Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite
Osmanische Geschichte
nimmt Ofen den
Deutschen wie-der ab.
16.

Als solchergestalt der ganze Kriegsvorrath durch die Gewalt der
Wasserflut zu Grunde gerichtet ist: so ist derselbe genöthiget, seinen vorge-
habten Feldzug aufzuschieben. Inzwischen lässet er doch seine Truppen in den
benachbarten Landschaften das Winterlager nehmen, damit das Kriegesheer
im Frühjahre desto eher in Bereitschaft seyn möchte. Mittlerweile bringet der-
selbe wieder einen Vorrath von Gelde zusammen, und machet frische Anstalten,
die dasjenige, was zu Grunde gegangen war, noch überstiegen. Nachdem alle
H. 936.



J. C. 1529.Zurüstungen fertig waren: so zog er im folgenden Jahre mit großer Behendig-
keit durch Ungarn nach Ofen, lagerte sich sogar unter den Stadtmauren, und
schloß die Stadt enge ein. Sobald er sein Lager befestiget hat: so bestürmet
er die Mauren mit seinen Kriegeswerkzeugen, und schwächet die Besatzung, die
eine tapfere Gegenwehre that, durch unaufhörliches Sturmlaufen dergestalt,
daß sie sich zu ergeben verspricht, unter der Bedingung, daß man ihr das Leben
und ihre Waffen lassen sollte. Sülejman gehet diese Bedingungen ein, und
saget ihnen Sicherheit zu, wenn sie die Stadt übergeben würden. Indem sie
[Spaltenumbruch]
27 hauen .. alle darnieder] Wir
lesen öfters in den Geschichten, daß die Tür-
ken bey der Uebergabe einer Stadt die Besat-
zung gegen den gemachten Vergleich, den sie
mit einem Eide bestätiget hatten, entweder
umgebracht oder zu Gefangenen gemacht ha-
ben, wie dieses den Besatzungen zu Constan-
tinopel, Ofen und Bägdad wiederfahren ist.
Ungeachtet nun die Türken dieses nicht leug-
nen können, weil sie durch lebendige Zeug-
nisse davon überführet werden: so behaupten
sie dennoch, damit es nicht das Ansehen ha-
ben möge, als wenn sie des Verbrechens des
gebrochenen Glaubens schuldig wären, sie
hätten nichts ohne rechtmäßige Ursache gegen
den gemachten Vergleich gethan. Denn die-
ses Volk, das sehr sinnreich ist, Entschuldi-
gungen zu erdenken, nimmt gleich seine Zu-
flucht zu dem Kuron, darinnen es leicht hun-
dert Stellen findet, die zu seiner Absicht die-
nen. Man setze zum Beyspiele, die Besat-
zung hätte sich unter der Bedingung, ohne
Gewehr auszuziehen, ergeben. Wenn nun
bey einem Soldaten nur ein Federmesser oder
[Spaltenumbruch]
ein Beil gefunden wird: so schreyen sie gleich;
die Artikel wären von den Christen gebrochen
worden, und verfahren bey ihrem Abzuge
gegen sie mit der größten Strenge. Haben
sie sich aber so verglichen, daß die Besatzung
mit Gewehre, Geschütz und Reisezeug aus-
ziehen soll; und es geschiehet, daß sie dieses
nur ein wenig nach der gesetzten Stunde thun,
oder eine harte Antwort austheilen, oder ih-
nen sonst den mindesten liederlichen Anlaß
geben: so machen sich die Türken kein Ge-
wissen, ihren Vergleich zu übertreten und
ihren Eid zu brechen. Daher ist es für die
Christen rathsamer und besser, daß sie inner-
halb ihrer Mauren sich eher vom Hunger,
Feuer und Schwerte aufreiben lassen, als daß
sie sich der Treulosigkeit und Unmenschlichkeit
der Türken übergeben.
28 Lagotheta] Er war aus einem der
vornehmsten adelichen Geschlechter in Mol-
dau, von dem noch heutiges Tages fünf hun-
dert Häuser ihren Ursprung herführen, unge-
achtet viele unter denselben so weit von ihrem

aber
Osmaniſche Geſchichte
nimmt Ofen den
Deutſchen wie-der ab.
