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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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7. Muhämmed der II
Der Sultan ist begierig, diese Vorherverkündigung zu erfüllen, und ersuchet
Scheich Akschemsüddin, der aus göttlichem Antriebe (wie vorgegeben wird)
den Kaiser allenthalben begleitete, es bey Gott durch sein Gebet dahin zu brin-
[Spaltenumbruch]
verderbten Benennung, Wlak Seraj), in ei-
nen Dschami verwandelt, unter dem Namen
Fetihje, und in kurzem auch alle die übrigen
nach einander. Ich habe es für dienlich ge-
achtet, diese Umstände aus dem vorerwähn-
ten türkischen Geschichtschreiber anzuführen,
die desto mehr Achtung verdienen, weil keiner
von den übrigen türkischen Schriftstellern die
christlichen Sachen mit mehrerer Sorgfalt
und Bescheidenheit erzählet. Dieses Buch
habe ich bey einem Griechen zu Philippopel
angetroffen: außer diesem ist mir niemals
eine andere Abschrift davon zu Gesichte ge-
kommen. Nach meinem Abzuge ist es zu
Constantinopel geblieben, und sint der Zeit,
wie ich vernehme, Johann Maurokordatus,
der gegenwärtig Dolmetscher an dem osma-
nischen Hofe ist, in die Hände gerathen, nebst
noch andern Sammlungen von mir, welche
die Statsgeschäffte und Sitten der Türken
betreffen. Von allen denen Kirchen, die
die Christen beynahe ein ganzes Jahrhundert
lang nach der kläglichen Eroberung von Con-
stantinopel im Besitze gehabt haben, wurde
ihnen nicht mehr als eine einzige von Selim
gelassen, und dieses aus Gewogenheit gegen
einen gewissen griechischen Baumeister, der
für Selim zu Adrianopel einen großen und
schönen Tempel gebauet hatte. Er war ein
Vetter von einem andern Baumeister, dem
Sultan Muhämmed der II die Besorgung ei-
nes Dschami, den er zu Constantinopel bauen
ließ, anvertrauete, und wegen redlicher Aus-
führung dieses Werks die vorerwähnte Kirche
schenkte, nebst der ganzen Straße, darinnen
sie stehet: von welcher Begnadigung bis auf
[Spaltenumbruch]
den heutigen Tag eine echte Urkunde in dem
Schatze dieser Kirche verwahret wird. Als
ich zu Constantinopel war: so bauete ich
nicht weit von dieser Gegend einen Palast,
auf einem hohen Hügel, Sandschaktar Jo-
kuschi genennet. Das Gebäude war recht
schön, und hatte eine Aussicht beynahe über
die ganze Stadt und die Vorstädte. Mein
Schwiegervater, Serban Kantakuzen, Fürst
in der Walachey, hatte unter Muhämmed
dem IIII von dem Thale eine Mauer 25 El-
len hoch aufführen und den Boden zu einem
Garten eben machen lassen, auch schon die
erste Wand von diesem Hause mit Kosten von
35000 Kaiserkronen errichtet, als derselbe
Befehl bekam, nicht weiter fortzufahren, weil
er bereits in den kaiserlichen Palast, Terschane
Seraj genennet, sehen könnte. Endlich er-
hielte ich durch Fürbitte des obersten Weßirs,
Ali Paschas, die Erlaubniß von dem Kaiser,
den Bau an meinem Palaste auf den alten
Grund fortzusetzen. Ich hatte aber denselben
kaum zu Stande gebracht: so wurde ich in
das Fürstenthum Moldau gleichsam hinaus
gestoßen.
18 Ebu Ejjub Ensari] Dieses ist auch
der Name einer Vorstadt, von dem Grabmale
Ejjub Ensaris also genennet, das oben am
Anfange des innern Hafens lieget, da der
Fluß Kjagiß Chane* sich in denselben ergie-
ßet. Nicht weit von diesem Orte stund ehe-
dem das Kloster Blachernä, das der Jung-
frau Maria gewidmet und wegen vieler Wun-
der berühmt war: itzo ist dasselbe von dem
Sultan den Zigeunern zur Wohnung einge-

gen,
* auf deutsch, die Papiermühle.
