Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844.Dort flammen Tulpen aus der schwarzen Erde, Doch sieh! die wahre Wurzel ihrer Prachten Ruht im Zusammenhang der Weltortnungen, Und Himmelshauche sind's die sie entfachten. Des allgemeinen schöpferischen Werde Sind sie ein Ausdruck in besondern Zungen, Aus Gottes Mund entsprungen Und darum also schön und wunderprächtig. O Wort, das uns in Jesu ist erschienen, Du bist's, du brennst in ihnen! An heil'ger Stätte steh' ich tiefandächtig Gleich jenem Frommen, dem du glutentzündet Erschienst im Dornbusch, wie die Vorwelt kündet. Ihr kleinen weißen Erdbeerblüten wecket
Erinnern das wie Himmelblau erheitert. Hat nicht dem Bernardin de St. Pierre Ein Erdbeerstock zum Weltall sich erweitert Und jenes Ueberschwängliche entdecket, Das Mittelpunkt ist jeder Wesensphäre? Ist schwerer Herzensleere Dies arme Kraut zum Mittler nicht geworden? Anbetung dir, Sohn Gottes, eingeborner, In Allem unverlorner! Du strömst einher in alles Lebens Borden! Wo Schönes unsern Blicken sich entfaltet, Ist's das Unendliche das endlich waltet. 2 *
Dort flammen Tulpen aus der ſchwarzen Erde, Doch ſieh! die wahre Wurzel ihrer Prachten Ruht im Zuſammenhang der Weltortnungen, Und Himmelshauche ſind's die ſie entfachten. Des allgemeinen ſchöpferiſchen Werde Sind ſie ein Ausdruck in beſondern Zungen, Aus Gottes Mund entſprungen Und darum alſo ſchön und wunderprächtig. O Wort, das uns in Jeſu iſt erſchienen, Du biſt's, du brennſt in ihnen! An heil'ger Stätte ſteh' ich tiefandächtig Gleich jenem Frommen, dem du glutentzündet Erſchienſt im Dornbuſch, wie die Vorwelt kündet. Ihr kleinen weißen Erdbeerblüten wecket
Erinnern das wie Himmelblau erheitert. Hat nicht dem Bernardin de St. Pierre Ein Erdbeerſtock zum Weltall ſich erweitert Und jenes Ueberſchwängliche entdecket, Das Mittelpunkt iſt jeder Weſenſphäre? Iſt ſchwerer Herzensleere Dies arme Kraut zum Mittler nicht geworden? Anbetung dir, Sohn Gottes, eingeborner, In Allem unverlorner! Du ſtrömſt einher in alles Lebens Borden! Wo Schönes unſern Blicken ſich entfaltet, Iſt's das Unendliche das endlich waltet. 2 *
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0041" n="27"/> <lg n="6"> <l>Dort flammen Tulpen aus der ſchwarzen Erde,</l><lb/> <l>Doch ſieh! die wahre Wurzel ihrer Prachten</l><lb/> <l>Ruht im Zuſammenhang der Weltortnungen,</l><lb/> <l>Und Himmelshauche ſind's die ſie entfachten.</l><lb/> <l>Des allgemeinen ſchöpferiſchen Werde</l><lb/> <l>Sind ſie ein Ausdruck in beſondern Zungen,</l><lb/> <l>Aus Gottes Mund entſprungen</l><lb/> <l>Und darum alſo ſchön und wunderprächtig.</l><lb/> <l>O Wort, das uns in Jeſu iſt erſchienen,</l><lb/> <l>Du biſt's, du brennſt in ihnen!</l><lb/> <l>An heil'ger Stätte ſteh' ich tiefandächtig</l><lb/> <l>Gleich jenem Frommen, dem du glutentzündet</l><lb/> <l>Erſchienſt im Dornbuſch, wie die Vorwelt kündet.</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Ihr kleinen weißen Erdbeerblüten wecket</l><lb/> <l>Erinnern das wie Himmelblau erheitert.</l><lb/> <l>Hat nicht dem Bernardin de St. Pierre</l><lb/> <l>Ein Erdbeerſtock zum Weltall ſich erweitert</l><lb/> <l>Und jenes Ueberſchwängliche entdecket,</l><lb/> <l>Das Mittelpunkt iſt jeder Weſenſphäre?</l><lb/> <l>Iſt ſchwerer Herzensleere</l><lb/> <l>Dies arme Kraut zum Mittler nicht geworden?</l><lb/> <l>Anbetung dir, Sohn Gottes, eingeborner,</l><lb/> <l>In Allem unverlorner!</l><lb/> <l>Du ſtrömſt einher in alles Lebens Borden!</l><lb/> <l>Wo Schönes unſern Blicken ſich entfaltet,</l><lb/> <l>Iſt's das Unendliche das endlich waltet.</l><lb/> </lg> <fw place="bottom" type="sig">2 *<lb/></fw> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [27/0041]
Dort flammen Tulpen aus der ſchwarzen Erde,
Doch ſieh! die wahre Wurzel ihrer Prachten
Ruht im Zuſammenhang der Weltortnungen,
Und Himmelshauche ſind's die ſie entfachten.
Des allgemeinen ſchöpferiſchen Werde
Sind ſie ein Ausdruck in beſondern Zungen,
Aus Gottes Mund entſprungen
Und darum alſo ſchön und wunderprächtig.
O Wort, das uns in Jeſu iſt erſchienen,
Du biſt's, du brennſt in ihnen!
An heil'ger Stätte ſteh' ich tiefandächtig
Gleich jenem Frommen, dem du glutentzündet
Erſchienſt im Dornbuſch, wie die Vorwelt kündet.
Ihr kleinen weißen Erdbeerblüten wecket
Erinnern das wie Himmelblau erheitert.
Hat nicht dem Bernardin de St. Pierre
Ein Erdbeerſtock zum Weltall ſich erweitert
Und jenes Ueberſchwängliche entdecket,
Das Mittelpunkt iſt jeder Weſenſphäre?
Iſt ſchwerer Herzensleere
Dies arme Kraut zum Mittler nicht geworden?
Anbetung dir, Sohn Gottes, eingeborner,
In Allem unverlorner!
Du ſtrömſt einher in alles Lebens Borden!
Wo Schönes unſern Blicken ſich entfaltet,
Iſt's das Unendliche das endlich waltet.
2 *
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854/41 |
Zitationshilfe: | Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854/41>, abgerufen am 05.07.2024. |