16.

Als ſolchergeſtalt der ganze Kriegsvorrath durch die Gewalt der
Waſſerflut zu Grunde gerichtet iſt: ſo iſt derſelbe genoͤthiget, ſeinen vorge-
habten Feldzug aufzuſchieben. Inzwiſchen laͤſſet er doch ſeine Truppen in den
benachbarten Landſchaften das Winterlager nehmen, damit das Kriegesheer
im Fruͤhjahre deſto eher in Bereitſchaft ſeyn moͤchte. Mittlerweile bringet der-
ſelbe wieder einen Vorrath von Gelde zuſammen, und machet friſche Anſtalten,
die dasjenige, was zu Grunde gegangen war, noch uͤberſtiegen. Nachdem alle
H. 936.



J. C. 1529.Zuruͤſtungen fertig waren: ſo zog er im folgenden Jahre mit großer Behendig-
keit durch Ungarn nach Ofen, lagerte ſich ſogar unter den Stadtmauren, und
ſchloß die Stadt enge ein. Sobald er ſein Lager befeſtiget hat: ſo beſtuͤrmet
er die Mauren mit ſeinen Kriegeswerkzeugen, und ſchwaͤchet die Beſatzung, die
eine tapfere Gegenwehre that, durch unaufhoͤrliches Sturmlaufen dergeſtalt,
daß ſie ſich zu ergeben verſpricht, unter der Bedingung, daß man ihr das Leben
und ihre Waffen laſſen ſollte. Suͤlejman gehet dieſe Bedingungen ein, und
ſaget ihnen Sicherheit zu, wenn ſie die Stadt uͤbergeben wuͤrden. Indem ſie
[Spaltenumbruch]
27 hauen .. alle darnieder] Wir
leſen oͤfters in den Geſchichten, daß die Tuͤr-
ken bey der Uebergabe einer Stadt die Beſat-
zung gegen den gemachten Vergleich, den ſie
mit einem Eide beſtaͤtiget hatten, entweder
umgebracht oder zu Gefangenen gemacht ha-
ben, wie dieſes den Beſatzungen zu Conſtan-
tinopel, Ofen und Baͤgdad wiederfahren iſt.
Ungeachtet nun die Tuͤrken dieſes nicht leug-
nen koͤnnen, weil ſie durch lebendige Zeug-
niſſe davon uͤberfuͤhret werden: ſo behaupten
ſie dennoch, damit es nicht das Anſehen ha-
ben moͤge, als wenn ſie des Verbrechens des
gebrochenen Glaubens ſchuldig waͤren, ſie
haͤtten nichts ohne rechtmaͤßige Urſache gegen
den gemachten Vergleich gethan. Denn die-
ſes Volk, das ſehr ſinnreich iſt, Entſchuldi-
gungen zu erdenken, nimmt gleich ſeine Zu-
flucht zu dem Kuron, darinnen es leicht hun-
dert Stellen findet, die zu ſeiner Abſicht die-
nen. Man ſetze zum Beyſpiele, die Beſat-
zung haͤtte ſich unter der Bedingung, ohne
Gewehr auszuziehen, ergeben. Wenn nun
bey einem Soldaten nur ein Federmeſſer oder
[Spaltenumbruch]
ein Beil gefunden wird: ſo ſchreyen ſie gleich;
die Artikel waͤren von den Chriſten gebrochen
worden, und verfahren bey ihrem Abzuge
gegen ſie mit der groͤßten Strenge. Haben
ſie ſich aber ſo verglichen, daß die Beſatzung
mit Gewehre, Geſchuͤtz und Reiſezeug aus-
ziehen ſoll; und es geſchiehet, daß ſie dieſes
nur ein wenig nach der geſetzten Stunde thun,
oder eine harte Antwort austheilen, oder ih-
nen ſonſt den mindeſten liederlichen Anlaß
geben: ſo machen ſich die Tuͤrken kein Ge-
wiſſen, ihren Vergleich zu uͤbertreten und
ihren Eid zu brechen. Daher iſt es fuͤr die
Chriſten rathſamer und beſſer, daß ſie inner-
halb ihrer Mauren ſich eher vom Hunger,
Feuer und Schwerte aufreiben laſſen, als daß
ſie ſich der Treuloſigkeit und Unmenſchlichkeit
der Tuͤrken uͤbergeben.
