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Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.

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kann. -- Sodann aber wird die Verschiedenheit zwischen
Bedingung und Ursache von der Methode, oder auch dem
Zweck, der Untersuchung, mithin von einer subjectiven Ver-
fahrungsweise abhängig gemacht. Da es sich aber hier ledig-
lich um objective Wirksamkeit handelt, so mußte, dem zu
untersuchenden Object entsprechend, nachgewiesen werden, daß
die Bedingung für die Erscheinung gar nicht mitwirke, oder
daß doch ihre Wirksamkeit eine von derjenigen der Ursache
absolut verschiedene sei. -- Handelt es sich um die Erforschung
der Entstehung einer concreten Erscheinung, so kommt es
wesentlich darauf an, in welcher Weise das Naturgesetz seine
Wirksamkeit geäußert hat. Und wenn es sich da findet, daß
diese Wirksamkeit durch menschliche Thätigkeit veranlaßt worden
ist, wie etwa die verwüstende Kraft des aus dem durch-
stochenen Damme hervorbrechenden Wassers, so kann nicht,
je nach der Methode der Untersuchung, bald dem Wasser die
Ursache zugeschrieben, bald aber wieder das Wasser nur als
Bedingung angesehen und die Ursache in der menschlichen
Thätigkeit gefunden werden -- es wäre das lediglich ein
Spiel mit Worten. Es kann vielmehr, wenn es sich heraus-
stellt, daß eine Erscheinung ihre Entstehung der gleichen
Wirksamkeit verschiedener Kräfte verdankt, keine einzige
Kraft im Vergleich zu der andern zur Bedingung degradirt,
sie müssen vielmehr alle als gleichberechtigt angesehen werden.
-- Uebrigens wird man doch wohl, wenn der Luftschiffer sich
von der Erde erhebt, zugleich auch die Luft als das ver-
ursachende Element und ebenso, wenn sich an einem heißen
Sommertag bei dem Marschiren eine größere Müdigkeit einstellt,
als an einem kühlen Herbsttage, dieses plus der Müdigkeit
als durch die Hitze mit verursacht bezeichnen können.

Diese Unterscheidung zwischen Bedingung und Ursache
kommt denn auch bei den ferneren Deductionen v. B.

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kann. — Sodann aber wird die Verſchiedenheit zwiſchen
Bedingung und Urſache von der Methode, oder auch dem
Zweck, der Unterſuchung, mithin von einer ſubjectiven Ver-
fahrungsweiſe abhängig gemacht. Da es ſich aber hier ledig-
lich um objective Wirkſamkeit handelt, ſo mußte, dem zu
unterſuchenden Object entſprechend, nachgewieſen werden, daß
die Bedingung für die Erſcheinung gar nicht mitwirke, oder
daß doch ihre Wirkſamkeit eine von derjenigen der Urſache
abſolut verſchiedene ſei. — Handelt es ſich um die Erforſchung
der Entſtehung einer concreten Erſcheinung, ſo kommt es
weſentlich darauf an, in welcher Weiſe das Naturgeſetz ſeine
Wirkſamkeit geäußert hat. Und wenn es ſich da findet, daß
dieſe Wirkſamkeit durch menſchliche Thätigkeit veranlaßt worden
iſt, wie etwa die verwüſtende Kraft des aus dem durch-
ſtochenen Damme hervorbrechenden Waſſers, ſo kann nicht,
je nach der Methode der Unterſuchung, bald dem Waſſer die
Urſache zugeſchrieben, bald aber wieder das Waſſer nur als
Bedingung angeſehen und die Urſache in der menſchlichen
Thätigkeit gefunden werden — es wäre das lediglich ein
Spiel mit Worten. Es kann vielmehr, wenn es ſich heraus-
ſtellt, daß eine Erſcheinung ihre Entſtehung der gleichen
Wirkſamkeit verſchiedener Kräfte verdankt, keine einzige
Kraft im Vergleich zu der andern zur Bedingung degradirt,
ſie müſſen vielmehr alle als gleichberechtigt angeſehen werden.
— Uebrigens wird man doch wohl, wenn der Luftſchiffer ſich
von der Erde erhebt, zugleich auch die Luft als das ver-
urſachende Element und ebenſo, wenn ſich an einem heißen
Sommertag bei dem Marſchiren eine größere Müdigkeit einſtellt,
als an einem kühlen Herbſttage, dieſes plus der Müdigkeit
als durch die Hitze mit verurſacht bezeichnen können.

Dieſe Unterſcheidung zwiſchen Bedingung und Urſache
kommt denn auch bei den ferneren Deductionen v. B.

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[3/0007] kann. — Sodann aber wird die Verſchiedenheit zwiſchen Bedingung und Urſache von der Methode, oder auch dem Zweck, der Unterſuchung, mithin von einer ſubjectiven Ver- fahrungsweiſe abhängig gemacht. Da es ſich aber hier ledig- lich um objective Wirkſamkeit handelt, ſo mußte, dem zu unterſuchenden Object entſprechend, nachgewieſen werden, daß die Bedingung für die Erſcheinung gar nicht mitwirke, oder daß doch ihre Wirkſamkeit eine von derjenigen der Urſache abſolut verſchiedene ſei. — Handelt es ſich um die Erforſchung der Entſtehung einer concreten Erſcheinung, ſo kommt es weſentlich darauf an, in welcher Weiſe das Naturgeſetz ſeine Wirkſamkeit geäußert hat. Und wenn es ſich da findet, daß dieſe Wirkſamkeit durch menſchliche Thätigkeit veranlaßt worden iſt, wie etwa die verwüſtende Kraft des aus dem durch- ſtochenen Damme hervorbrechenden Waſſers, ſo kann nicht, je nach der Methode der Unterſuchung, bald dem Waſſer die Urſache zugeſchrieben, bald aber wieder das Waſſer nur als Bedingung angeſehen und die Urſache in der menſchlichen Thätigkeit gefunden werden — es wäre das lediglich ein Spiel mit Worten. Es kann vielmehr, wenn es ſich heraus- ſtellt, daß eine Erſcheinung ihre Entſtehung der gleichen Wirkſamkeit verſchiedener Kräfte verdankt, keine einzige Kraft im Vergleich zu der andern zur Bedingung degradirt, ſie müſſen vielmehr alle als gleichberechtigt angeſehen werden. — Uebrigens wird man doch wohl, wenn der Luftſchiffer ſich von der Erde erhebt, zugleich auch die Luft als das ver- urſachende Element und ebenſo, wenn ſich an einem heißen Sommertag bei dem Marſchiren eine größere Müdigkeit einſtellt, als an einem kühlen Herbſttage, dieſes plus der Müdigkeit als durch die Hitze mit verurſacht bezeichnen können. Dieſe Unterſcheidung zwiſchen Bedingung und Urſache kommt denn auch bei den ferneren Deductionen v. B. 1*

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Zitationshilfe: Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/7>, abgerufen am 24.04.2024.