den Galeen verdammet. Da Kaͤlajluͤ dieſes hoͤrete: ſo ſagte er; “Je! “wie laͤſterlich haben dieſe unbeſonnenen “Buben, die das Gefaͤngniß und die “ſchimpflichſten Strafen verdieneten, die “Ehre des osmaniſchen Reichs geſchaͤndet! “Sie haben einen armen ungluͤckſeligen “Griechen fuͤr einen Spion gefangen und “ihn auf die Galeen geſchickt! eben als wenn “die Wohlfahrt des ganzen Reichs auf die “Nachrichten ankaͤme, die ein ſolcher Menſch “den Feinden geben koͤnnte. Geſchwind “nimm ihm ſeine Ketten ab, auf daß da- “mit zugleich das Andenken dieſer Schmach “untergehen moͤge.„ Alsdann wendete er ſich zu dem Ruderſlawen, und ſagte zu ihm: * der oberſte Betraute. 2* Ruderſlawen. 5 B 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/861
Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 747. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/861>, abgerufen am 20.05.2024.