28 Lagotheta] Er war aus einem der
vornehmſten adelichen Geſchlechter in Mol-
dau, von dem noch heutiges Tages fuͤnf hun-
dert Haͤuſer ihren Urſprung herfuͤhren, unge-
achtet viele unter denſelben ſo weit von ihrem

aber
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0368" n="278"/>
            <fw place="top" type="header">Osmani&#x017F;che Ge&#x017F;chichte</fw><lb/>
            <note place="left">nimmt Ofen den<lb/>
Deut&#x017F;chen wie-der ab.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>16.</head>
            <p>Als &#x017F;olcherge&#x017F;talt der ganze Kriegsvorrath durch die Gewalt der<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;erflut zu Grunde gerichtet i&#x017F;t: &#x017F;o i&#x017F;t der&#x017F;elbe geno&#x0364;thiget, &#x017F;einen vorge-<lb/>
habten Feldzug aufzu&#x017F;chieben. Inzwi&#x017F;chen la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et er doch &#x017F;eine Truppen in den<lb/>
benachbarten Land&#x017F;chaften das Winterlager nehmen, damit das Kriegesheer<lb/>
im Fru&#x0364;hjahre de&#x017F;to eher in Bereit&#x017F;chaft &#x017F;eyn mo&#x0364;chte. Mittlerweile bringet der-<lb/>
&#x017F;elbe wieder einen Vorrath von Gelde zu&#x017F;ammen, und machet fri&#x017F;che An&#x017F;talten,<lb/>
die dasjenige, was zu Grunde gegangen war, noch u&#x0364;ber&#x017F;tiegen. Nachdem alle<lb/><note place="left">H. 936.<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
J. C. 1529.</note>Zuru&#x0364;&#x017F;tungen fertig waren: &#x017F;o zog er im folgenden Jahre mit großer Behendig-<lb/>
keit durch Ungarn nach Ofen, lagerte &#x017F;ich &#x017F;ogar unter den Stadtmauren, und<lb/>
&#x017F;chloß die Stadt enge ein. Sobald er &#x017F;ein Lager befe&#x017F;tiget hat: &#x017F;o be&#x017F;tu&#x0364;rmet<lb/>
er die Mauren mit &#x017F;einen Kriegeswerkzeugen, und &#x017F;chwa&#x0364;chet die Be&#x017F;atzung, die<lb/>
eine tapfere Gegenwehre that, durch unaufho&#x0364;rliches Sturmlaufen derge&#x017F;talt,<lb/>
daß &#x017F;ie &#x017F;ich zu ergeben ver&#x017F;pricht, unter der Bedingung, daß man ihr das Leben<lb/>
und ihre Waffen la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollte. Su&#x0364;lejman gehet die&#x017F;e Bedingungen ein, und<lb/>
&#x017F;aget ihnen Sicherheit zu, wenn &#x017F;ie die Stadt u&#x0364;bergeben wu&#x0364;rden. Indem &#x017F;ie<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">aber</fw><lb/><cb n="1"/><lb/><note place="end" n="27">hauen .. alle darnieder] Wir<lb/>
le&#x017F;en o&#x0364;fters in den Ge&#x017F;chichten, daß die Tu&#x0364;r-<lb/>
ken bey der Uebergabe einer Stadt die Be&#x017F;at-<lb/>
zung gegen den gemachten Vergleich, den &#x017F;ie<lb/>
mit einem Eide be&#x017F;ta&#x0364;tiget hatten, entweder<lb/>
umgebracht oder zu Gefangenen gemacht ha-<lb/>
ben, wie die&#x017F;es den Be&#x017F;atzungen zu Con&#x017F;tan-<lb/>
tinopel, Ofen und Ba&#x0364;gdad wiederfahren i&#x017F;t.<lb/>
Ungeachtet nun die Tu&#x0364;rken die&#x017F;es nicht leug-<lb/>
