Weil aber der Kaiser wohl sahe, daß er sich des Besitzes von Ka-Der Sultan verpflanzet die polnischen Ein- gesessenen nach Thracien. mjenjez nicht versichert halten könne, so lange es von Christen bewohnet werde; indem diese den Feinden nicht nur von allem, was daselbst vorginge, Nachricht ertheilen, sondern auch denselben Anleitung geben würden, wie sie die Stadt ero-Führet seine Truppen nach Adrianopel zu- rück. bern könnten: so gab derselbe Befehl, alle die Einwohner des Gebietes von Ka- mjenjez über die Donau hinüber und über das Gebirge Hömus in die Landschaft Kirk Ekklesie 10 zu verpflanzen, und ihnen daselbst Land einzuräumen. Dage- gen ließ er das verlassene Land derselben unter zwey tausend Sipahi austheilen, die vorher in den Gebieten von Bender, Akkjirman und Kili angesessen waren. Da nun die bequeme Zeit zu Kriegesverrichtungen mit diesen Sachen verstrichen war: so hinterließ der Kaiser Schischman Ibrahim Pascha 11 mit einer starken Besatzung zu Kamjenjez, und kehrete mit dem vornehmsten Theile des Krieges- heeres zu Anfange des Winters nach Adrianopel zurück.
17.
Nunmehr verachtete er den Feind, da er sich vorher vor demselbenZu Adrianopel stellet derselbe wegen der Be- schneidung sei- ner Söhne und der Vermälung seiner Tochter herrliche Feste an. ein wenig gefürchtet hatte, und wendete daher das ganze nächstfolgende Jahr zu seinen Ergetzlichkeiten an, nachdem er dem Statthalter zu Kamjenjez, Schisch- man Ibrahim Pascha, Befehl gegeben hatte, die Bewegungen der Polen mit einigen Regimentern Jeng-itscheri zu beobachten. Indessen feierte er die Be- schneidung seiner zweenen Söhne, Mustäfas und Aehmeds, imgleichen das Vermälungsfest seiner Tochter, mit großem Prachte: bey welcher Gelegenheit derselbe größere Schätze 12 sammelte, als die halben Einkünfte des gesammten Reiches austrugen.
18.
Die Polen auf der andern Seite, die sich mehr gefaßt gemacht hat-Der König in Polen bekrieget die Türken in ihrem Lande: ten, den Feind abzutreiben, als es mit demselben zu einer Schlacht kommen zu lassen, bildeten sich ein, das lange Stillesitzen der Türken wäre bloß eine Krie- [Spaltenumbruch]
türkischer Feldherr gegen die Polen, der sich durch viele Thaten einen Ruhm erworben hatte; aber dabey so dick und fett war, daß er den Beynamen Schischman, das ist, der Fette, bekam. Man saget von ihm, er habe einen französischen Wundarzt bey sich gehabt, der ihm alle Jahre in den Monaten Junius und Julius den Bauch aufgeschnitten und das Fett heraus genommen habe; weil er zu dieser Zeit kaum Athem holen können und in Gefahr seines Lebens gewesen sey. Endlich [Spaltenumbruch] aber, als die Fettigkeit bey ihm so sehr zuge- nommen, daß das Herausnehmen nicht mehr helfen wollen: so sey er, wie ein anderer Ju- das, von einander geborsten, und ihm die Gedärme aus dem Leibe gefallen.
12 Schätze] Wann die Sultane die feierliche Beschneidung ihrer Söhne veran- stalten: so senden sie Befehl an alle Weßire, Paschen, Begje, Sandschaken, Wajwoden und andere, die nur einiges Amt in ihrem
geslist,
19. Muhaͤmmed der IIII
16.
