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Butschky, Samuel von: Die Hochdeutsche Kantzeley. Breslau u. a., [1652].

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Er gesegnet die Welt/ und seine Tochter/ etc.
137.
Eines vornehmen Herren/ so die
Welt kwittiret/ an seine Tochter/
die eine Nonne/ getahnes
Schreiben.

Hertzliebste Tochter/ weil alle Ar-
ten der Vergnügung und Zufriedenheit/
durch ein wesentliches und natürliches Ge-
sätze/ die Nohtwendigkeit seines Endes ver-
muhten; so habe Jch gegleubet/ daß auch die
Wiegen/ und also die Kindheit/ sich mit dem
Grabe angrentzete/ und daß also/ bey Ab-
nehmung meiner Tage Abend/ Jch meine
stokfinstere verdrüßliche Nächte besorgen
müsse: Gestaltsam/ daß/ nachdehm Jch alle
euserste Gefahr meines Lebens durchlaufen/
mich doch ie und zu aller Zeit an das Ziel und
Ende meines eusersten Verterbens/ wieder-
üm angefunden. Alles neiget sich zur kühlen
Erde/ in das Grab/ und also würdig/ des
Ableibens/ als des ewigen Todes/ sowohl
daß mein erlittenes Unglük mier die Welt/
und was darinnen/ so volkömlich zum Er-
kentnüß vorgestellet/ dasselbe Jch letzlich
verlassen und verachtet: Aber es ist dieses/
als du Sie bereit auser Augen gesätzt/ von
mier zu Werke gezogen worden; von dier
zwar willig; von mier aber aus Zwang:
Denn die alzugroße Nohtwendigkeit hat
mich hierzu verpflichtet. Und an stat mier

ob-
Er geſegnet die Welt/ und ſeine Tochter/ ꝛc.
137.
Eines vornehmen Herren/ ſo die
Welt kwittiret/ an ſeine Tochter/
die eine Nonne/ getahnes
Schreiben.

Hertzliebſte Tochter/ weil alle Ar-
ten der Vergnuͤgung und Zufriedenheit/
durch ein wéſentliches und natuͤrliches Ge-
ſaͤtze/ die Nohtwendigkeit ſeines Endes ver-
muhten; ſo habe Jch gegleubet/ daß auch die
Wiegen/ und alſo die Kindheit/ ſich mit dem
Grábe angrentzete/ und daß alſo/ bey Ab-
nehmung meiner Tage Abend/ Jch meine
ſtokfinſtere verdruͤßliche Naͤchte beſorgen
muͤſſe: Geſtaltſam/ daß/ nachdehm Jch alle
euſerſte Gefahr meines Lébens durchlaufen/
mich doch ie und zu aller Zeit an das Ziel uñ
Ende meines euſerſten Verterbens/ wieder-
uͤm angefunden. Alles neiget ſich zur kuͤhlen
Erde/ in das Gráb/ und alſo wuͤrdig/ des
Ableibens/ als des ewigen Todes/ ſowohl
daß mein erlittenes Ungluͤk mier die Welt/
und was darinnen/ ſo volkoͤmlich zum Er-
kentnuͤß vorgeſtellet/ daſſelbe Jch letzlich
verlaſſen und verachtet: Aber es iſt dieſes/
als du Sie bereit auſer Augen geſaͤtzt/ von
mier zu Werke gezogen worden; von dier
zwar willig; von mier aber aus Zwang:
Denn die alzugroße Nohtwendigkeit hat
mich hierzu verpflichtet. Und an ſtat mier

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[163/0165] Er geſegnet die Welt/ und ſeine Tochter/ ꝛc. 137. Eines vornehmen Herren/ ſo die Welt kwittiret/ an ſeine Tochter/ die eine Nonne/ getahnes Schreiben. Hertzliebſte Tochter/ weil alle Ar- ten der Vergnuͤgung und Zufriedenheit/ durch ein wéſentliches und natuͤrliches Ge- ſaͤtze/ die Nohtwendigkeit ſeines Endes ver- muhten; ſo habe Jch gegleubet/ daß auch die Wiegen/ und alſo die Kindheit/ ſich mit dem Grábe angrentzete/ und daß alſo/ bey Ab- nehmung meiner Tage Abend/ Jch meine ſtokfinſtere verdruͤßliche Naͤchte beſorgen muͤſſe: Geſtaltſam/ daß/ nachdehm Jch alle euſerſte Gefahr meines Lébens durchlaufen/ mich doch ie und zu aller Zeit an das Ziel uñ Ende meines euſerſten Verterbens/ wieder- uͤm angefunden. Alles neiget ſich zur kuͤhlen Erde/ in das Gráb/ und alſo wuͤrdig/ des Ableibens/ als des ewigen Todes/ ſowohl daß mein erlittenes Ungluͤk mier die Welt/ und was darinnen/ ſo volkoͤmlich zum Er- kentnuͤß vorgeſtellet/ daſſelbe Jch letzlich verlaſſen und verachtet: Aber es iſt dieſes/ als du Sie bereit auſer Augen geſaͤtzt/ von mier zu Werke gezogen worden; von dier zwar willig; von mier aber aus Zwang: Denn die alzugroße Nohtwendigkeit hat mich hierzu verpflichtet. Und an ſtat mier ob-

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Zitationshilfe: Butschky, Samuel von: Die Hochdeutsche Kantzeley. Breslau u. a., [1652], S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/butschky_kantzeley_1649/165>, abgerufen am 06.05.2024.