etwas von ihren Mienen und Bewegungen abge- lernt. Ein neugeworbner unterscheidet sich im Regimente durch sein ungeschiktes Wesen. Er müßte aber unbeschreiblich dum sein, wenn er nicht in einem oder zween Monaten wenigstens die gemeinen Handübungen vornehmen, und wie ein Soldat aussehen könte.)
(Selbst die Kleider eines gesitteten Mannes sind einem Menschen von niedrigem Wesen eine beschwerliche Last. Er weiß nicht, was er mit seinem Hute anfangen sol, wenn er ihm nicht auf dem Kopfe steht. Sein Stok, wenn er zum Un- glük einen führt, ist in beständigem Kriege mit jeder Schale Thee oder Kaffee, die er trinkt; erst zerstößt er sie, alsdan fält er mit ihr auf die Erde. Sein Degen ist blos seinen eignen Beinen fürch- terlich, die ihn vielleicht geschwind genug jedem andern Degen aus dem Wege bringen würden, außer dem seinigen. Seine Kleider stehen ihm so schlecht, und thun ihm so vielen Zwang an, daß er vielmehr ihr Gefangner, als ihr Eigenthümer, zu sein scheint. In Geselschaft trit er so auf, wie ein armer Sünder vor Gerichte. Seine
bloße
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etwas von ihren Mienen und Bewegungen abge- lernt. Ein neugeworbner unterſcheidet ſich im Regimente durch ſein ungeſchiktes Weſen. Er muͤßte aber unbeſchreiblich dum ſein, wenn er nicht in einem oder zween Monaten wenigſtens die gemeinen Handuͤbungen vornehmen, und wie ein Soldat ausſehen koͤnte.)
(Selbſt die Kleider eines geſitteten Mannes ſind einem Menſchen von niedrigem Weſen eine beſchwerliche Laſt. Er weiß nicht, was er mit ſeinem Hute anfangen ſol, wenn er ihm nicht auf dem Kopfe ſteht. Sein Stok, wenn er zum Un- gluͤk einen fuͤhrt, iſt in beſtaͤndigem Kriege mit jeder Schale Thee oder Kaffee, die er trinkt; erſt zerſtoͤßt er ſie, alsdan faͤlt er mit ihr auf die Erde. Sein Degen iſt blos ſeinen eignen Beinen fuͤrch- terlich, die ihn vielleicht geſchwind genug jedem andern Degen aus dem Wege bringen wuͤrden, außer dem ſeinigen. Seine Kleider ſtehen ihm ſo ſchlecht, und thun ihm ſo vielen Zwang an, daß er vielmehr ihr Gefangner, als ihr Eigenthuͤmer, zu ſein ſcheint. In Geſelſchaft trit er ſo auf, wie ein armer Suͤnder vor Gerichte. Seine
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etwas von ihren Mienen und Bewegungen abge-
lernt. Ein neugeworbner unterſcheidet ſich im
Regimente durch ſein ungeſchiktes Weſen. Er
muͤßte aber unbeſchreiblich dum ſein, wenn er
nicht in einem oder zween Monaten wenigſtens
die gemeinen Handuͤbungen vornehmen, und wie
ein Soldat ausſehen koͤnte.)
(Selbſt die Kleider eines geſitteten Mannes
ſind einem Menſchen von niedrigem Weſen eine
beſchwerliche Laſt. Er weiß nicht, was er mit
ſeinem Hute anfangen ſol, wenn er ihm nicht auf
dem Kopfe ſteht. Sein Stok, wenn er zum Un-
gluͤk einen fuͤhrt, iſt in beſtaͤndigem Kriege mit
jeder Schale Thee oder Kaffee, die er trinkt; erſt
zerſtoͤßt er ſie, alsdan faͤlt er mit ihr auf die Erde.
Sein Degen iſt blos ſeinen eignen Beinen fuͤrch-
terlich, die ihn vielleicht geſchwind genug jedem
andern Degen aus dem Wege bringen wuͤrden,
außer dem ſeinigen. Seine Kleider ſtehen ihm ſo
ſchlecht, und thun ihm ſo vielen Zwang an, daß
er vielmehr ihr Gefangner, als ihr Eigenthuͤmer,
zu ſein ſcheint. In Geſelſchaft trit er ſo auf,
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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/93>, abgerufen am 27.07.2024.
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