aber wird dem Volke anbefohlen, sich vom Essen und Trinken zu enthalten, die Zeugen mögen angekommen seyn, oder nicht. Auf gleiche Weise wird die Fasten nicht eher geschlossen, als bis eben dieselben Personen die Erscheinung des neuen Mondes von dem Monate Schewwal bezeugen.
Ungeachtet nun dieses hinlänglich seyn könnte, die Zweifel, die unsere Leser gegen die Wahrheit von Ricciolis Rechnung hegen möchten, ihnen zu beneh- men: so wird es doch nicht undienlich seyn, dieselbe durch einige ferneren Beyspiele zu bestätigen. Zu dieser Absicht dienen uns die zwo merkwürdigen Eroberungen von Constantinopel und Rhodes. Die erstere ist, nach dem Zeug- nisse des Patriarchen von Constantinopel, erfolget am Dienstage, den neun und zwanzigsten May, 1453; und nach den richtigsten türkischen Geschicht- schreibern ist sie geschehen am zwanzigsten Tage des Monats Dschemaßiül ewwel, im Jahre der Hidschret 857. Die Christen sagen, Rhodes sey erobert worden am fünf und zwanzigsten December, 1522; und die Türken setzen diese Begebenheit auf den dritten Tag des Monats Säfer, des Jahres der Hidschret 929. Die letztern setzen hinzu: die Belagerung habe fünf Monate gewähret; sie sey im Monate Remäßan des Jahres 928 angegangen, und die drey übrigen Monate desselben Jahres hindurch, nämlich Schewwal, Ssül- käde und Ssülhidschdsche, imgleichen die zweene ersten Monate des folgenden Jahres 929, Muhärrem und Säfer, fortgesetzet worden, an dessen, des Mo- [Spaltenumbruch]
denken würde, nach dem wir alle unsere beweg- lichen Feste anordnen; imgleichen von unserm alten Kalender. Würde er es nicht für lächer- lich halten, wenn er hörete, daß wir denselben Tag für den ersten Tag des Monats halten, der doch in der That der eilfte ist? Mit einem Worte: wir beharren wissentlich, und folglich alberner Weise, bey einem Irrthume, der von den nicenischen Vätern aus Unwissenheit begangen worden, und daher bey ihnen desto eher zu entschuldigen ist. Es wird gewißlich noch [Spaltenumbruch] eine Zeit kommen, da wir uns entschließen werden, wenigstens solche offenbaren und hand- greiflichen Irrthümer zu verbessern.]
5 [Die Türken rechnen die Weite der Oerter nach Stunden, deren eine ungefähr drey unserer Meilen groß gerechnet wird.] das ist, 46 Min. einer deutschen Meile; so daß 12 dergleichen Stunden 9 deutsche Meilen und 13 Minuten ausmachen.
nats
e
des Verfaſſers
aber wird dem Volke anbefohlen, ſich vom Eſſen und Trinken zu enthalten, die Zeugen moͤgen angekommen ſeyn, oder nicht. Auf gleiche Weiſe wird die Faſten nicht eher geſchloſſen, als bis eben dieſelben Perſonen die Erſcheinung des neuen Mondes von dem Monate Schewwal bezeugen.
Ungeachtet nun dieſes hinlaͤnglich ſeyn koͤnnte, die Zweifel, die unſere Leſer gegen die Wahrheit von Ricciolis Rechnung hegen moͤchten, ihnen zu beneh- men: ſo wird es doch nicht undienlich ſeyn, dieſelbe durch einige ferneren Beyſpiele zu beſtaͤtigen. Zu dieſer Abſicht dienen uns die zwo merkwuͤrdigen Eroberungen von Conſtantinopel und Rhodes. Die erſtere iſt, nach dem Zeug- niſſe des Patriarchen von Conſtantinopel, erfolget am Dienſtage, den neun und zwanzigſten May, 1453; und nach den richtigſten tuͤrkiſchen Geſchicht- ſchreibern iſt ſie geſchehen am zwanzigſten Tage des Monats Dſchemaßiuͤl ewwel, im Jahre der Hidſchret 857. Die Chriſten ſagen, Rhodes ſey erobert worden am fuͤnf und zwanzigſten December, 1522; und die Tuͤrken ſetzen dieſe Begebenheit auf den dritten Tag des Monats Saͤfer, des Jahres der Hidſchret 929. Die letztern ſetzen hinzu: die Belagerung habe fuͤnf Monate gewaͤhret; ſie ſey im Monate Remaͤßan des Jahres 928 angegangen, und die drey uͤbrigen Monate deſſelben Jahres hindurch, naͤmlich Schewwal, Sſuͤl- kaͤde und Sſuͤlhidſchdſche, imgleichen die zweene erſten Monate des folgenden Jahres 929, Muhaͤrrem und Saͤfer, fortgeſetzet worden, an deſſen, des Mo- [Spaltenumbruch]
denken wuͤrde, nach dem wir alle unſere beweg- lichen Feſte anordnen; imgleichen von unſerm alten Kalender. Wuͤrde er es nicht fuͤr laͤcher- lich halten, wenn er hoͤrete, daß wir denſelben Tag fuͤr den erſten Tag des Monats halten, der doch in der That der eilfte iſt? Mit einem Worte: wir beharren wiſſentlich, und folglich alberner Weiſe, bey einem Irrthume, der von den niceniſchen Vaͤtern aus Unwiſſenheit begangen worden, und daher bey ihnen deſto eher zu entſchuldigen iſt. Es wird gewißlich noch [Spaltenumbruch] eine Zeit kommen, da wir uns entſchließen werden, wenigſtens ſolche offenbaren und hand- greiflichen Irrthuͤmer zu verbeſſern.]
