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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.

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emporheben können, wirst immer so unbekant
und unbedeutend bleiben, als sie selbst sind.

Eitelkeit ist gleichfals eine große Versuchung,
sich zu solchen Geselschaften zu halten; denn der
Man von Stande ist sicher, daß er die erste
Person in der Geselschaft ist, und daß er bewun-
dert und geschmeichelt wird, obgleich er vielleicht
der größte Narr darin ist. Glaube aber nicht,
ich meine, wenn ich von gemeinen Leuten rede,
Leute von niedriger Geburt; denn Geburt achte
ich für gar nichts, und ich hoffe, du denkst hierin,
wie ich: sondern ich meine mit diesem Ausdruk
unbekante, unbedeutende Leute, ungekant und un-
gesehn von dem feinern Theile der Welt, Leute, die
durch kein Verdienst oder Talent sich auszeichnen,
als durch das, den ganzen Abend hindurch beim
Kruge zu sizen; denn Trinken ist gemeiniglich die
ganze thörigte und unanständige Beschäftigung
solcher Leute.

Noch gibt es eine andere Art von Geselschaf-
ten, die ich dir überhaupt zu vermeiden rathe, ob
es gleich unschädlich sein mag, sie dan und wan
einmahl zu sehen; ich meine die Geselschaft der

Possen-

emporheben koͤnnen, wirſt immer ſo unbekant
und unbedeutend bleiben, als ſie ſelbſt ſind.

Eitelkeit iſt gleichfals eine große Verſuchung,
ſich zu ſolchen Geſelſchaften zu halten; denn der
Man von Stande iſt ſicher, daß er die erſte
Perſon in der Geſelſchaft iſt, und daß er bewun-
dert und geſchmeichelt wird, obgleich er vielleicht
der groͤßte Narr darin iſt. Glaube aber nicht,
ich meine, wenn ich von gemeinen Leuten rede,
Leute von niedriger Geburt; denn Geburt achte
ich fuͤr gar nichts, und ich hoffe, du denkſt hierin,
wie ich: ſondern ich meine mit dieſem Ausdruk
unbekante, unbedeutende Leute, ungekant und un-
geſehn von dem feinern Theile der Welt, Leute, die
durch kein Verdienſt oder Talent ſich auszeichnen,
als durch das, den ganzen Abend hindurch beim
Kruge zu ſizen; denn Trinken iſt gemeiniglich die
ganze thoͤrigte und unanſtaͤndige Beſchaͤftigung
ſolcher Leute.

Noch gibt es eine andere Art von Geſelſchaf-
ten, die ich dir uͤberhaupt zu vermeiden rathe, ob
es gleich unſchaͤdlich ſein mag, ſie dan und wan
einmahl zu ſehen; ich meine die Geſelſchaft der

Poſſen-
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[38/0044] emporheben koͤnnen, wirſt immer ſo unbekant und unbedeutend bleiben, als ſie ſelbſt ſind. Eitelkeit iſt gleichfals eine große Verſuchung, ſich zu ſolchen Geſelſchaften zu halten; denn der Man von Stande iſt ſicher, daß er die erſte Perſon in der Geſelſchaft iſt, und daß er bewun- dert und geſchmeichelt wird, obgleich er vielleicht der groͤßte Narr darin iſt. Glaube aber nicht, ich meine, wenn ich von gemeinen Leuten rede, Leute von niedriger Geburt; denn Geburt achte ich fuͤr gar nichts, und ich hoffe, du denkſt hierin, wie ich: ſondern ich meine mit dieſem Ausdruk unbekante, unbedeutende Leute, ungekant und un- geſehn von dem feinern Theile der Welt, Leute, die durch kein Verdienſt oder Talent ſich auszeichnen, als durch das, den ganzen Abend hindurch beim Kruge zu ſizen; denn Trinken iſt gemeiniglich die ganze thoͤrigte und unanſtaͤndige Beſchaͤftigung ſolcher Leute. Noch gibt es eine andere Art von Geſelſchaf- ten, die ich dir uͤberhaupt zu vermeiden rathe, ob es gleich unſchaͤdlich ſein mag, ſie dan und wan einmahl zu ſehen; ich meine die Geſelſchaft der Poſſen-

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/44>, abgerufen am 29.03.2024.