Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.9. Selim der I thern beyder Theile wirkete. Die Türken schöpfen durch diese gute Vorbedeu-tung Muth, greifen die Perser, die voll Schrecken sind, beherzt an, schlagen ohne große Schwierigkeiten ein Heer, das aus Aberglauben allen Muth verlo- ren hatte, und treiben es in die Flucht. Unter den Gefangenen befand sich Ka- rachan selbst, dem Mehemmed Begj auf der Stelle den Kopf abhauen ließe. 14. Dieser große und unverhoffte Sieg gab Mehemmed Begj eine Ver-Mehemmed rey hat in den Gebirgen Kaßdagi* viele An- [Spaltenumbruch]
hänger. Es giebt auch einige, die das Feuer anbeten, Otesch Perest2*, oder insgemein Otesche Tapan2* genennet, welches Ueberge- bliebene von den alten Persern sind. So fin- den sich auch unter ihnen Kjelb Perest, Hun- deverehrer, und Gjaw Perest, Stiereverehrer, und noch andere, die von den Türken unter dem gemeinschaftlichen Namen Rafißi, Gjebr, oder in der persischen Sprache, Tersa, begrif- fen werden. Allein diese Ketzereyen werden von den Türken verleumderischer Weise den Persern beygeleget, bloß aus der Ursache, weil die Nachricht von denselben zuerst aus Persien gekommen ist. 23 Mardün] Insgemein Mardin. Eine sehr bekannte Stadt in Mesopotamien. 24 Musul] Eine berühmte Stadt, die fast in allen Landkarten zu finden ist, und für das Nineveh der Alten gehalten wird. 25 Anne und Hädise] Sind Städte in der Nachbarschaft von Musul. 26 Kjürd] Dieses Königreich (wo ich mich recht besinne) erstrecket sich von den Grenzen Syriens bis an die Städte Schehre- sul und Wan, an den Grenzen von Persien. Die Einwohner werden Kjürden genennet, und sprechen gebrochen persisch. 15. Nun- * der Gänseberg, insgemein Caucasus genennet. 2* Feuerverehrer, Feueranbeter. 2*
9. Selim der I thern beyder Theile wirkete. Die Tuͤrken ſchoͤpfen durch dieſe gute Vorbedeu-tung Muth, greifen die Perſer, die voll Schrecken ſind, beherzt an, ſchlagen ohne große Schwierigkeiten ein Heer, das aus Aberglauben allen Muth verlo- ren hatte, und treiben es in die Flucht. Unter den Gefangenen befand ſich Ka- rachan ſelbſt, dem Mehemmed Begj auf der Stelle den Kopf abhauen ließe. 14. Dieſer große und unverhoffte Sieg gab Mehemmed Begj eine Ver-Mehemmed rey hat in den Gebirgen Kaßdagi* viele An- [Spaltenumbruch]
haͤnger. Es giebt auch einige, die das Feuer anbeten, Oteſch Pereſt2*, oder insgemein Oteſche Tapan2* genennet, welches Ueberge- bliebene von den alten Perſern ſind. So fin- den ſich auch unter ihnen Kjelb Pereſt, Hun- deverehrer, und Gjaw Pereſt, Stiereverehrer, und noch andere, die von den Tuͤrken unter dem gemeinſchaftlichen Namen Rafißi, Gjebr, oder in der perſiſchen Sprache, Terſa, begrif- fen werden. Allein dieſe Ketzereyen werden von den Tuͤrken verleumderiſcher Weiſe den Perſern beygeleget, bloß aus der Urſache, weil die Nachricht von denſelben zuerſt aus Perſien gekommen iſt. 23 Marduͤn] Insgemein Mardin. Eine ſehr bekannte Stadt in Meſopotamien. 24 Muſul] Eine beruͤhmte Stadt, die faſt in allen Landkarten zu finden iſt, und fuͤr das Nineveh der Alten gehalten wird. 25 Anne und Haͤdiſe] Sind Staͤdte in der Nachbarſchaft von Muſul. 26 Kjuͤrd] Dieſes Koͤnigreich (wo ich mich recht beſinne) erſtrecket ſich von den Grenzen Syriens bis an die Staͤdte Schehre- ſul und Wan, an den Grenzen von Perſien. Die Einwohner werden Kjuͤrden genennet, und ſprechen gebrochen perſiſch. 15. Nun- * der Gaͤnſeberg, insgemein Caucaſus genennet. 2* Feuerverehrer, Feueranbeter. 2*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0319" n="231"/><fw place="top" type="header">9. Selim der <hi rendition="#aq">I</hi></fw><lb/> thern beyder Theile wirkete. Die Tuͤrken ſchoͤpfen durch dieſe gute Vorbedeu-<lb/> tung Muth, greifen die Perſer, die voll Schrecken ſind, beherzt an, ſchlagen<lb/> ohne große Schwierigkeiten ein Heer, das aus Aberglauben allen Muth verlo-<lb/> ren hatte, und treiben es in die Flucht. Unter den Gefangenen befand ſich Ka-<lb/> rachan ſelbſt, dem Mehemmed Begj auf der Stelle den Kopf abhauen ließe.