nen ko&#x0364;nnen, weil &#x017F;ie durch lebendige Zeug-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e davon u&#x0364;berfu&#x0364;hret werden: &#x017F;o behaupten<lb/>
&#x017F;ie dennoch, damit es nicht das An&#x017F;ehen ha-<lb/>
ben mo&#x0364;ge, als wenn &#x017F;ie des Verbrechens des<lb/>
gebrochenen Glaubens &#x017F;chuldig wa&#x0364;ren, &#x017F;ie<lb/>
ha&#x0364;tten nichts ohne rechtma&#x0364;ßige Ur&#x017F;ache gegen<lb/>
den gemachten Vergleich gethan. Denn die-<lb/>
&#x017F;es Volk, das &#x017F;ehr &#x017F;innreich i&#x017F;t, Ent&#x017F;chuldi-<lb/>
gungen zu erdenken, nimmt gleich &#x017F;eine Zu-<lb/>
flucht zu dem Kuron, darinnen es leicht hun-<lb/>
dert Stellen findet, die zu &#x017F;einer Ab&#x017F;icht die-<lb/>
nen. Man &#x017F;etze zum Bey&#x017F;piele, die Be&#x017F;at-<lb/>
zung ha&#x0364;tte &#x017F;ich unter der Bedingung, ohne<lb/>
Gewehr auszuziehen, ergeben. Wenn nun<lb/>
bey einem Soldaten nur ein Federme&#x017F;&#x017F;er oder<lb/><cb n="2"/><lb/>
ein Beil gefunden wird: &#x017F;o &#x017F;chreyen &#x017F;ie gleich;<lb/>
die Artikel wa&#x0364;ren von den Chri&#x017F;ten gebrochen<lb/>
worden, und verfahren bey ihrem Abzuge<lb/>
gegen &#x017F;ie mit der gro&#x0364;ßten Strenge. Haben<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich aber &#x017F;o verglichen, daß die Be&#x017F;atzung<lb/>
mit Gewehre, Ge&#x017F;chu&#x0364;tz und Rei&#x017F;ezeug aus-<lb/>
ziehen &#x017F;oll; und es ge&#x017F;chiehet, daß &#x017F;ie die&#x017F;es<lb/>
nur ein wenig nach der ge&#x017F;etzten Stunde thun,<lb/>
oder eine harte Antwort austheilen, oder ih-<lb/>
nen &#x017F;on&#x017F;t den minde&#x017F;ten liederlichen Anlaß<lb/>
geben: &#x017F;o machen &#x017F;ich die Tu&#x0364;rken kein Ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, ihren Vergleich zu u&#x0364;bertreten und<lb/>
ihren Eid zu brechen. Daher i&#x017F;t es fu&#x0364;r die<lb/>
Chri&#x017F;ten rath&#x017F;amer und be&#x017F;&#x017F;er, daß &#x017F;ie inner-<lb/>
halb ihrer Mauren &#x017F;ich eher vom Hunger,<lb/>
Feuer und Schwerte aufreiben la&#x017F;&#x017F;en, als daß<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich der Treulo&#x017F;igkeit und Unmen&#x017F;chlichkeit<lb/>
der Tu&#x0364;rken u&#x0364;bergeben.</note><lb/><note xml:id="Z368" next="#Z369" place="end" n="28">Lagotheta] Er war aus einem der<lb/>
vornehm&#x017F;ten adelichen Ge&#x017F;chlechter in Mol-<lb/>
dau, von dem noch heutiges Tages fu&#x0364;nf hun-<lb/>
dert Ha&#x0364;u&#x017F;er ihren Ur&#x017F;prung herfu&#x0364;hren, unge-<lb/>
achtet viele unter den&#x017F;elben &#x017F;o weit von ihrem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ehema-</fw></note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278/0368] Osmaniſche Geſchichte 16. Als ſolchergeſtalt der ganze Kriegsvorrath durch die Gewalt der Waſſerflut zu Grunde gerichtet iſt: ſo iſt derſelbe genoͤthiget, ſeinen vorge- habten Feldzug aufzuſchieben. Inzwiſchen laͤſſet er doch ſeine Truppen in den benachbarten Landſchaften das Winterlager nehmen, damit das Kriegesheer im Fruͤhjahre deſto eher