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[Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700.

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Und was für eine Bruth/ man allenthalben heckt/
So weit sich das Gebieth des Teutschen Bodens streckt.
Durch Opitzs stillen Bach gehn wir mit trocknen Füssen/
Wo sieht man Hoffmanns Brund/ und Lohnsteins Ströh-
me fliessen?

Und/ nehm ich Bessern aus/ wem ist wol mehr vergönnt/
Daß er den wahren Quell der Hyppocrene kennt?
Wer itzt aus Pfützen trinckt/ tritt in Poeten Orden/
So daß der Helicon ein Blocksberg ist geworden/
Auf welchem das Geheul des wilden Pans erthönt/
Der seine Sänger-Zunfft mit Hasen-Pappeln krönt.
Vor alters/ wo mir recht/ ward nie ein Held besungen/
Wenn er nicht durch Verdienst sich in die Höh geschwun-
gen;

Und eine Redens-Art die göttlich solte seyn/
Die ward zu solcher Zeit den Sclaven nicht gemein.
Wo lebt itzt der Poet/ der dis Geheimniß schonet?
So bald er einen merckt/ der ihm die Arbeit lohnet/
Wird seinem Pegasus der Sattel aufgelegt/
Der ein erkaufftes Lob biß an den Himmel trägt;
Den wir mit solcher Post so offt zum Zorne reitzen/
Und öffter noch vielleicht/ als sich die Sterne schneutzen.
Daß grossen theils die Welt in träger Lust verdirbt/
Und sich um wahren Ruhm so selten mehr bewirbt/
Ist der Poeten Schuld: Der Weyrauch wird verschwen-
det/

Und manchem Leib und Seel um die Gebühr verpfändet/
Daß die Unsterblichkeit ihm nimmer fehlen kan/
Der wie ein Erden Schwam sich kaum hervor gethan/
Und den sonst anders nichts vom Pöbel unterscheidet/
Als daß ein blöder Fürst ihn an der Seite leidet/
Da er für jedes Loth/ das ihm an Tugend fehlt/
Ein Pfund des eitlen Glücks und schnöden Goldes
zehlt.

Man denckt und schreibt nicht mehr/ was sich zur Sache
schicket/
Es
Und was fuͤr eine Bruth/ man allenthalben heckt/
So weit ſich das Gebieth des Teutſchen Bodens ſtreckt.
Durch Opitzs ſtillen Bach gehn wir mit trocknen Fuͤſſen/
Wo ſieht man Hoffmanns Bruñ/ und Lohnſteins Stroͤh-
me flieſſen?

Und/ nehm ich Beſſern aus/ wem iſt wol mehr vergoͤnnt/
Daß er den wahren Quell der Hyppocrene kennt?
Wer itzt aus Pfuͤtzen trinckt/ tritt in Poeten Orden/
So daß der Helicon ein Blocksberg iſt geworden/
Auf welchem das Geheul des wilden Pans erthoͤnt/
Der ſeine Saͤnger-Zunfft mit Haſen-Pappeln kroͤnt.
Vor alters/ wo mir recht/ ward nie ein Held beſungen/
Wenn er nicht durch Verdienſt ſich in die Hoͤh geſchwun-
gen;

Und eine Redens-Art die goͤttlich ſolte ſeyn/
Die ward zu ſolcher Zeit den Sclaven nicht gemein.
Wo lebt itzt der Poet/ der dis Geheimniß ſchonet?
So bald er einen merckt/ der ihm die Arbeit lohnet/
Wird ſeinem Pegaſus der Sattel aufgelegt/
Der ein erkaufftes Lob biß an den Himmel traͤgt;
Den wir mit ſolcher Poſt ſo offt zum Zorne reitzen/
Und oͤffter noch vielleicht/ als ſich die Sterne ſchneutzen.
Daß groſſen theils die Welt in traͤger Luſt verdirbt/
Und ſich um wahren Ruhm ſo ſelten mehr bewirbt/
Iſt der Poeten Schuld: Der Weyrauch wird verſchwen-
det/

Und manchem Leib und Seel um die Gebuͤhr verpfaͤndet/
Daß die Unſterblichkeit ihm nimmer fehlen kan/
Der wie ein Erden Schwam ſich kaum hervor gethan/
Und den ſonſt anders nichts vom Poͤbel unterſcheidet/
Als daß ein bloͤder Fuͤrſt ihn an der Seite leidet/
Da er fuͤr jedes Loth/ das ihm an Tugend fehlt/
Ein Pfund des eitlen Gluͤcks und ſchnoͤden Goldes
zehlt.

Man denckt und ſchreibt nicht mehr/ was ſich zur Sache
ſchicket/
Es
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[64/0077] Und was fuͤr eine Bruth/ man allenthalben heckt/ So weit ſich das Gebieth des Teutſchen Bodens ſtreckt. Durch Opitzs ſtillen Bach gehn wir mit trocknen Fuͤſſen/ Wo ſieht man Hoffmanns Bruñ/ und Lohnſteins Stroͤh- me flieſſen? Und/ nehm ich Beſſern aus/ wem iſt wol mehr vergoͤnnt/ Daß er den wahren Quell der Hyppocrene kennt? Wer itzt aus Pfuͤtzen trinckt/ tritt in Poeten Orden/ So daß der Helicon ein Blocksberg iſt geworden/ Auf welchem das Geheul des wilden Pans erthoͤnt/ Der ſeine Saͤnger-Zunfft mit Haſen-Pappeln kroͤnt. Vor alters/ wo mir recht/ ward nie ein Held beſungen/ Wenn er nicht durch Verdienſt ſich in die Hoͤh geſchwun- gen; Und eine Redens-Art die goͤttlich ſolte ſeyn/ Die ward zu ſolcher Zeit den Sclaven nicht gemein. Wo lebt itzt der Poet/ der dis Geheimniß ſchonet? So bald er einen merckt/ der ihm die Arbeit lohnet/ Wird ſeinem Pegaſus der Sattel aufgelegt/ Der ein erkaufftes Lob biß an den Himmel traͤgt; Den wir mit ſolcher Poſt ſo offt zum Zorne reitzen/ Und oͤffter noch vielleicht/ als ſich die Sterne ſchneutzen. Daß groſſen theils die Welt in traͤger Luſt verdirbt/ Und ſich um wahren Ruhm ſo ſelten mehr bewirbt/ Iſt der Poeten Schuld: Der Weyrauch wird verſchwen- det/ Und manchem Leib und Seel um die Gebuͤhr verpfaͤndet/ Daß die Unſterblichkeit ihm nimmer fehlen kan/ Der wie ein Erden Schwam ſich kaum hervor gethan/ Und den ſonſt anders nichts vom Poͤbel unterſcheidet/ Als daß ein bloͤder Fuͤrſt ihn an der Seite leidet/ Da er fuͤr jedes Loth/ das ihm an Tugend fehlt/ Ein Pfund des eitlen Gluͤcks und ſchnoͤden Goldes zehlt. Man denckt und ſchreibt nicht mehr/ was ſich zur Sache ſchicket/ Es

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Zitationshilfe: [Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/canitz_gedichte_1700/77>, abgerufen am 07.05.2024.