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>14.</head> <p>Dieſer große und unverhoffte Sieg gab Mehemmed Begj eine Ver-<note place="right">Mehemmed<lb/> Begj nimmt ver-<lb/> ſchiedene Staͤdte<lb/> ein:</note><lb/> ſicherung von dem goͤttlichen Beyſtande und Schutze. Er friſchte daher ſeine<lb/> Soldaten zu groͤßern Unternehmungen an, und ſchloß hierauf die feſte Stadt<lb/> Marduͤn <note place="end" n="23"/> enge ein. Dieſer Platz wuͤrde wegen ſeiner Lage und der Tapfer-<lb/> keit der Einwohner unuͤberwindlich geweſen ſeyn, wenn dieſe nicht durch Peſt<lb/> und Hunger waͤren genoͤthiget worden, mittelſt Uebergebung ihrer ſelbſt und<lb/> der Stadt ſich des Ueberwinders Gnade zuwege zu bringen. Wenige Tage<lb/> hernach belagerte er Muſul <note place="end" n="24"/>, bekam dieſelbe gleich in dem erſten Sturme ein,<lb/> und brachte ſie mit Feuer und Schwerte unter ſeine Gewalt. Nachdem dieſe<lb/> zwo Vormauren des ganzen Landes erobert waren: ſo folgten die geringern<lb/> Staͤdte auch leicht hernach; naͤmlich Anne, Haͤdiſe <note place="end" n="25"/>, Hegeti, Sudſchari, Ha-<lb/> ſinkesfi, Dſchemiſchgjerg, Amadije, Sudek, Dſchejddſcheon, Baldir, Ham,<lb/> Sſerbak, und Chajßan: und in kurzer Zeit wurde das ganze Koͤnigreich<lb/> Kjuͤrd <note place="end" n="26"/> und Dſcheßire <note place="end" n="27"/> gleichfals mit dem osmaniſchen Reiche vereiniget.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">15. Nun-</fw><lb/> <cb n="1"/><lb/> <note xml:id="M319" prev="#M318" place="end">rey hat in den Gebirgen Kaßdagi<note place="foot" n="*">der Gaͤnſeberg, insgemein Caucaſus genennet.</note> viele An-<lb/> haͤnger. Es giebt auch einige, die das Feuer<lb/> anbeten, Oteſch Pereſt<note place="foot" n="2*">Feuerverehrer, Feueranbeter.</note>, oder insgemein<lb/> Oteſche Tapan<note place="foot" n="2*"/> genennet, welches Ueberge-<lb/> bliebene von den alten Perſern ſind. So fin-<lb/> den ſich auch unter ihnen Kjelb Pereſt, Hun-<lb/> deverehrer, und Gjaw Pereſt, Stiereverehrer,<lb/> und noch andere, die von den Tuͤrken unter<lb/> dem gemeinſchaftlichen Namen Rafißi, Gjebr,<lb/> oder in der perſiſchen Sprache, Terſa, begrif-<lb/> fen werden. Allein dieſe Ketzereyen werden<lb/> von den Tuͤrken verleumderiſcher Weiſe den<lb/> Perſern beygeleget, bloß aus der Urſache,<lb/> weil die Nachricht von denſelben zuerſt aus<lb/> Perſien gekommen iſt.</note><lb/> <cb n="2"/><lb/> <note place="end" n="23">Marduͤn] Insgemein Mardin.<lb/> Eine ſehr bekannte Stadt in Meſopotamien.</note><lb/> <note place="end" n="24">Muſul] Eine beruͤhmte Stadt, die<lb/> faſt in allen Landkarten zu finden iſt, und<lb/> fuͤr das Nineveh der Alten gehalten wird.</note><lb/> <note place="end" n="25">Anne und Haͤdiſe] Sind Staͤdte<lb/> in der Nachbarſchaft von Muſul.</note><lb/> <note place="end" n="26">Kjuͤrd] Dieſes Koͤnigreich (wo ich<lb/> mich recht beſinne) erſtrecket ſich von den<lb/> Grenzen Syriens bis an die Staͤdte Schehre-<lb/> ſul und Wan, an den Grenzen von Perſien.<lb/> Die Einwohner werden Kjuͤrden genennet,<lb/> und ſprechen gebrochen perſiſch.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [231/0319]
9. Selim der I
thern beyder Theile wirkete. Die Tuͤrken ſchoͤpfen durch dieſe gute Vorbedeu-
tung Muth, greifen die Perſer, die voll Schrecken ſind, beherzt an, ſchlagen
ohne große Schwierigkeiten ein Heer, das aus Aberglauben allen Muth verlo-
ren hatte, und treiben es in die Flucht. Unter den Gefangenen befand ſich Ka-
rachan ſelbſt, dem Mehemmed Begj auf der Stelle den Kopf abhauen ließe.
