macht. Der Verstand ist der gemächliche Haus- vater im Lehnstuhl, Leidenschaften und Schwach- heiten sind Weib und Kinder: wie bald ist jener überzeugt oder überschrien, wenn nur diese erst gewonnen sind! Es versteht sich, hoffe ich, zwi- schen dir und mir von selbst, daß ich hierbei eine Sache vorausseze, welche recht und billig ist, und die also keines Weges auf Uebervortheilung, Be- trug oder Ueberlistung hinauslaufen kan.
Das Urtheil des Mannes über uns wird gemeiniglich durch das Urtheil der Frau, dieses durch das Urtheil der Bedien- ten und Mägde gestimt. Steige daher, so oft du das Wohlwollen eines Hauses zu erwerben wünschest, mit deiner Höflichkeit, Freundlichkeit, und, wenn du kanst, mit deiner Freigebigkeit, bis zu dem Niedrig- sten herab; das wird dich sicher bis zum Wohlwollen der Obersten erheben. Der Kardinal von Retz, dessen Memoiren auch von demjenigen, der kein Staatsman werden wil, ge- lesen zu werden verdienen, sagt: "Zu den Ge-
ringsten
macht. Der Verſtand iſt der gemaͤchliche Haus- vater im Lehnſtuhl, Leidenſchaften und Schwach- heiten ſind Weib und Kinder: wie bald iſt jener uͤberzeugt oder uͤberſchrien, wenn nur dieſe erſt gewonnen ſind! Es verſteht ſich, hoffe ich, zwi- ſchen dir und mir von ſelbſt, daß ich hierbei eine Sache vorausſeze, welche recht und billig iſt, und die alſo keines Weges auf Uebervortheilung, Be- trug oder Ueberliſtung hinauslaufen kan.
Das Urtheil des Mannes uͤber uns wird gemeiniglich durch das Urtheil der Frau, dieſes durch das Urtheil der Bedien- ten und Maͤgde geſtimt. Steige daher, ſo oft du das Wohlwollen eines Hauſes zu erwerben wuͤnſcheſt, mit deiner Hoͤflichkeit, Freundlichkeit, und, wenn du kanſt, mit deiner Freigebigkeit, bis zu dem Niedrig- ſten herab; das wird dich ſicher bis zum Wohlwollen der Oberſten erheben. Der Kardinal von Retz, deſſen Memoiren auch von demjenigen, der kein Staatsman werden wil, ge- leſen zu werden verdienen, ſagt: “Zu den Ge-
ringſten
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macht. Der Verſtand iſt der gemaͤchliche Haus-
vater im Lehnſtuhl, Leidenſchaften und Schwach-
heiten ſind Weib und Kinder: wie bald iſt jener
uͤberzeugt oder uͤberſchrien, wenn nur dieſe erſt
gewonnen ſind! Es verſteht ſich, hoffe ich, zwi-
ſchen dir und mir von ſelbſt, daß ich hierbei eine
Sache vorausſeze, welche recht und billig iſt, und
die alſo keines Weges auf Uebervortheilung, Be-
trug oder Ueberliſtung hinauslaufen kan.
Das Urtheil des Mannes uͤber uns
wird gemeiniglich durch das Urtheil der
Frau, dieſes durch das Urtheil der Bedien-
ten und Maͤgde geſtimt. Steige daher, ſo
oft du das Wohlwollen eines Hauſes zu
erwerben wuͤnſcheſt, mit deiner Hoͤflichkeit,
Freundlichkeit, und, wenn du kanſt, mit
deiner Freigebigkeit, bis zu dem Niedrig-
ſten herab; das wird dich ſicher bis zum
Wohlwollen der Oberſten erheben. Der
Kardinal von Retz, deſſen Memoiren auch von
demjenigen, der kein Staatsman werden wil, ge-
leſen zu werden verdienen, ſagt: “Zu den Ge-
ringſten
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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/274>, abgerufen am 23.11.2024.
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