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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780.

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vergnügt und unbekümmert zu leben? Geneuß
also der mannigfaltigen Wohlthaten des Him-
mels; iß und trink von deiner Heerde und von
den Früchten des Landes das Beste, (denn du
hast ja Ueberfluß an allem) und halte dich nun
durch Ruhe und gutes Essen und Trinken schad-
los für die ausgestandnen Mühseeligkeiten und
den Mangel der verflossenen Jahre! Dein Frei-
tag
mag für dich arbeiten; er ist jung und stark
und du hast es ja um ihn verdient, daß er dein
Knecht sei." Hier stokten seine Gedanken;
denn es kam ihnen eine andere Betrachtung in
die Queer.

"Aber wie? dacht' er, wenn deine ganze
gegenwärtige Glükseeligkeit einmahl wieder ein
Ende nähme? Wenn Freitag stürbe? Wenn
dein Feuer abermahls erlöschte?" Ein kalter
Schauder lief ihm bei diesem Gedanken durch
alle Glieder.

"Und dacht' er weiter, wenn du durch ein
weichliches und wollüstiges Leben dich dan so
verwöhnt hättest, daß es dir unmöglich fiele,
zu der Härte und Armseeligkeit deiner vorigen

Le-

vergnuͤgt und unbekuͤmmert zu leben? Geneuß
alſo der mannigfaltigen Wohlthaten des Him-
mels; iß und trink von deiner Heerde und von
den Fruͤchten des Landes das Beſte, (denn du
haſt ja Ueberfluß an allem) und halte dich nun
durch Ruhe und gutes Eſſen und Trinken ſchad-
los fuͤr die ausgeſtandnen Muͤhſeeligkeiten und
den Mangel der verfloſſenen Jahre! Dein Frei-
tag
mag fuͤr dich arbeiten; er iſt jung und ſtark
und du haſt es ja um ihn verdient, daß er dein
Knecht ſei.„ Hier ſtokten ſeine Gedanken;
denn es kam ihnen eine andere Betrachtung in
die Queer.

„Aber wie? dacht' er, wenn deine ganze
gegenwaͤrtige Gluͤkſeeligkeit einmahl wieder ein
Ende naͤhme? Wenn Freitag ſtuͤrbe? Wenn
dein Feuer abermahls erloͤſchte?„ Ein kalter
Schauder lief ihm bei dieſem Gedanken durch
alle Glieder.

„Und dacht' er weiter, wenn du durch ein
weichliches und wolluͤſtiges Leben dich dan ſo
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zu der Haͤrte und Armſeeligkeit deiner vorigen

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[111/0117] vergnuͤgt und unbekuͤmmert zu leben? Geneuß alſo der mannigfaltigen Wohlthaten des Him- mels; iß und trink von deiner Heerde und von den Fruͤchten des Landes das Beſte, (denn du haſt ja Ueberfluß an allem) und halte dich nun durch Ruhe und gutes Eſſen und Trinken ſchad- los fuͤr die ausgeſtandnen Muͤhſeeligkeiten und den Mangel der verfloſſenen Jahre! Dein Frei- tag mag fuͤr dich arbeiten; er iſt jung und ſtark und du haſt es ja um ihn verdient, daß er dein Knecht ſei.„ Hier ſtokten ſeine Gedanken; denn es kam ihnen eine andere Betrachtung in die Queer. „Aber wie? dacht' er, wenn deine ganze gegenwaͤrtige Gluͤkſeeligkeit einmahl wieder ein Ende naͤhme? Wenn Freitag ſtuͤrbe? Wenn dein Feuer abermahls erloͤſchte?„ Ein kalter Schauder lief ihm bei dieſem Gedanken durch alle Glieder. „Und dacht' er weiter, wenn du durch ein weichliches und wolluͤſtiges Leben dich dan ſo verwoͤhnt haͤtteſt, daß es dir unmoͤglich fiele, zu der Haͤrte und Armſeeligkeit deiner vorigen Le-

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/117>, abgerufen am 04.05.2024.