U

7. Muhaͤmmed der II
Der Sultan iſt begierig, dieſe Vorherverkuͤndigung zu erfuͤllen, und erſuchet
Scheich Akſchemſuͤddin, der aus goͤttlichem Antriebe (wie vorgegeben wird)
den Kaiſer allenthalben begleitete, es bey Gott durch ſein Gebet dahin zu brin-
[Spaltenumbruch]
verderbten Benennung, Wlak Seraj), in ei-
nen Dſchami verwandelt, unter dem Namen
Fetihje, und in kurzem auch alle die uͤbrigen
nach einander. Ich habe es fuͤr dienlich ge-
achtet, dieſe Umſtaͤnde aus dem vorerwaͤhn-
ten tuͤrkiſchen Geſchichtſchreiber anzufuͤhren,
die deſto mehr Achtung verdienen, weil keiner
von den uͤbrigen tuͤrkiſchen Schriftſtellern die
chriſtlichen Sachen mit mehrerer Sorgfalt
und Beſcheidenheit erzaͤhlet. Dieſes Buch
habe ich bey einem Griechen zu Philippopel
angetroffen: außer dieſem iſt mir niemals
eine andere Abſchrift davon zu Geſichte ge-
kommen. Nach meinem Abzuge iſt es zu
Conſtantinopel geblieben, und ſint der Zeit,
wie ich vernehme, Johann Maurokordatus,
der gegenwaͤrtig Dolmetſcher an dem osma-
niſchen Hofe iſt, in die Haͤnde gerathen, nebſt
noch andern Sammlungen von mir, welche
die Statsgeſchaͤffte und Sitten der Tuͤrken
betreffen. Von allen denen Kirchen, die
die Chriſten beynahe ein ganzes Jahrhundert
lang nach der klaͤglichen Eroberung von Con-
ſtantinopel im Beſitze gehabt haben, wurde
ihnen nicht mehr als eine einzige von Selim
gelaſſen, und dieſes aus Gewogenheit gegen
einen gewiſſen griechiſchen Baumeiſter, der
fuͤr Selim zu Adrianopel einen großen und
ſchoͤnen Tempel gebauet hatte. Er war ein
Vetter von einem andern Baumeiſter, dem
Sultan Muhaͤmmed der II die Beſorgung ei-
nes Dſchami, den er zu Conſtantinopel bauen
ließ, anvertrauete, und wegen redlicher Aus-
fuͤhrung dieſes Werks die vorerwaͤhnte Kirche
ſchenkte, nebſt der ganzen Straße, darinnen
ſie ſtehet: von welcher Begnadigung bis auf
[Spaltenumbruch]
den heutigen Tag eine echte Urkunde in dem
Schatze dieſer Kirche verwahret wird. Als
ich zu Conſtantinopel war: ſo bauete ich
nicht weit von dieſer Gegend einen Palaſt,
auf einem hohen Huͤgel, Sandſchaktar Jo-
kuſchi genennet. Das Gebaͤude war recht
ſchoͤn, und hatte eine Ausſicht beynahe uͤber
die ganze Stadt und die Vorſtaͤdte. Mein
Schwiegervater, Serban Kantakuzen, Fuͤrſt
in der Walachey, hatte unter Muhaͤmmed
dem IIII von dem Thale eine Mauer 25 El-
len hoch auffuͤhren und den Boden zu einem
Garten eben machen laſſen, auch ſchon die
erſte Wand von dieſem Hauſe mit Koſten von
35000 Kaiſerkronen errichtet, als derſelbe
Befehl bekam, nicht weiter fortzufahren, weil
er bereits in den kaiſerlichen Palaſt, Terschane
Seraj genennet, ſehen koͤnnte. Endlich er-
hielte ich durch Fuͤrbitte des oberſten Weßirs,
Ali Paſchas, die Erlaubniß von dem Kaiſer,
den Bau an meinem Palaſte auf den alten
Grund fortzuſetzen. Ich hatte aber denſelben
kaum zu Stande gebracht: ſo wurde ich in
das Fuͤrſtenthum Moldau gleichſam hinaus
geſtoßen.
18 Ebu Ejjub Enſari] Dieſes iſt auch
der Name einer Vorſtadt, von dem Grabmale
Ejjub Enſaris alſo genennet, das oben am
Anfange des innern Hafens lieget, da der
Fluß Kjagiß Chane* ſich in denſelben ergie-
ßet. Nicht weit von dieſem Orte ſtund ehe-
dem das Kloſter Blachernaͤ, das der Jung-
frau Maria gewidmet und wegen vieler Wun-
der beruͤhmt war: itzo iſt daſſelbe von dem
Sultan den Zigeunern zur Wohnung einge-

gen,
* auf deutſch, die Papiermuͤhle.
