Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite
Aber es dürfte ohne Weiteres ersichtlich sein, daß man es in
diesen Fällen mit wirklich strafbaren Handlungen nicht zu
thun hat. -- Natürlich kann auch diesen Handlungen eine
Strafbarkeit nicht daraus erwachsen, daß dieselben wegen
eigenen Vortheils unternommen worden sind. Das bloße
Vortheilziehen aus einem fremden Verbrechen ist nicht straf-
bar -- es gibt hierfür keine juristische Construction. Man
kann Den nicht für strafbar halten, welcher durch das Stu-
dium eines gestohlenen Buches seine Kenntnisse erweitert,
die Ermordung eines Concurrenten zur Erweiterung seines
Geschäftsbetriebes benutzt, oder während eines durch Hoch-
verrath herbeigeführten Krieges glücklich speculirt. Jst aber
das bloße Vortheilziehen kein strafbedingendes Moment, so
wird es auch kaum gerechtfertigt sein, die Sicherstellung der
Vortheile der That, wenn sie wegen eigenen Vortheils
geschieht, im Falle des §. 258 Abs. 2 sogar mit Zuchthaus
zu bedrohen.
2) Noch unzutreffender ist die Bestimmung des §. 259,
daß Derjenige für Hehlerei zu bestrafen sei, welcher wegen
seines Vortheils Sachen, von denen er weiß, oder den Um-
ständen nach annehmen muß, daß sie mittels einer strafbaren
Handlung erlangt sind, verheimlicht, ankauft, zum Pfande
nimmt, oder sonst an sich bringt. Es läßt sich aus dem
Gesetze nicht erklären, warum, wenn die Flucht des Diebes
gegen eine Belohnung in Geld befördert worden ist, der
Begünstiger aus §. 257, aus §. 259 aber mit der nämlichen
Strafe belegt werden soll, wenn sein Vortheil in der Zu-
wendung eines Theils der gestohlenen Sachen bestanden
hat. Schwarze l. c. meint, die den §. 259 von §. 257
unterscheidende Charakteristik bestehe darin, daß ersterer eine
Disposition des Hehlers über die Sache zum Gegenstand
habe, durch welche sie weitergeschafft, der Verfolgung entzogen
Aber es dürfte ohne Weiteres erſichtlich ſein, daß man es in
dieſen Fällen mit wirklich ſtrafbaren Handlungen nicht zu
thun hat. — Natürlich kann auch dieſen Handlungen eine
Strafbarkeit nicht daraus erwachſen, daß dieſelben wegen
eigenen Vortheils unternommen worden ſind. Das bloße
Vortheilziehen aus einem fremden Verbrechen iſt nicht ſtraf-
bar — es gibt hierfür keine juriſtiſche Conſtruction. Man
kann Den nicht für ſtrafbar halten, welcher durch das Stu-
dium eines geſtohlenen Buches ſeine Kenntniſſe erweitert,
die Ermordung eines Concurrenten zur Erweiterung ſeines
Geſchäftsbetriebes benutzt, oder während eines durch Hoch-
verrath herbeigeführten Krieges glücklich ſpeculirt. Jſt aber
das bloße Vortheilziehen kein ſtrafbedingendes Moment, ſo
wird es auch kaum gerechtfertigt ſein, die Sicherſtellung der
Vortheile der That, wenn ſie wegen eigenen Vortheils
geſchieht, im Falle des §. 258 Abſ. 2 ſogar mit Zuchthaus
zu bedrohen.
2) Noch unzutreffender iſt die Beſtimmung des §. 259,
daß Derjenige für Hehlerei zu beſtrafen ſei, welcher wegen
ſeines Vortheils Sachen, von denen er weiß, oder den Um-
ſtänden nach annehmen muß, daß ſie mittels einer ſtrafbaren
Handlung erlangt ſind, verheimlicht, ankauft, zum Pfande
nimmt, oder ſonſt an ſich bringt. Es läßt ſich aus dem
Geſetze nicht erklären, warum, wenn die Flucht des Diebes
gegen eine Belohnung in Geld befördert worden iſt, der
Begünſtiger aus §. 257, aus §. 259 aber mit der nämlichen
Strafe belegt werden ſoll, wenn ſein Vortheil in der Zu-
wendung eines Theils der geſtohlenen Sachen beſtanden
hat. Schwarze l. c. meint, die den §. 259 von §. 257
unterſcheidende Charakteriſtik beſtehe darin, daß erſterer eine
Dispoſition des Hehlers über die Sache zum Gegenſtand
habe, durch welche ſie weitergeſchafft, der Verfolgung entzogen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <list>
          <item><pb facs="#f0148" n="144"/>
Aber es dürfte ohne Weiteres er&#x017F;ichtlich &#x017F;ein, daß man es in<lb/>
die&#x017F;en Fällen mit wirklich &#x017F;trafbaren Handlungen nicht zu<lb/>
thun hat. &#x2014; Natürlich kann auch die&#x017F;en Handlungen eine<lb/>
Strafbarkeit nicht daraus erwach&#x017F;en, daß die&#x017F;elben wegen<lb/>
eigenen Vortheils unternommen worden &#x017F;ind. Das bloße<lb/>