Weil aber der Kaiſer wohl ſahe, daß er ſich des Beſitzes von Ka-Der Sultan verpflanzet die polniſchen Ein- geſeſſenen nach Thracien. mjenjez nicht verſichert halten koͤnne, ſo lange es von Chriſten bewohnet werde; indem dieſe den Feinden nicht nur von allem, was daſelbſt vorginge, Nachricht ertheilen, ſondern auch denſelben Anleitung geben wuͤrden, wie ſie die Stadt ero-Fuͤhret ſeine Truppen nach Adrianopel zu- ruͤck. bern koͤnnten: ſo gab derſelbe Befehl, alle die Einwohner des Gebietes von Ka- mjenjez uͤber die Donau hinuͤber und uͤber das Gebirge Hoͤmus in die Landſchaft Kirk Ekkleſie 10 zu verpflanzen, und ihnen daſelbſt Land einzuraͤumen. Dage- gen ließ er das verlaſſene Land derſelben unter zwey tauſend Sipahi austheilen, die vorher in den Gebieten von Bender, Akkjirman und Kili angeſeſſen waren. Da nun die bequeme Zeit zu Kriegesverrichtungen mit dieſen Sachen verſtrichen war: ſo hinterließ der Kaiſer Schiſchman Ibrahim Paſcha 11 mit einer ſtarken Beſatzung zu Kamjenjez, und kehrete mit dem vornehmſten Theile des Krieges- heeres zu Anfange des Winters nach Adrianopel zuruͤck.
17.
Nunmehr verachtete er den Feind, da er ſich vorher vor demſelbenZu Adrianopel ſtellet derſelbe wegen der Be- ſchneidung ſei- ner Soͤhne und der Vermaͤlung ſeiner Tochter herrliche Feſte an. ein wenig gefuͤrchtet hatte, und wendete daher das ganze naͤchſtfolgende Jahr zu ſeinen Ergetzlichkeiten an, nachdem er dem Statthalter zu Kamjenjez, Schiſch- man Ibrahim Paſcha, Befehl gegeben hatte, die Bewegungen der Polen mit einigen Regimentern Jeng-itſcheri zu beobachten. Indeſſen feierte er die Be- ſchneidung ſeiner zweenen Soͤhne, Muſtaͤfas und Aehmeds, imgleichen das Vermaͤlungsfeſt ſeiner Tochter, mit großem Prachte: bey welcher Gelegenheit derſelbe groͤßere Schaͤtze 12 ſammelte, als die halben Einkuͤnfte des geſammten Reiches austrugen.
18.
Die Polen auf der andern Seite, die ſich mehr gefaßt gemacht hat-Der Koͤnig in Polen bekrieget die Tuͤrken in ihrem Lande: ten, den Feind abzutreiben, als es mit demſelben zu einer Schlacht kommen zu laſſen, bildeten ſich ein, das lange Stilleſitzen der Tuͤrken waͤre bloß eine Krie- [Spaltenumbruch]
tuͤrkiſcher Feldherr gegen die Polen, der ſich durch viele Thaten einen Ruhm erworben hatte; aber dabey ſo dick und fett war, daß er den Beynamen Schiſchman, das iſt, der Fette, bekam. Man ſaget von ihm, er habe einen franzoͤſiſchen Wundarzt bey ſich gehabt, der ihm alle Jahre in den Monaten Junius und Julius den Bauch aufgeſchnitten und das Fett heraus genommen habe; weil er zu dieſer Zeit kaum Athem holen koͤnnen und in Gefahr ſeines Lebens geweſen ſey. Endlich [Spaltenumbruch] aber, als die Fettigkeit bey ihm ſo ſehr zuge- nommen, daß das Herausnehmen nicht mehr helfen wollen: ſo ſey er, wie ein anderer Ju- das, von einander geborſten, und ihm die Gedaͤrme aus dem Leibe gefallen.
12 Schaͤtze] Wann die Sultane die feierliche Beſchneidung ihrer Soͤhne veran- ſtalten: ſo ſenden ſie Befehl an alle Weßire, Paſchen, Begje, Sandſchaken, Wajwoden und andere, die nur einiges Amt in ihrem
gesliſt,
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19. Muhaͤmmed der IIII
16. Weil aber der Kaiſer wohl ſahe, daß er ſich des Beſitzes von Ka-
mjenjez nicht verſichert halten koͤnne, ſo lange es von Chriſten bewohnet werde;
indem dieſe den Feinden nicht nur von allem, was daſelbſt vorginge, Nachricht
ertheilen, ſondern auch denſelben Anleitung geben wuͤrden, wie ſie die Stadt ero-
bern koͤnnten: ſo gab derſelbe Befehl, alle die Einwohner des Gebietes von Ka-
mjenjez uͤber die Donau hinuͤber und uͤber das Gebirge Hoͤmus in die Landſchaft
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die vorher in den Gebieten von Bender, Akkjirman und Kili angeſeſſen waren.
Da nun die bequeme Zeit zu Kriegesverrichtungen mit dieſen Sachen verſtrichen
war: ſo hinterließ der Kaiſer Schiſchman Ibrahim Paſcha
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mit einer ſtarken
Beſatzung zu Kamjenjez, und kehrete mit dem vornehmſten Theile des Krieges-
heeres zu Anfange des Winters nach Adrianopel zuruͤck.
Der Sultan
verpflanzet die
polniſchen Ein-
geſeſſenen nach
Thracien.
Fuͤhret ſeine
Truppen nach
Adrianopel zu-
ruͤck.
17. Nunmehr verachtete er den Feind, da er ſich vorher vor demſelben
ein wenig gefuͤrchtet hatte, und wendete daher das ganze naͤchſtfolgende Jahr
zu ſeinen Ergetzlichkeiten an, nachdem er dem Statthalter zu Kamjenjez, Schiſch-
man Ibrahim Paſcha, Befehl gegeben hatte, die Bewegungen der Polen mit
einigen Regimentern Jeng-itſcheri zu beobachten. Indeſſen feierte er die Be-
ſchneidung ſeiner zweenen Soͤhne, Muſtaͤfas und Aehmeds, imgleichen das
Vermaͤlungsfeſt ſeiner Tochter, mit großem Prachte: bey welcher Gelegenheit
derſelbe groͤßere Schaͤtze
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ſammelte, als die halben Einkuͤnfte des geſammten
Reiches austrugen.
Zu Adrianopel
ſtellet derſelbe
wegen der Be-
ſchneidung ſei-
ner Soͤhne und
der Vermaͤlung
ſeiner Tochter
herrliche Feſte
an.
18. Die Polen auf der andern Seite, die ſich mehr gefaßt gemacht hat-
ten, den Feind abzutreiben, als es mit demſelben zu einer Schlacht kommen zu
laſſen, bildeten ſich ein, das lange Stilleſitzen der Tuͤrken waͤre bloß eine Krie-
gesliſt,
tuͤrkiſcher Feldherr gegen die Polen, der ſich
durch viele Thaten einen Ruhm erworben
hatte; aber dabey ſo dick und fett war, daß
er den Beynamen Schiſchman, das iſt, der
Fette, bekam. Man ſaget von ihm, er habe
einen franzoͤſiſchen Wundarzt bey ſich gehabt,
der ihm alle Jahre in den Monaten Junius
und Julius den Bauch aufgeſchnitten und
das Fett heraus genommen habe; weil er zu
dieſer Zeit kaum Athem holen koͤnnen und in
Gefahr ſeines Lebens geweſen ſey. Endlich
aber, als die Fettigkeit bey ihm ſo ſehr zuge-
nommen, daß das Herausnehmen nicht mehr
helfen wollen: ſo ſey er, wie ein anderer Ju-
das, von einander geborſten, und ihm die
Gedaͤrme aus dem Leibe gefallen.
¹² Schaͤtze] Wann die Sultane die
feierliche Beſchneidung ihrer Soͤhne veran-
ſtalten: ſo ſenden ſie Befehl an alle Weßire,
Paſchen, Begje, Sandſchaken, Wajwoden
und andere, die nur einiges Amt in ihrem
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Der Koͤnig in
Polen bekrieget
die Tuͤrken in
ihrem Lande:
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/531>, abgerufen am 23.11.2024.
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