Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.Osmanische Geschichte Muhämmedmachet sich die Walachen zins-bar. 8. Nachdem nun Muhämmed alle seine Feinde in Asien kraftlos gemacht 7 zu Amasia] Es scheinet, es habe der- selbe diesen Palast zu Amasia nicht zu dem Ende aufgeführet, den Sitz des Reiches da- hin zu verlegen: sondern nur, sich dessen zur Einsamkeit und zum Vergnügen zu bedienen. Der Hauptsitz der Sultane ist niemals da- selbst gewesen, sondern es ist bloß zur Abfin- dung junger Herren gebraucht worden. 8 Sewerin] Ein Schloß, das itzo durch [Spaltenumbruch]
die Länge der Zeit verfallen ist, und noch seine alte Benennung behält, vielleicht von einem gewissen römischen Statthalter, oder von einem andern Fürsten dieses Namens, der es erbauet hat. An dem Orte, da es heutiges Tages zu sehen ist, hat Trajan, als er gegen die Scythen zu Felde zog, eine stei- nerne Brücke von vortrefflicher Arbeit über die Donau bauen lassen, deren Grundmau- ren sich noch itzo in dem Bette des Flusses zeigen. In meiner Beschreibung von Mol- dau werde ich hievon ausführlicher handeln. 9 Kale] Heutiges Tages ist keine Stadt dieses Namens in diesen Gegenden anzutref- fer. Weil es aber hier zwischen Saktsche und Girgiow gesetzet wird, beyde Städte an der Donau, davon die erstere an die Wala- chey, und die letztere an die Moldau grenzet: so glaube ich, daß die Stadt Taja oder das Schloß Tültsche darunter zu verstehen sey. 10 jährlichen Tributs] Es kann nicht geleugnet werden, daß die Walachen den Türken nach dem Rechte der Waffen unter- worfen sind: daher war es auch vor nicht gar langer Zeit daselbst gewöhnlich, daß die Salzgruben und Zollzeddel aus der kaiserli- chen Schatzkammer verkauft wurden. Als man aber unter dem Fürsten Matthäus den jährlichen Tribut bis auf 50000 Kaiserkronen erhöhete: so wurden dieselben dem Fürstenthu- me wieder eingeräumet. Die Moldauer aber, die sich freywillig unter den Schutz der Tür- ken begeben haben, machten noch unter dem Fürsten Peter, mit dem Zunamen Rares, 9. Die
Osmaniſche Geſchichte Muhaͤmmedmachet ſich die Walachen zins-bar. 8. Nachdem nun Muhaͤmmed alle ſeine Feinde in Aſien kraftlos gemacht 7 zu Amaſia] Es ſcheinet, es habe der- ſelbe dieſen Palaſt zu Amaſia nicht zu dem Ende aufgefuͤhret, den Sitz des Reiches da- hin zu verlegen: ſondern nur, ſich deſſen zur Einſamkeit und zum Vergnuͤgen zu bedienen. Der Hauptſitz der Sultane iſt niemals da- ſelbſt geweſen, ſondern es iſt bloß zur Abfin- dung junger Herren gebraucht worden. 8 Sewerin] Ein Schloß, das itzo durch [Spaltenumbruch]
die Laͤnge der Zeit verfallen iſt, und noch ſeine alte Benennung behaͤlt, vielleicht von einem gewiſſen roͤmiſchen Statthalter, oder von einem andern Fuͤrſten dieſes Namens, der es erbauet hat. An dem Orte, da es heutiges Tages zu ſehen iſt, hat Trajan, als er gegen die Scythen zu Felde zog, eine ſtei- nerne Bruͤcke von vortrefflicher Arbeit uͤber die Donau bauen laſſen, deren Grundmau- ren ſich noch itzo in dem Bette des Fluſſes zeigen. In meiner Beſchreibung von Mol- dau werde ich hievon ausfuͤhrlicher handeln. 9 Kale] Heutiges Tages iſt keine Stadt dieſes Namens in dieſen Gegenden anzutref- fer. Weil es aber hier zwiſchen Saktſche und Girgiow geſetzet wird, beyde Staͤdte an der Donau, davon die erſtere an die Wala- chey, und die letztere an die Moldau grenzet: ſo glaube ich, daß die Stadt Taja oder das Schloß Tuͤltſche darunter zu verſtehen ſey. 10 jaͤhrlichen Tributs] Es kann nicht geleugnet werden, daß die Walachen den Tuͤrken nach dem Rechte der Waffen unter- worfen ſind: daher war es auch vor nicht gar langer Zeit daſelbſt gewoͤhnlich, daß die Salzgruben und Zollzeddel aus der kaiſerli- chen Schatzkammer verkauft wurden. Als man aber unter dem Fuͤrſten Matthaͤus den jaͤhrlichen Tribut bis auf 50000 Kaiſerkronen erhoͤhete: ſo wurden dieſelben dem Fuͤrſtenthu- me wieder eingeraͤumet. Die Moldauer aber, die ſich freywillig unter den Schutz der Tuͤr- ken begeben haben, machten noch unter dem Fuͤrſten Peter, mit dem Zunamen Rares, 9. Die