in Bereitſchaft ſeyn moͤchte. Mittlerweile bringet der- ſelbe wieder einen Vorrath von Gelde zuſammen, und machet friſche Anſtalten, die dasjenige, was zu Grunde gegangen war, noch uͤberſtiegen. Nachdem alle Zuruͤſtungen fertig waren: ſo zog er im folgenden Jahre mit großer Behendig- keit durch Ungarn nach Ofen, lagerte ſich ſogar unter den Stadtmauren, und ſchloß die Stadt enge ein. Sobald er ſein Lager befeſtiget hat: ſo beſtuͤrmet er die Mauren mit ſeinen Kriegeswerkzeugen, und ſchwaͤchet die Beſatzung, die eine tapfere Gegenwehre that, durch unaufhoͤrliches Sturmlaufen dergeſtalt, daß ſie ſich zu ergeben verſpricht, unter der Bedingung, daß man ihr das Leben und ihre Waffen laſſen ſollte. Suͤlejman gehet dieſe Bedingungen ein, und ſaget ihnen Sicherheit zu, wenn ſie die Stadt uͤbergeben wuͤrden. Indem ſie aber ²⁷ hauen .. alle darnieder] Wir leſen oͤfters in den Geſchichten, daß die Tuͤr- ken bey der Uebergabe einer Stadt die Beſat- zung gegen den gemachten Vergleich, den ſie mit einem Eide beſtaͤtiget hatten, entweder umgebracht oder zu Gefangenen gemacht ha- ben, wie dieſes den Beſatzungen zu Conſtan- tinopel, Ofen und Baͤgdad wiederfahren iſt. Ungeachtet nun die Tuͤrken dieſes nicht leug- nen koͤnnen, weil ſie durch lebendige Zeug- niſſe davon uͤberfuͤhret werden: ſo behaupten ſie dennoch, damit es nicht das Anſehen ha- ben moͤge, als wenn ſie des Verbrechens des gebrochenen Glaubens ſchuldig waͤren, ſie haͤtten nichts ohne rechtmaͤßige Urſache gegen den gemachten Vergleich gethan. Denn die- ſes Volk, das ſehr ſinnreich iſt, Entſchuldi- gungen zu erdenken, nimmt gleich ſeine Zu- flucht zu dem Kuron, darinnen es leicht hun- dert Stellen findet, die zu ſeiner Abſicht die- nen. Man ſetze zum Beyſpiele, die Beſat- zung haͤtte ſich unter der Bedingung, ohne Gewehr auszuziehen, ergeben. Wenn nun bey einem Soldaten nur ein Federmeſſer oder ein Beil gefunden wird: ſo ſchreyen ſie gleich; die Artikel waͤren von den Chriſten gebrochen worden, und verfahren bey ihrem Abzuge gegen ſie mit der groͤßten Strenge. Haben ſie ſich aber ſo verglichen, daß die Beſatzung mit Gewehre, Geſchuͤtz und Reiſezeug aus- ziehen ſoll; und es geſchiehet, daß ſie dieſes nur ein wenig nach der geſetzten Stunde thun, oder eine harte Antwort austheilen, oder ih- nen ſonſt den mindeſten liederlichen Anlaß geben: ſo machen ſich die Tuͤrken kein Ge- wiſſen, ihren Vergleich zu uͤbertreten und ihren Eid zu brechen. Daher iſt es fuͤr die Chriſten rathſamer und beſſer, daß ſie inner- halb ihrer Mauren ſich eher vom Hunger, Feuer und Schwerte aufreiben laſſen, als daß ſie ſich der Treuloſigkeit und Unmenſchlichkeit der Tuͤrken uͤbergeben. ²⁸ Lagotheta] Er war aus einem der vornehmſten adelichen Geſchlechter in Mol- dau, von dem noch heutiges Tages fuͤnf hun- dert Haͤuſer ihren Urſprung herfuͤhren, unge- achtet viele unter denſelben ſo weit von ihrem ehema- H. 936. J. C. 1529.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/368
Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/368>, abgerufen am 23.11.2024.