14. Dieſer große und unverhoffte Sieg gab Mehemmed Begj eine Ver-
ſicherung von dem goͤttlichen Beyſtande und Schutze. Er friſchte daher ſeine
Soldaten zu groͤßern Unternehmungen an, und ſchloß hierauf die feſte Stadt
Marduͤn
²³
enge ein. Dieſer Platz wuͤrde wegen ſeiner Lage und der Tapfer-
keit der Einwohner unuͤberwindlich geweſen ſeyn, wenn dieſe nicht durch Peſt
und Hunger waͤren genoͤthiget worden, mittelſt Uebergebung ihrer ſelbſt und
der Stadt ſich des Ueberwinders Gnade zuwege zu bringen. Wenige Tage
hernach belagerte er Muſul
²⁴
, bekam dieſelbe gleich in dem erſten Sturme ein,
und brachte ſie mit Feuer und Schwerte unter ſeine Gewalt. Nachdem dieſe
zwo Vormauren des ganzen Landes erobert waren: ſo folgten die geringern
Staͤdte auch leicht hernach; naͤmlich Anne, Haͤdiſe
²⁵
, Hegeti, Sudſchari, Ha-
ſinkesfi, Dſchemiſchgjerg, Amadije, Sudek, Dſchejddſcheon, Baldir, Ham,
Sſerbak, und Chajßan: und in kurzer Zeit wurde das ganze Koͤnigreich
Kjuͤrd
²⁶
und Dſcheßire
²⁷
gleichfals mit dem osmaniſchen Reiche vereiniget.
Mehemmed
Begj nimmt ver-
ſchiedene Staͤdte
ein:
15. Nun-
rey hat in den Gebirgen Kaßdagi * viele An-
haͤnger. Es giebt auch einige, die das Feuer
anbeten, Oteſch Pereſt 2*, oder insgemein
Oteſche Tapan 2* genennet, welches Ueberge-
bliebene von den alten Perſern ſind. So fin-
den ſich auch unter ihnen Kjelb Pereſt, Hun-
deverehrer, und Gjaw Pereſt, Stiereverehrer,
und noch andere, die von den Tuͤrken unter
dem gemeinſchaftlichen Namen Rafißi, Gjebr,
oder in der perſiſchen Sprache, Terſa, begrif-
fen werden. Allein dieſe Ketzereyen werden
von den Tuͤrken verleumderiſcher Weiſe den
Perſern beygeleget, bloß aus der Urſache,
weil die Nachricht von denſelben zuerſt aus
Perſien gekommen iſt.
²³ Marduͤn] Insgemein Mardin.
Eine ſehr bekannte Stadt in Meſopotamien.
²⁴ Muſul] Eine beruͤhmte Stadt, die
faſt in allen Landkarten zu finden iſt, und
fuͤr das Nineveh der Alten gehalten wird.
²⁵ Anne und Haͤdiſe] Sind Staͤdte
in der Nachbarſchaft von Muſul.
²⁶ Kjuͤrd] Dieſes Koͤnigreich (wo ich
mich recht beſinne) erſtrecket ſich von den
Grenzen Syriens bis an die Staͤdte Schehre-
ſul und Wan, an den Grenzen von Perſien.
Die Einwohner werden Kjuͤrden genennet,
und ſprechen gebrochen perſiſch.
* der Gaͤnſeberg, insgemein Caucaſus genennet.
2* Feuerverehrer, Feueranbeter.
2*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |