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[Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700.

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Ich wolte manchen Ort/ der bey der späten Welt
Berühmt verbleiben wird/ mit Lust und Fleiß bemercken/
Dort wo der Feind versucht die Seinige zustärcken/
Doch wie ein schüchtern Wild in Tod und Stricke fällt;
Hier wo die Unsrige zuletzt die Stadt ersteigen/
Wenn er nur alles das mir selber könte zeigen!

3.
Jetz und betrüben mich die umgewühlte Mauren;
Nicht den verdienten Lohn des Mein-Eyds zu bedauren/
Den sich der Himmel selbst zu straffen ausgerüstt;
Es müsse ferner noch der Hund dem Adler weichen!
Man jauchtzt mit gutem Recht bey diesem Sieges-Zeichen
Ich weine/ weil es dem ein Sterb-Mahl worden ist/
Den ich so sehr geliebt/ und kan nicht ohne Grauen/
Bey diesem grossen Glück/ mein gröstes Unglück schauen.
4.
Mich deucht/ daß er mir noch vor dem Gesichte schwebet/
Und daß sein froher Geist den Cörper noch belebet/
Daß ihm die Redlichkeit noch aus den Augen sieht;
Ich stelle mir noch vor die angenehme Stunden/
Die in vertrauter Lust uns manches mahl verschwunden/
Daß Anmuth und Verstand auf seinen Lippen blüht/
Daß er noch wie vorhin/ mit dem/ was er beginnet/
Den Beyfall und die Gunst von jedermann gewinnet.
5.
Wohin erst mancher kaum nach langem Schweiß ge-
diehen/

Das war ihm alles schon in erster Milch verliehen/
Es schien als hätt er sich auf anders nichts gelegt/
Als durch sein höfflich-seyn den Hoff allein zu zieren;
Doch wer ihn sah das Volck in Stahl und Flamme führen/
Wo donnerndes Metall die Erd und Lufft bewegt/
Und
D 5

Ich wolte manchen Ort/ der bey der ſpaͤten Welt
Beruͤhmt verbleiben wird/ mit Luſt und Fleiß bemercken/
Dort wo der Feind verſucht die Seinige zuſtaͤrcken/
Doch wie ein ſchuͤchtern Wild in Tod und Stricke faͤllt;
Hier wo die Unſrige zuletzt die Stadt erſteigen/
Wenn er nur alles das mir ſelber koͤnte zeigen!

3.
Jetz und betruͤben mich die umgewuͤhlte Mauren;
Nicht den verdienten Lohn des Mein-Eyds zu bedauren/
Den ſich der Himmel ſelbſt zu ſtraffen ausgeruͤſtt;
Es muͤſſe ferner noch der Hund dem Adler weichen!
Man jauchtzt mit gutem Recht bey dieſem Sieges-Zeichẽ
Ich weine/ weil es dem ein Sterb-Mahl worden iſt/
Den ich ſo ſehr geliebt/ und kan nicht ohne Grauen/
Bey dieſem groſſen Gluͤck/ mein groͤſtes Ungluͤck ſchauen.
4.
Mich deucht/ daß er mir noch vor dem Geſichte ſchwebet/
Und daß ſein froher Geiſt den Coͤrper noch belebet/
Daß ihm die Redlichkeit noch aus den Augen ſieht;
Ich ſtelle mir noch vor die angenehme Stunden/
Die in vertrauter Luſt uns manches mahl verſchwunden/
Daß Anmuth und Verſtand auf ſeinen Lippen bluͤht/
Daß er noch wie vorhin/ mit dem/ was er beginnet/
Den Beyfall und die Gunſt von jedermann gewinnet.
5.
Wohin erſt mancher kaum nach langem Schweiß ge-
diehen/

Das war ihm alles ſchon in erſter Milch verliehen/
Es ſchien als haͤtt er ſich auf anders nichts gelegt/
Als durch ſein hoͤfflich-ſeyn den Hoff allein zu zieren;
Doch wer ihn ſah das Volck in Stahl und Flam̃e fuͤhren/
Wo donnerndes Metall die Erd und Lufft bewegt/
Und
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[57/0070] Ich wolte manchen Ort/ der bey der ſpaͤten Welt Beruͤhmt verbleiben wird/ mit Luſt und Fleiß bemercken/ Dort wo der Feind verſucht die Seinige zuſtaͤrcken/ Doch wie ein ſchuͤchtern Wild in Tod und Stricke faͤllt; Hier wo die Unſrige zuletzt die Stadt erſteigen/ Wenn er nur alles das mir ſelber koͤnte zeigen! 3. Jetz und betruͤben mich die umgewuͤhlte Mauren; Nicht den verdienten Lohn des Mein-Eyds zu bedauren/ Den ſich der Himmel ſelbſt zu ſtraffen ausgeruͤſtt; Es muͤſſe ferner noch der Hund dem Adler weichen! Man jauchtzt mit gutem Recht bey dieſem Sieges-Zeichẽ Ich weine/ weil es dem ein Sterb-Mahl worden iſt/ Den ich ſo ſehr geliebt/ und kan nicht ohne Grauen/ Bey dieſem groſſen Gluͤck/ mein groͤſtes Ungluͤck ſchauen. 4. Mich deucht/ daß er mir noch vor dem Geſichte ſchwebet/ Und daß ſein froher Geiſt den Coͤrper noch belebet/ Daß ihm die Redlichkeit noch aus den Augen ſieht; Ich ſtelle mir noch vor die angenehme Stunden/ Die in vertrauter Luſt uns manches mahl verſchwunden/ Daß Anmuth und Verſtand auf ſeinen Lippen bluͤht/ Daß er noch wie vorhin/ mit dem/ was er beginnet/ Den Beyfall und die Gunſt von jedermann gewinnet. 5. Wohin erſt mancher kaum nach langem Schweiß ge- diehen/ Das war ihm alles ſchon in erſter Milch verliehen/ Es ſchien als haͤtt er ſich auf anders nichts gelegt/ Als durch ſein hoͤfflich-ſeyn den Hoff allein zu zieren; Doch wer ihn ſah das Volck in Stahl und Flam̃e fuͤhren/ Wo donnerndes Metall die Erd und Lufft bewegt/ Und D 5

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Zitationshilfe: [Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/canitz_gedichte_1700/70>, abgerufen am 07.05.2024.