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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
sari 18, lange vorher prophezeiet hätte, er würde unter Constantin mit dem Mär-
tirertode gekrönet werden: es würde aber ein Kaiser von den Müslimanen, der
die Stadt erobern werde, durch eine Offenbarung seine Grabstätte entdecken.
[Spaltenumbruch]
"das von uns fordert, daß wir das Chri-
"stenthum verlassen und den muhämmedi-
"schen Glauben annehmen sollen, habe ich
"außer dem, was nur erst angeführet wor-
"den, noch dieses vorzubringen, daß das-
"selbe einem Gesetze des Kurons zuwider ist,
"das ausdrücklich lautet: Keine Person,
"die von dem Anfange ihres männlichen
"Alters bis in das siebenzigste Jahr jährlich
"dreyzehen Drachmen lauteres Silber* als
"einen Tribut bezahlet, soll zu dem muhäm-
"medischen Glauben gezwungen werden."
Nachdem der Müfti durch sein Zeugniß be-
kräftiget hatte, daß ein solches Gesetz von den
Auslegern des Kurons eingestanden werde,
auch in dem Texte selbst befindlich sey, und
daher allerdings aufrecht und unverbrüchlich
bestehen müsse: so versetzte der kaiserliche
Sachwalter; es habe niemand den gering-
sten Zweifel daran, daß dasjenige, was der
Patriarch aus dem heiligen Kuron angeführet
und der Müfti bekräftiget habe, wahr und
höchlich zu verehren sey: sein Bericht aber
von der Uebergabe der Stadt Constantinopel
scheine weder wahr noch glaublich zu seyn.
Als der Müfti den Patriarchen fragte; ob er
die Urkunde von diesem Vergleiche beybringen
könne: so wurde von demselben geantwortet;
es sey dieselbe im Feuer verloren gegangen: er
habe aber drey dabey gegenwärtig gewesene
Zeugen unter den Jeng-itscheri selbst, auf
deren Redlichkeit er sich verlassen könne, daß
sie das, was er gesaget, bezeugen würden.
Die Jeng-itscheri, die alle drey beynahe hun-
dert Jahre alt waren, werden herbey geru-
[Spaltenumbruch]
fen, und bekennen vor dem Müfti, daß sie
bey der Einnehmung von Constantinopel mit
zugegen gewesen, und mit ihren Augen gese-
hen hätten, wie die vornehmsten Griechen
aus der Stadt gekommen, und dem Sultane,
der sich noch in seinem Zelte außer den Mau-
ren befunden, die Schlüssel in güldenen Scha-
len überbracht, dabey auch die Verwilligung
der drey vorerwähnten Bedingungen begehret
und erhalten hätten. Hier nahm der Kaiser
selbst das Wort. Unerachtet, sagte derselbe,
diese Bedingungen von unserm Großvater den
Christen sind zugestanden worden: dennoch
aber, da weder die Gerechtigkeit noch unser
Gesetz gestatten, daß solche schönen Gebäude,
die dem Dienste Gottes gewidmet sind, zu
Bütchane oder Götzenhäusern gemacht werden
sollen; so können wir diese Bedingungen
nicht bestätigen. Wir geben daher zwar,
nach der Vorschrift des heiligen Kurons, al-
len Christen die Erlaubniß, ihre Religion öf-
fentlich zu üben: unser Wille und Gefallen
aber ist zugleich, daß alle von Stein gebauten
Kirchen, die die Christen bisher im Besitze
gehabt haben, gänzlich in Dschami verwan-
delt werden sollen; iedoch mit der Vergünsti-
gung, daß sie an deren statt hölzene bauen,
oder diejenigen, die durch die Länge der Zeit
verfallen sind, wieder ausbessern können.
Diesem Befehle zu Folge wurde sogleich die
Patriarchalkirche, Panmakaristos genennet
(die an der Westseite den Palast von Moldau,
Bogdan Seraj genennet, gegen über stehen
hat, und an der Ostseite den walachischen Pa-
last, Kara Iflak genennet, oder, nach der

Der
* Dieses sind 2.8255 Loth cölnisches Gewichts: und nach sächsischem Gelde, 8 Thaler, 2 Groschen,
10. 2864 Pf.

Osmaniſche Geſchichte
ſari 18, lange vorher prophezeiet haͤtte, er wuͤrde unter Conſtantin mit dem Maͤr-
tirertode gekroͤnet werden: es wuͤrde aber ein Kaiſer von den Muͤslimanen, der
die Stadt erobern werde, durch eine Offenbarung ſeine Grabſtaͤtte entdecken.
[Spaltenumbruch]
“das von uns fordert, daß wir das Chri-
“ſtenthum verlaſſen und den muhaͤmmedi-
“ſchen Glauben annehmen ſollen, habe ich
“außer dem, was nur erſt angefuͤhret wor-
“den, noch dieſes vorzubringen, daß daſ-
“ſelbe einem Geſetze des Kurons zuwider iſt,
“das ausdruͤcklich lautet: Keine Perſon,
“die von dem Anfange ihres maͤnnlichen
“Alters bis in das ſiebenzigſte Jahr jaͤhrlich
“dreyzehen Drachmen lauteres Silber* als
“einen Tribut bezahlet, ſoll zu dem muhaͤm-
“mediſchen Glauben gezwungen werden.„
Nachdem der Muͤfti durch ſein Zeugniß be-
kraͤftiget hatte, daß ein ſolches Geſetz von den
Auslegern des Kurons eingeſtanden werde,
auch in dem Texte ſelbſt befindlich ſey, und
daher allerdings aufrecht und unverbruͤchlich
beſtehen muͤſſe: ſo verſetzte der kaiſerliche
Sachwalter; es habe niemand den gering-
ſten Zweifel daran, daß dasjenige, was der
Patriarch aus dem heiligen Kuron angefuͤhret
und der Muͤfti bekraͤftiget habe, wahr und
hoͤchlich zu verehren ſey: ſein Bericht aber
von der Uebergabe der Stadt Conſtantinopel
ſcheine weder wahr noch glaublich zu ſeyn.
Als der Muͤfti den Patriarchen fragte; ob er
die Urkunde von dieſem Vergleiche beybringen
koͤnne: ſo wurde von demſelben geantwortet;
es ſey dieſelbe im Feuer verloren gegangen: er
habe aber drey dabey gegenwaͤrtig geweſene
Zeugen unter den Jeng-itſcheri ſelbſt, auf
deren Redlichkeit er ſich verlaſſen koͤnne, daß
ſie das, was er geſaget, bezeugen wuͤrden.
Die Jeng-itſcheri, die alle drey beynahe hun-
dert Jahre alt waren, werden herbey geru-
[Spaltenumbruch]
fen, und bekennen vor dem Muͤfti, daß ſie
bey der Einnehmung von Conſtantinopel mit
zugegen geweſen, und mit ihren Augen geſe-
hen haͤtten, wie die vornehmſten Griechen
aus der Stadt gekommen, und dem Sultane,
der ſich noch in ſeinem Zelte außer den Mau-
ren befunden, die Schluͤſſel in guͤldenen Scha-
len uͤberbracht, dabey auch die Verwilligung
der drey vorerwaͤhnten Bedingungen begehret
und erhalten haͤtten. Hier nahm der Kaiſer
ſelbſt das Wort. Unerachtet, ſagte derſelbe,
dieſe Bedingungen von unſerm Großvater den
Chriſten ſind zugeſtanden worden: dennoch
aber, da weder die Gerechtigkeit noch unſer
Geſetz geſtatten, daß ſolche ſchoͤnen Gebaͤude,
die dem Dienſte Gottes gewidmet ſind, zu
Buͤtchane oder Goͤtzenhaͤuſern gemacht werden
ſollen; ſo koͤnnen wir dieſe Bedingungen
nicht beſtaͤtigen. Wir geben daher zwar,
nach der Vorſchrift des heiligen Kurons, al-
len Chriſten die Erlaubniß, ihre Religion oͤf-
fentlich zu uͤben: unſer Wille und Gefallen
aber iſt zugleich, daß alle von Stein gebauten
Kirchen, die die Chriſten bisher im Beſitze
gehabt haben, gaͤnzlich in Dſchami verwan-
delt werden ſollen; iedoch mit der Verguͤnſti-
gung, daß ſie an deren ſtatt hoͤlzene bauen,
oder diejenigen, die durch die Laͤnge der Zeit
verfallen ſind, wieder ausbeſſern koͤnnen.
Dieſem Befehle zu Folge wurde ſogleich die
Patriarchalkirche, Panmakariſtos genennet
(die an der Weſtſeite den Palaſt von Moldau,
Bogdan Seraj genennet, gegen uͤber ſtehen
hat, und an der Oſtſeite den walachiſchen Pa-
laſt, Kara Iflak genennet, oder, nach der

Der
* Dieſes ſind 2.8255 Loth coͤlniſches Gewichts: und nach ſaͤchſiſchem Gelde, 8 Thaler, 2 Groſchen,
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[152/0236] Osmaniſche Geſchichte ſari ¹⁸ , lange vorher prophezeiet haͤtte, er wuͤrde unter Conſtantin mit dem Maͤr- tirertode gekroͤnet werden: es wuͤrde aber ein Kaiſer von den Muͤslimanen, der die Stadt erobern werde, durch eine Offenbarung ſeine Grabſtaͤtte entdecken. Der “das von uns fordert, daß wir das Chri- “ſtenthum verlaſſen und den muhaͤmmedi- “ſchen Glauben annehmen ſollen, habe ich “außer dem, was nur erſt angefuͤhret wor- “den, noch dieſes vorzubringen, daß daſ- “ſelbe einem Geſetze des Kurons zuwider iſt, “das ausdruͤcklich lautet: Keine Perſon, “die von dem Anfange ihres maͤnnlichen “Alters bis in das ſiebenzigſte Jahr jaͤhrlich “dreyzehen Drachmen lauteres Silber * als “einen Tribut bezahlet, ſoll zu dem muhaͤm- “mediſchen Glauben gezwungen werden.„ Nachdem der Muͤfti durch ſein Zeugniß be- kraͤftiget hatte, daß ein ſolches Geſetz von den Auslegern des Kurons eingeſtanden werde, auch in dem Texte ſelbſt befindlich ſey, und daher allerdings aufrecht und unverbruͤchlich beſtehen muͤſſe: ſo verſetzte der kaiſerliche Sachwalter; es habe niemand den gering- ſten Zweifel daran, daß dasjenige, was der Patriarch aus dem heiligen Kuron angefuͤhret und der Muͤfti bekraͤftiget habe, wahr und hoͤchlich zu verehren ſey: ſein Bericht aber von der Uebergabe der Stadt Conſtantinopel ſcheine weder wahr noch glaublich zu ſeyn. Als der Muͤfti den Patriarchen fragte; ob er die Urkunde von dieſem Vergleiche beybringen koͤnne: ſo wurde von demſelben geantwortet; es ſey dieſelbe im Feuer verloren gegangen: er habe aber drey dabey gegenwaͤrtig geweſene Zeugen unter den Jeng-itſcheri ſelbſt, auf deren Redlichkeit er ſich verlaſſen koͤnne, daß ſie das, was er geſaget, bezeugen wuͤrden. Die Jeng-itſcheri, die alle drey beynahe hun- dert Jahre alt waren, werden herbey geru- fen, und bekennen vor dem Muͤfti, daß ſie bey der Einnehmung von Conſtantinopel mit zugegen geweſen, und mit ihren Augen geſe- hen haͤtten, wie die vornehmſten Griechen aus der Stadt gekommen, und dem Sultane, der ſich noch in ſeinem Zelte außer den Mau- ren befunden, die Schluͤſſel in guͤldenen Scha- len uͤberbracht, dabey auch die Verwilligung der drey vorerwaͤhnten Bedingungen begehret und erhalten haͤtten. Hier nahm der Kaiſer ſelbſt das Wort. Unerachtet, ſagte derſelbe, dieſe Bedingungen von unſerm Großvater den Chriſten ſind zugeſtanden worden: dennoch aber, da weder die Gerechtigkeit noch unſer Geſetz geſtatten, daß ſolche ſchoͤnen Gebaͤude, die dem Dienſte Gottes gewidmet ſind, zu Buͤtchane oder Goͤtzenhaͤuſern gemacht werden ſollen; ſo koͤnnen wir dieſe Bedingungen nicht beſtaͤtigen. Wir geben daher zwar, nach der Vorſchrift des heiligen Kurons, al- len Chriſten die Erlaubniß, ihre Religion oͤf- fentlich zu uͤben: unſer Wille und Gefallen aber iſt zugleich, daß alle von Stein gebauten Kirchen, die die Chriſten bisher im Beſitze gehabt haben, gaͤnzlich in Dſchami verwan- delt werden ſollen; iedoch mit der Verguͤnſti- gung, daß ſie an deren ſtatt hoͤlzene bauen, oder diejenigen, die durch die Laͤnge der Zeit verfallen ſind, wieder ausbeſſern koͤnnen. Dieſem Befehle zu Folge wurde ſogleich die Patriarchalkirche, Panmakariſtos genennet (die an der Weſtſeite den Palaſt von Moldau, Bogdan Seraj genennet, gegen uͤber ſtehen hat, und an der Oſtſeite den walachiſchen Pa- laſt, Kara Iflak genennet, oder, nach der verderbten * Dieſes ſind 2.8255 Loth coͤlniſches Gewichts: und nach ſaͤchſiſchem Gelde, 8 Thaler, 2 Groſchen, 10. 2864 Pf.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/236>, abgerufen am 23.11.2024.