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[153/0237] 7. Muhaͤmmed der II Der Sultan iſt begierig, dieſe Vorherverkuͤndigung zu erfuͤllen, und erſuchet Scheich Akſchemſuͤddin, der aus goͤttlichem Antriebe (wie vorgegeben wird) den Kaiſer allenthalben begleitete, es bey Gott durch ſein Gebet dahin zu brin- gen, verderbten Benennung, Wlak Seraj), in ei- nen Dſchami verwandelt, unter dem Namen Fetihje, und in kurzem auch alle die uͤbrigen nach einander. Ich habe es fuͤr dienlich ge- achtet, dieſe Umſtaͤnde aus dem vorerwaͤhn- ten tuͤrkiſchen Geſchichtſchreiber anzufuͤhren, die deſto mehr Achtung verdienen, weil keiner von den uͤbrigen tuͤrkiſchen Schriftſtellern die chriſtlichen Sachen mit mehrerer Sorgfalt und Beſcheidenheit erzaͤhlet. Dieſes Buch habe ich bey einem Griechen zu Philippopel angetroffen: außer dieſem iſt mir niemals eine andere Abſchrift davon zu Geſichte ge- kommen. Nach meinem Abzuge iſt es zu Conſtantinopel geblieben, und ſint der Zeit, wie ich vernehme, Johann Maurokordatus, der gegenwaͤrtig Dolmetſcher an dem osma- niſchen Hofe iſt, in die Haͤnde gerathen, nebſt noch andern Sammlungen von mir, welche die Statsgeſchaͤffte und Sitten der Tuͤrken betreffen. Von allen denen Kirchen, die die Chriſten beynahe ein ganzes Jahrhundert lang nach der klaͤglichen Eroberung von Con- ſtantinopel im Beſitze gehabt haben, wurde ihnen nicht mehr als eine einzige von Selim gelaſſen, und dieſes aus Gewogenheit gegen einen gewiſſen griechiſchen Baumeiſter, der fuͤr Selim zu Adrianopel einen großen und ſchoͤnen Tempel gebauet hatte. Er war ein Vetter von einem andern Baumeiſter, dem Sultan Muhaͤmmed der II die Beſorgung ei- nes Dſchami, den er zu Conſtantinopel bauen ließ, anvertrauete, und wegen redlicher Aus- fuͤhrung dieſes Werks die vorerwaͤhnte Kirche ſchenkte, nebſt der ganzen Straße, darinnen ſie ſtehet: von welcher Begnadigung bis auf den heutigen Tag eine echte Urkunde in dem Schatze dieſer Kirche verwahret wird. Als ich zu Conſtantinopel war: ſo bauete ich nicht weit von dieſer Gegend einen Palaſt, auf einem hohen Huͤgel, Sandſchaktar Jo- kuſchi genennet. Das Gebaͤude war recht ſchoͤn, und hatte eine Ausſicht beynahe uͤber die ganze Stadt und die Vorſtaͤdte. Mein Schwiegervater, Serban Kantakuzen, Fuͤrſt in der Walachey, hatte unter Muhaͤmmed dem IIII von dem Thale eine Mauer 25 El- len hoch auffuͤhren und den Boden zu einem Garten eben machen laſſen, auch ſchon die erſte Wand von dieſem Hauſe mit Koſten von 35000 Kaiſerkronen errichtet, als derſelbe Befehl bekam, nicht weiter fortzufahren, weil er bereits in den kaiſerlichen Palaſt, Terschane Seraj genennet, ſehen koͤnnte. Endlich er- hielte ich durch Fuͤrbitte des oberſten Weßirs, Ali Paſchas, die Erlaubniß von dem Kaiſer, den Bau an meinem Palaſte auf den alten Grund fortzuſetzen. Ich hatte aber denſelben kaum zu Stande gebracht: ſo wurde ich in das Fuͤrſtenthum Moldau gleichſam hinaus geſtoßen. ¹⁸ Ebu Ejjub Enſari] Dieſes iſt auch der Name einer Vorſtadt, von dem Grabmale Ejjub Enſaris alſo genennet, das oben am Anfange des innern Hafens lieget, da der Fluß Kjagiß Chane * ſich in denſelben ergie- ßet. Nicht weit von dieſem Orte ſtund ehe- dem das Kloſter Blachernaͤ, das der Jung- frau Maria gewidmet und wegen vieler Wun- der beruͤhmt war: itzo iſt daſſelbe von dem Sultan den Zigeunern zur Wohnung einge- raͤumet. * auf deutſch, die Papiermuͤhle. U

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/237>, abgerufen am 23.11.2024.