5 [Die Tuͤrken rechnen die Weite der Oerter nach Stunden, deren eine ungefaͤhr drey unſerer Meilen groß gerechnet wird.] das iſt, 46 Min. einer deutſchen Meile; ſo daß 12 dergleichen Stunden 9 deutſche Meilen und 13 Minuten ausmachen.
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des Verfaſſers
aber wird dem Volke anbefohlen, ſich vom Eſſen und Trinken zu enthalten,
die Zeugen moͤgen angekommen ſeyn, oder nicht. Auf gleiche Weiſe wird
die Faſten nicht eher geſchloſſen, als bis eben dieſelben Perſonen die Erſcheinung
des neuen Mondes von dem Monate Schewwal bezeugen.
Ungeachtet nun dieſes hinlaͤnglich ſeyn koͤnnte, die Zweifel, die unſere Leſer
gegen die Wahrheit von Ricciolis Rechnung hegen moͤchten, ihnen zu beneh-
men: ſo wird es doch nicht undienlich ſeyn, dieſelbe durch einige ferneren
Beyſpiele zu beſtaͤtigen. Zu dieſer Abſicht dienen uns die zwo merkwuͤrdigen
Eroberungen von Conſtantinopel und Rhodes. Die erſtere iſt, nach dem Zeug-
niſſe des Patriarchen von Conſtantinopel, erfolget am Dienſtage, den neun
und zwanzigſten May, 1453; und nach den richtigſten tuͤrkiſchen Geſchicht-
ſchreibern iſt ſie geſchehen am zwanzigſten Tage des Monats Dſchemaßiuͤl
ewwel, im Jahre der Hidſchret 857. Die Chriſten ſagen, Rhodes ſey erobert
worden am fuͤnf und zwanzigſten December, 1522; und die Tuͤrken ſetzen
dieſe Begebenheit auf den dritten Tag des Monats Saͤfer, des Jahres der
Hidſchret 929. Die letztern ſetzen hinzu: die Belagerung habe fuͤnf Monate
gewaͤhret; ſie ſey im Monate Remaͤßan des Jahres 928 angegangen, und
die drey uͤbrigen Monate deſſelben Jahres hindurch, naͤmlich Schewwal, Sſuͤl-
kaͤde und Sſuͤlhidſchdſche, imgleichen die zweene erſten Monate des folgenden
Jahres 929, Muhaͤrrem und Saͤfer, fortgeſetzet worden, an deſſen, des Mo-
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denken wuͤrde, nach dem wir alle unſere beweg-
lichen Feſte anordnen; imgleichen von unſerm
alten Kalender. Wuͤrde er es nicht fuͤr laͤcher-
lich halten, wenn er hoͤrete, daß wir denſelben
Tag fuͤr den erſten Tag des Monats halten,
der doch in der That der eilfte iſt? Mit einem
Worte: wir beharren wiſſentlich, und folglich
alberner Weiſe, bey einem Irrthume, der
von den niceniſchen Vaͤtern aus Unwiſſenheit
begangen worden, und daher bey ihnen deſto eher
zu entſchuldigen iſt. Es wird gewißlich noch
eine Zeit kommen, da wir uns entſchließen
werden, wenigſtens ſolche offenbaren und hand-
greiflichen Irrthuͤmer zu verbeſſern.]
⁵ [Die Tuͤrken rechnen die Weite der Oerter
nach Stunden, deren eine ungefaͤhr drey unſerer
Meilen groß gerechnet wird.] das iſt, 46 Min.
einer deutſchen Meile; ſo daß 12 dergleichen
Stunden 9 deutſche Meilen und 13 Minuten
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/39>, abgerufen am 23.11.2024.
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