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Osmaniſche Geſchichte
8. Nachdem nun Muhaͤmmed alle ſeine Feinde in Aſien kraftlos gemacht
hatte: ſo verſammelte er ſeine europaͤiſchen und aſiatiſchen Truppen, und begab
ſich damit von Pruſa nach Adrianopel. Von hier thut er einen Zug gegen die
Walachen, wirft ihr Kriegesheer uͤber einen Haufen, und verwuͤſtet einen gro-
ßen Theil des Landes. Nimmt hierauf Sewerin
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ein (an welchem Orte eine
Bruͤcke iſt, die von Trajan erbauet ſeyn ſoll), imgleichen die Schloͤſſer Saktſche
und Kale
⁹
, an der andern Seite der Donau gelegen, und verſtaͤrket Girgiow
mit neuen Feſtungswerken und einer guten Beſatzung: ſo daß die Walachen
nicht mehr uͤber die Donau kommen konnten. Weil ſie nun auf dieſe Weiſe
eingeſperret, und bey ihrem Mangel an Kriegesvorrathe durch des Feindes
Schwert verfolget werden, auch an Erhaltung ihrer Freyheit verzagen: ſo er-
kaufen ſie ihre Sicherheit durch Verſprechung eines jaͤhrlichen Tributs
¹⁰
, wegen
deſſen Entrichtung der Kaiſer die zweene Soͤhne des Fuͤrſten und drey von
den Vornehmſten des Landes zu Geißeln bekommt. Hierauf kehret er wieder
nach Adrianopel zuruͤck.
9. Die
⁷ zu Amaſia] Es ſcheinet, es habe der-
ſelbe dieſen Palaſt zu Amaſia nicht zu dem
Ende aufgefuͤhret, den Sitz des Reiches da-
hin zu verlegen: ſondern nur, ſich deſſen zur
Einſamkeit und zum Vergnuͤgen zu bedienen.
Der Hauptſitz der Sultane iſt niemals da-
ſelbſt geweſen, ſondern es iſt bloß zur Abfin-
dung junger Herren gebraucht worden.
⁸ Sewerin] Ein Schloß, das itzo durch
die Laͤnge der Zeit verfallen iſt, und noch
ſeine alte Benennung behaͤlt, vielleicht von
einem gewiſſen roͤmiſchen Statthalter, oder
von einem andern Fuͤrſten dieſes Namens,
der es erbauet hat. An dem Orte, da es
heutiges Tages zu ſehen iſt, hat Trajan, als
er gegen die Scythen zu Felde zog, eine ſtei-
nerne Bruͤcke von vortrefflicher Arbeit uͤber
die Donau bauen laſſen, deren Grundmau-
ren ſich noch itzo in dem Bette des Fluſſes
zeigen. In meiner Beſchreibung von Mol-
dau werde ich hievon ausfuͤhrlicher handeln.
⁹ Kale] Heutiges Tages iſt keine Stadt
dieſes Namens in dieſen Gegenden anzutref-
fer. Weil es aber hier zwiſchen Saktſche
und Girgiow geſetzet wird, beyde Staͤdte an
der Donau, davon die erſtere an die Wala-
chey, und die letztere an die Moldau grenzet:
ſo glaube ich, daß die Stadt Taja oder das
Schloß Tuͤltſche darunter zu verſtehen ſey.
¹⁰ jaͤhrlichen Tributs] Es kann nicht
geleugnet werden, daß die Walachen den
Tuͤrken nach dem Rechte der Waffen unter-
worfen ſind: daher war es auch vor nicht
gar langer Zeit daſelbſt gewoͤhnlich, daß die
Salzgruben und Zollzeddel aus der kaiſerli-
chen Schatzkammer verkauft wurden. Als
man aber unter dem Fuͤrſten Matthaͤus den
jaͤhrlichen Tribut bis auf 50000 Kaiſerkronen
erhoͤhete: ſo wurden dieſelben dem Fuͤrſtenthu-
me wieder eingeraͤumet. Die Moldauer aber,
die ſich freywillig unter den Schutz der Tuͤr-
ken begeben haben, machten noch unter dem
Fuͤrſten Peter, mit dem Zunamen Rares,
dem
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