H. 1110. J. C. 1698.Alle diese kamen gegen das Ende des Jahres 1110 zu Carlowitsch zusammen, und schlugen ihre Gezelte an beyden Seiten des Flusses Carlowitsch auf.
Anfangs ent- stehet ein Streit wegen des Ran-ges:
83.
Anfangs entstunde ein Streit wegen des Ortes der Berathschla- gungen, des Sitzes der Abgesandten, ihres Ranges und der Ordnung, in der sie einander den Besuch machen sollten. Die Türken bestunden darauf, den ersten Platz zu haben, und diesen begehreten die Gesandten des Kaisers, nächst denen der polnische Gevollmächtigte zu sitzen verlangte; dieses aber wurde ihm von dem russischen und allen den übrigen geweigert, ausgenommen dem vene- tianischen, der die nächste Stelle nach dem englischen Gesandten haben wollte.
den Maurocor- datus mit vieler Klugheit beyle-get.
84.
Dieser Streit, so gering derselbe anfangs zu seyn schiene, wurde so heftig, daß alle ihre Mühe und Kosten leicht vergebens hätten seyn können, wenn nicht Maurocordatus nach seiner Klugheit ein Mittel ausfündig gemacht hätte, die Abgesandten, die bereits über alle Maße gegen einander erbittert wa- ren, wieder mit einander zu vereinigen. Er that den Vorschlag, daß zu dem Orte der Zusammenkunft ein rundes Gebäude aufgeführet werden sollte, mit so vielen Thüren, als Abgesandten seyen, und alle Thüren sollten gegen die Län- der zu gerichtet werden, da die verschiedenen Abgesandten herkämen. Die Ge- zelte sollten auf eben diese Weise rings um das Gebäude herum gesetzet werden: und am ersten Tage der Zusammenkunft sollte ein ieder mit gleichen Schritten von da heraus gehen und zu gleicher Zeit in das Haus eintreten; bey dem Ein- tritte sollte ein ieder den andern grüßen und den nächsten Sitz bey sich einnehmen.
Endlich wird der längst ge- wünschte Friedegeschlossen.
85.
Nachdem dieser Vorschlag von allen war gebilliget worden: so pflo- gen dieselben hierauf öftere Berathschlagungen wegen der Friedensbedingungen. Endlich nach vielen Streitigkeiten wurde der Friede, den die ganze Welt, aus- genommen Frankreich, wünschete, am sechs und zwanzigsten des Monats Red- H. 1110. J. C. 169.scheb* im Jahre 1110 geschlossen und die Urkunden von allerseitigen Abgesand- ten unterschrieben.
Friedensarti- kel zwischen dem Sultane unddem Kaiser:
86.
Der Kaiser machte einen Stillstand auf fünf und zwanzig Jahre, unter folgenden Bedingungen. Ganz Siebenbürgen soll demselben eingeräu- met werden, mit eben den Grenzen, als es der letztere Fürst, Michael Apafi, und dessen Vorfahrer besessen haben. Temeschwar soll dem Sultane überlas- sen werden; und damit diese Stadt von den nahe gelegenen Festungen nicht eingeschlossen und der Lebensmittel beraubet werden möge: so sollen Lippa, Chonad, Karanschebesch, Lugosch, Herkonisia, Betsch, Betschkerek und Sab-
bia
* am funfzehenten Januar.
Osmaniſche Geſchichte
H. 1110. J. C. 1698.Alle dieſe kamen gegen das Ende des Jahres 1110 zu Carlowitſch zuſammen, und ſchlugen ihre Gezelte an beyden Seiten des Fluſſes Carlowitſch auf.
Anfangs ent- ſtehet ein Streit wegen des Ran-ges:
83.
Anfangs entſtunde ein Streit wegen des Ortes der Berathſchla- gungen, des Sitzes der Abgeſandten, ihres Ranges und der Ordnung, in der ſie einander den Beſuch machen ſollten. Die Tuͤrken beſtunden darauf, den erſten Platz zu haben, und dieſen begehreten die Geſandten des Kaiſers, naͤchſt denen der polniſche Gevollmaͤchtigte zu ſitzen verlangte; dieſes aber wurde ihm von dem ruſſiſchen und allen den uͤbrigen geweigert, ausgenommen dem vene- tianiſchen, der die naͤchſte Stelle nach dem engliſchen Geſandten haben wollte.
den Maurocor- datus mit vieler Klugheit beyle-get.
84.
Dieſer Streit, ſo gering derſelbe anfangs zu ſeyn ſchiene, wurde ſo heftig, daß alle ihre Muͤhe und Koſten leicht vergebens haͤtten ſeyn koͤnnen, wenn nicht Maurocordatus nach ſeiner Klugheit ein Mittel ausfuͤndig gemacht haͤtte, die Abgeſandten, die bereits uͤber alle Maße gegen einander erbittert wa- ren, wieder mit einander zu vereinigen. Er that den Vorſchlag, daß zu dem Orte der Zuſammenkunft ein rundes Gebaͤude aufgefuͤhret werden ſollte, mit ſo vielen Thuͤren, als Abgeſandten ſeyen, und alle Thuͤren ſollten gegen die Laͤn- der zu gerichtet werden, da die verſchiedenen Abgeſandten herkaͤmen. Die Ge- zelte ſollten auf eben dieſe Weiſe rings um das Gebaͤude herum geſetzet werden: und am erſten Tage der Zuſammenkunft ſollte ein ieder mit gleichen Schritten von da heraus gehen und zu gleicher Zeit in das Haus eintreten; bey dem Ein- tritte ſollte ein ieder den andern gruͤßen und den naͤchſten Sitz bey ſich einnehmen.
