Burk, Johann Albrecht: Gebet- und Lieder-Buch zum Privat-Gebrauch für Kinder und für junge Christen reiferen Alters. Tübingen, 1775.Eltern und Lehrer. redet, lacht, spielt mit ihm, um es still zumachen: wenn diß nicht hilft, so muß der Va- ter mit zornigen Blicken oder Worten da- zwischen kommen, oder wol gar zuschlagen; -- die ältern Kinder sehen es; werden zer- streut; und lernen, es habe wol nichts zu bedeuten, wenn man schon unachtsam ist un- ter dem Beten. Denn die junge Seelen merken sich so etwas viel genauer als mans den- ken sollte, und handeln in der nächsten Stun- de schon nach dem, was sie in der vorherge- henden gesehen haben. Wäre es denn eine unmögliche Sache, die Stunde zum Morgen- Gebet so frühe anzuordnen, daß man ihm ungestört abwarten könnte, ehe die kleine Kin- der, die es nur stören können, aus dem Bett genommen werden müssen! "Aber (so höre ich einen guten christli- Liebe christliche Väter und Müttern! ihr
Eltern und Lehrer. redet, lacht, ſpielt mit ihm, um es ſtill zumachen: wenn diß nicht hilft, ſo muß der Va- ter mit zornigen Blicken oder Worten da- zwiſchen kommen, oder wol gar zuſchlagen; — die aͤltern Kinder ſehen es; werden zer- ſtreut; und lernen, es habe wol nichts zu bedeuten, wenn man ſchon unachtſam iſt un- ter dem Beten. Denn die junge Seelen merken ſich ſo etwas viel genauer als mans den- ken ſollte, und handeln in der naͤchſten Stun- de ſchon nach dem, was ſie in der vorherge- henden geſehen haben. Waͤre es denn eine unmoͤgliche Sache, die Stunde zum Morgen- Gebet ſo fruͤhe anzuordnen, daß man ihm ungeſtoͤrt abwarten koͤnnte, ehe die kleine Kin- der, die es nur ſtoͤren koͤnnen, aus dem Bett genommen werden muͤſſen! „Aber (ſo hoͤre ich einen guten chriſtli- Liebe chriſtliche Vaͤter und Muͤttern! ihr
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Eltern und Lehrer.
redet, lacht, ſpielt mit ihm, um es ſtill zu
machen: wenn diß nicht hilft, ſo muß der Va-
ter mit zornigen Blicken oder Worten da-
zwiſchen kommen, oder wol gar zuſchlagen;
— die aͤltern Kinder ſehen es; werden zer-
ſtreut; und lernen, es habe wol nichts zu
bedeuten, wenn man ſchon unachtſam iſt un-
ter dem Beten. Denn die junge Seelen
merken ſich ſo etwas viel genauer als mans den-
ken ſollte, und handeln in der naͤchſten Stun-
de ſchon nach dem, was ſie in der vorherge-
henden geſehen haben. Waͤre es denn eine
unmoͤgliche Sache, die Stunde zum Morgen-
Gebet ſo fruͤhe anzuordnen, daß man ihm
ungeſtoͤrt abwarten koͤnnte, ehe die kleine Kin-
der, die es nur ſtoͤren koͤnnen, aus dem Bett
genommen werden muͤſſen!
„Aber (ſo hoͤre ich einen guten chriſtli-
chen Vater oder eine zaͤrtliche Mutter fragen)
„ſollten denn meine lieben Kinder bey mei-
nem Hausgottesdienſt, bey den Uebungen
meiner Andacht, wenn ich die Gedanken mei-
nes Herzens vor GOtt bringe, gar nicht zuge-
gen ſeyn duͤrfen? Sollten ſie nicht durch un-
ſer gutes Exempel erbauet, und belehret wer-
den koͤnnen, wie eingekehrt und ſtille das Ge-
muͤth ſeyn muͤſſe, wenn man mit GOtt reden
will, und wie ſittſam und demuͤthig die Ge-
berden ſeyn ſollen indem man den Allmaͤchti-
gen anbetet?„ —
Liebe chriſtliche Vaͤter und Muͤttern!
Eben das iſt es, was ich Euch bitten wollte, daß
ihr
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Zitationshilfe: | Burk, Johann Albrecht: Gebet- und Lieder-Buch zum Privat-Gebrauch für Kinder und für junge Christen reiferen Alters. Tübingen, 1775, S. XXXI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burk_gebet_1775/35>, abgerufen am 03.07.2024. |