Vortheilziehen aus einem fremden Verbrechen i&#x017F;t nicht &#x017F;traf-<lb/>
bar &#x2014; es gibt hierfür keine juri&#x017F;ti&#x017F;che Con&#x017F;truction. Man<lb/>
kann Den nicht für &#x017F;trafbar halten, welcher durch das Stu-<lb/>
dium eines ge&#x017F;tohlenen Buches &#x017F;eine Kenntni&#x017F;&#x017F;e erweitert,<lb/>
die Ermordung eines Concurrenten zur Erweiterung &#x017F;eines<lb/>
Ge&#x017F;chäftsbetriebes benutzt, oder während eines durch Hoch-<lb/>
verrath herbeigeführten Krieges glücklich &#x017F;peculirt. J&#x017F;t aber<lb/>
das bloße Vortheilziehen kein &#x017F;trafbedingendes Moment, &#x017F;o<lb/>
wird es auch kaum gerechtfertigt &#x017F;ein, die Sicher&#x017F;tellung der<lb/>
Vortheile der That, wenn &#x017F;ie wegen eigenen Vortheils<lb/>
ge&#x017F;chieht, im Falle des §. 258 Ab&#x017F;. 2 &#x017F;ogar mit Zuchthaus<lb/>
zu bedrohen.</item><lb/>
          <item>2) Noch unzutreffender i&#x017F;t die Be&#x017F;timmung des §. 259,<lb/>
daß Derjenige für Hehlerei zu be&#x017F;trafen &#x017F;ei, welcher wegen<lb/>
&#x017F;eines Vortheils Sachen, von denen er weiß, oder den Um-<lb/>
&#x017F;tänden nach annehmen muß, daß &#x017F;ie mittels einer &#x017F;trafbaren<lb/>
Handlung erlangt &#x017F;ind, verheimlicht, ankauft, zum Pfande<lb/>
nimmt, oder &#x017F;on&#x017F;t an &#x017F;ich bringt. Es läßt &#x017F;ich aus dem<lb/>
Ge&#x017F;etze nicht erklären, warum, wenn die Flucht des Diebes<lb/>
gegen eine Belohnung in Geld befördert worden i&#x017F;t, der<lb/>
Begün&#x017F;tiger aus §. 257, aus §. 259 aber mit der <hi rendition="#g">nämlichen</hi><lb/>
Strafe belegt werden &#x017F;oll, wenn &#x017F;ein Vortheil in der Zu-<lb/>
wendung eines Theils der ge&#x017F;tohlenen <hi rendition="#g">Sachen</hi> be&#x017F;tanden<lb/>
hat. Schwarze <hi rendition="#aq">l. c.</hi> meint, die den §. 259 von §. 257<lb/>
unter&#x017F;cheidende Charakteri&#x017F;tik be&#x017F;tehe darin, daß er&#x017F;terer eine<lb/>
Dispo&#x017F;ition des Hehlers über die Sache zum Gegen&#x017F;tand<lb/>
habe, durch welche &#x017F;ie weiterge&#x017F;chafft, der Verfolgung entzogen<lb/></item>
        </list>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[144/0148] Aber es dürfte ohne Weiteres erſichtlich ſein, daß man es in dieſen Fällen mit wirklich ſtrafbaren Handlungen nicht zu thun hat. — Natürlich kann auch dieſen Handlungen eine Strafbarkeit nicht daraus erwachſen, daß dieſelben wegen eigenen Vortheils unternommen worden ſind. Das bloße Vortheilziehen aus einem fremden Verbrechen iſt nicht ſtraf- bar — es gibt hierfür keine juriſtiſche Conſtruction. Man kann Den nicht für ſtrafbar halten, welcher durch das Stu- dium eines geſtohlenen Buches ſeine Kenntniſſe erweitert, die Ermordung eines Concurrenten zur Erweiterung ſeines Geſchäftsbetriebes benutzt, oder während eines durch Hoch- verrath herbeigeführten Krieges glücklich ſpeculirt. Jſt aber das bloße Vortheilziehen kein ſtrafbedingendes Moment, ſo wird es auch kaum gerechtfertigt ſein, die Sicherſtellung der Vortheile der That, wenn ſie wegen eigenen Vortheils geſchieht, im Falle des §. 258 Abſ. 2 ſogar mit Zuchthaus zu bedrohen. 2) Noch unzutreffender iſt die Beſtimmung des §. 259, daß Derjenige für Hehlerei zu beſtrafen ſei, welcher wegen ſeines Vortheils Sachen, von denen er weiß, oder den Um- ſtänden nach annehmen muß, daß ſie mittels einer ſtrafbaren Handlung erlangt ſind, verheimlicht, ankauft, zum Pfande nimmt, oder ſonſt an ſich bringt. Es läßt ſich aus dem Geſetze nicht erklären, warum, wenn die Flucht des Diebes gegen eine Belohnung in Geld befördert worden iſt, der Begünſtiger aus §. 257, aus §. 259 aber mit der nämlichen Strafe belegt werden ſoll, wenn ſein Vortheil in der Zu- wendung eines Theils der geſtohlenen Sachen beſtanden hat. Schwarze l. c. meint, die den §. 259 von §. 257 unterſcheidende Charakteriſtik beſtehe darin, daß erſterer eine Dispoſition des Hehlers über die Sache zum Gegenſtand habe, durch welche ſie weitergeſchafft, der Verfolgung entzogen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/148
Zitationshilfe: Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/148>, abgerufen am 22.11.2024.