Endlich wird der laͤngſt ge- wuͤnſchte Friedegeſchloſſen.
85.
Nachdem dieſer Vorſchlag von allen war gebilliget worden: ſo pflo- gen dieſelben hierauf oͤftere Berathſchlagungen wegen der Friedensbedingungen. Endlich nach vielen Streitigkeiten wurde der Friede, den die ganze Welt, aus- genommen Frankreich, wuͤnſchete, am ſechs und zwanzigſten des Monats Red- H. 1110. J. C. 169.ſcheb* im Jahre 1110 geſchloſſen und die Urkunden von allerſeitigen Abgeſand- ten unterſchrieben.
Friedensarti- kel zwiſchen dem Sultane unddem Kaiſer:
86.
Der Kaiſer machte einen Stillſtand auf fuͤnf und zwanzig Jahre, unter folgenden Bedingungen. Ganz Siebenbuͤrgen ſoll demſelben eingeraͤu- met werden, mit eben den Grenzen, als es der letztere Fuͤrſt, Michael Apafi, und deſſen Vorfahrer beſeſſen haben. Temeſchwar ſoll dem Sultane uͤberlaſ- ſen werden; und damit dieſe Stadt von den nahe gelegenen Feſtungen nicht eingeſchloſſen und der Lebensmittel beraubet werden moͤge: ſo ſollen Lippa, Chonad, Karanſchebeſch, Lugoſch, Herkoniſia, Betſch, Betſchkerek und Sab-
bia
* am funfzehenten Januar.
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Osmaniſche Geſchichte
Alle dieſe kamen gegen das Ende des Jahres 1110 zu Carlowitſch zuſammen,
und ſchlugen ihre Gezelte an beyden Seiten des Fluſſes Carlowitſch auf.
H. 1110.
J. C. 1698.
83. Anfangs entſtunde ein Streit wegen des Ortes der Berathſchla-
gungen, des Sitzes der Abgeſandten, ihres Ranges und der Ordnung, in der
ſie einander den Beſuch machen ſollten. Die Tuͤrken beſtunden darauf, den
erſten Platz zu haben, und dieſen begehreten die Geſandten des Kaiſers, naͤchſt
denen der polniſche Gevollmaͤchtigte zu ſitzen verlangte; dieſes aber wurde ihm
von dem ruſſiſchen und allen den uͤbrigen geweigert, ausgenommen dem vene-
tianiſchen, der die naͤchſte Stelle nach dem engliſchen Geſandten haben wollte.
84. Dieſer Streit, ſo gering derſelbe anfangs zu ſeyn ſchiene, wurde
ſo heftig, daß alle ihre Muͤhe und Koſten leicht vergebens haͤtten ſeyn koͤnnen,
wenn nicht Maurocordatus nach ſeiner Klugheit ein Mittel ausfuͤndig gemacht
haͤtte, die Abgeſandten, die bereits uͤber alle Maße gegen einander erbittert wa-
ren, wieder mit einander zu vereinigen. Er that den Vorſchlag, daß zu dem
Orte der Zuſammenkunft ein rundes Gebaͤude aufgefuͤhret werden ſollte, mit
ſo vielen Thuͤren, als Abgeſandten ſeyen, und alle Thuͤren ſollten gegen die Laͤn-
der zu gerichtet werden, da die verſchiedenen Abgeſandten herkaͤmen. Die Ge-
zelte ſollten auf eben dieſe Weiſe rings um das Gebaͤude herum geſetzet werden:
und am erſten Tage der Zuſammenkunft ſollte ein ieder mit gleichen Schritten
von da heraus gehen und zu gleicher Zeit in das Haus eintreten; bey dem Ein-
tritte ſollte ein ieder den andern gruͤßen und den naͤchſten Sitz bey ſich
einnehmen.
85. Nachdem dieſer Vorſchlag von allen war gebilliget worden: ſo pflo-
gen dieſelben hierauf oͤftere Berathſchlagungen wegen der Friedensbedingungen.
Endlich nach vielen Streitigkeiten wurde der Friede, den die ganze Welt, aus-
genommen Frankreich, wuͤnſchete, am ſechs und zwanzigſten des Monats Red-
ſcheb * im Jahre 1110 geſchloſſen und die Urkunden von allerſeitigen Abgeſand-
ten unterſchrieben.
H. 1110.
J. C. 169[FORMEL].
86. Der Kaiſer machte einen Stillſtand auf fuͤnf und zwanzig Jahre,
unter folgenden Bedingungen. Ganz Siebenbuͤrgen ſoll demſelben eingeraͤu-
met werden, mit eben den Grenzen, als es der letztere Fuͤrſt, Michael Apafi,
und deſſen Vorfahrer beſeſſen haben. Temeſchwar ſoll dem Sultane uͤberlaſ-
ſen werden; und damit dieſe Stadt von den nahe gelegenen Feſtungen nicht
eingeſchloſſen und der Lebensmittel beraubet werden moͤge: ſo ſollen Lippa,
Chonad, Karanſchebeſch, Lugoſch, Herkoniſia, Betſch, Betſchkerek und Sab-
bia
* am funfzehenten Januar.
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 716. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/830>, abgerufen am 25.11.2024.
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