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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

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wie der tägliche Verlust einiger Stunden, zu
zwekmäßigen Vorbereitungen angewandt, wirk-
licher Gewin ist. Eile mit Weile müsse daher
auch dein Wahlspruch sein.

Ehe du also an irgend eine Arbeit von
einiger Erheblichkeit gehst, nim dir Zeit,
dich gehörig zu sammeln; deine eingeschlum-
merten, oder auf zu vielfältige Gegenstände
vertheilten Selenkräfte aufzuwekken, und
einzuengen; deine Leidenschaften zu be-
sänftigen, und dein ganzes Gemüth durch
das wohlthätige Licht der Zufriedenheit
aufzuheitern
. In dieser Vorbereitungszeit
verrichte zuvörderst dein Gebeth, als das erste
und wirksamste Mittel zur Erreichung des jezt-
genanten Endzweks. Den noch übrigen Theil
der Zeit wende dazu an, den möglichen Nuzen
derjenigen Arbeit zu erwägen, die du jezt
vorzunehmen gedenkest
. Gleichfals ein be-
währtes Hülfsmittel, unsere Sele zu großen
Wirkungen anzufeuern! Ich seze nämlich vor-
aus, daß du dich nie einer Beschäftigung widmen
werdest, welche nicht auf eine oder die andere

Weise

wie der taͤgliche Verluſt einiger Stunden, zu
zwekmaͤßigen Vorbereitungen angewandt, wirk-
licher Gewin iſt. Eile mit Weile muͤſſe daher
auch dein Wahlſpruch ſein.

Ehe du alſo an irgend eine Arbeit von
einiger Erheblichkeit gehſt, nim dir Zeit,
dich gehoͤrig zu ſammeln; deine eingeſchlum-
merten, oder auf zu vielfaͤltige Gegenſtaͤnde
vertheilten Selenkraͤfte aufzuwekken, und
einzuengen; deine Leidenſchaften zu be-
ſaͤnftigen, und dein ganzes Gemuͤth durch
das wohlthaͤtige Licht der Zufriedenheit
aufzuheitern
. In dieſer Vorbereitungszeit
verrichte zuvoͤrderſt dein Gebeth, als das erſte
und wirkſamſte Mittel zur Erreichung des jezt-
genanten Endzweks. Den noch uͤbrigen Theil
der Zeit wende dazu an, den moͤglichen Nuzen
derjenigen Arbeit zu erwaͤgen, die du jezt
vorzunehmen gedenkeſt
. Gleichfals ein be-
waͤhrtes Huͤlfsmittel, unſere Sele zu großen
Wirkungen anzufeuern! Ich ſeze naͤmlich vor-
aus, daß du dich nie einer Beſchaͤftigung widmen
werdeſt, welche nicht auf eine oder die andere

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[47/0077] wie der taͤgliche Verluſt einiger Stunden, zu zwekmaͤßigen Vorbereitungen angewandt, wirk- licher Gewin iſt. Eile mit Weile muͤſſe daher auch dein Wahlſpruch ſein. Ehe du alſo an irgend eine Arbeit von einiger Erheblichkeit gehſt, nim dir Zeit, dich gehoͤrig zu ſammeln; deine eingeſchlum- merten, oder auf zu vielfaͤltige Gegenſtaͤnde vertheilten Selenkraͤfte aufzuwekken, und einzuengen; deine Leidenſchaften zu be- ſaͤnftigen, und dein ganzes Gemuͤth durch das wohlthaͤtige Licht der Zufriedenheit aufzuheitern. In dieſer Vorbereitungszeit verrichte zuvoͤrderſt dein Gebeth, als das erſte und wirkſamſte Mittel zur Erreichung des jezt- genanten Endzweks. Den noch uͤbrigen Theil der Zeit wende dazu an, den moͤglichen Nuzen derjenigen Arbeit zu erwaͤgen, die du jezt vorzunehmen gedenkeſt. Gleichfals ein be- waͤhrtes Huͤlfsmittel, unſere Sele zu großen Wirkungen anzufeuern! Ich ſeze naͤmlich vor- aus, daß du dich nie einer Beſchaͤftigung widmen werdeſt, welche nicht auf eine oder die andere Weiſe

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/77>, abgerufen am 22.11.2024.