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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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6. Abschnitt.kotischen Dämpfe und die von vornherein auf das Schreck-
lichste vorbereitete Phantasie, weßhalb denn auch der mit-
gebrachte Junge, bei welchem dieß am Stärksten wirkt, weit
das Meiste allein erblickt. Daß es aber wesentlich auf
Benvenuto abgesehen sein mochte, dürfen wir errathen, weil
sonst für das gefährliche Beginnen gar kein anderer Zweck
als die Neugier ersichtlich wird. Denn auf die schöne An-
gelica muß sich Benvenuto erst besinnen und der Zauberer
sagt ihm nachher selbst, Liebschaften seien eitle Thorheit im
Vergleich mit dem Auffinden von Schätzen. Endlich darf
man nicht vergessen, daß es der Eitelkeit schmeichelte, sagen
zu können: die Dämonen haben mir Wort gehalten, und
Angelica ist genau einen Monat später, wie mir verheißen
war, in meinen Händen gewesen (Cap. 68). Aber auch
wenn sich Benvenuto allmälig in die Geschichte hineingelo-
gen haben sollte, so wäre sie doch als Beispiel der damals
herrschenden Anschauung von bleibendem Werthe.

Sonst gaben sich die italienischen Künstler, auch die
"wunderlichen, capricciosen und bizarren", mit Zauberei
nicht leicht ab; wohl schneidet sich einer bei Gelegenheit des
anatomischen Studiums ein Wamms aus der Haut einer
Leiche, aber auf Zureden des Beichtvaters legt er es wieder
in ein Grab 1). Gerade das häufige Studium von Cadavern
mochte den Gedanken an magische Wirkung einzelner Theile
derselben am gründlichsten niederschlagen, während zugleich
das unablässige Betrachten und Bilden der Form dem Künst-
ler die Möglichkeit einer ganz andern Magie aufschloß.

Abnahme des
Zauberwesens.
Im Allgemeinen erscheint das Zauberwesen zu Anfang
des XVI. Jahrhunderts trotz der angeführten Beispiele
doch schon in kenntlicher Abnahme, zu einer Zeit also, wo
es außerhalb Italiens erst recht in Blüthe kommt, so daß
die Rundreisen italienischer Zauberer und Astrologen im

1) Vasari VIII, 143, vita di Andrea da Fiesole. Es war Silvio
Cosini, der auch sonst "den Zaubersprüchen und ähnlichen Narr-
heiten" nachhing.

6. Abſchnitt.kotiſchen Dämpfe und die von vornherein auf das Schreck-
lichſte vorbereitete Phantaſie, weßhalb denn auch der mit-
gebrachte Junge, bei welchem dieß am Stärkſten wirkt, weit
das Meiſte allein erblickt. Daß es aber weſentlich auf
Benvenuto abgeſehen ſein mochte, dürfen wir errathen, weil
ſonſt für das gefährliche Beginnen gar kein anderer Zweck
als die Neugier erſichtlich wird. Denn auf die ſchöne An-
gelica muß ſich Benvenuto erſt beſinnen und der Zauberer
ſagt ihm nachher ſelbſt, Liebſchaften ſeien eitle Thorheit im
Vergleich mit dem Auffinden von Schätzen. Endlich darf
man nicht vergeſſen, daß es der Eitelkeit ſchmeichelte, ſagen
zu können: die Dämonen haben mir Wort gehalten, und
Angelica iſt genau einen Monat ſpäter, wie mir verheißen
war, in meinen Händen geweſen (Cap. 68). Aber auch
wenn ſich Benvenuto allmälig in die Geſchichte hineingelo-
gen haben ſollte, ſo wäre ſie doch als Beiſpiel der damals
herrſchenden Anſchauung von bleibendem Werthe.

Sonſt gaben ſich die italieniſchen Künſtler, auch die
„wunderlichen, capriccioſen und bizarren“, mit Zauberei
nicht leicht ab; wohl ſchneidet ſich einer bei Gelegenheit des
anatomiſchen Studiums ein Wamms aus der Haut einer
Leiche, aber auf Zureden des Beichtvaters legt er es wieder
in ein Grab 1). Gerade das häufige Studium von Cadavern
mochte den Gedanken an magiſche Wirkung einzelner Theile
derſelben am gründlichſten niederſchlagen, während zugleich
das unabläſſige Betrachten und Bilden der Form dem Künſt-
ler die Möglichkeit einer ganz andern Magie aufſchloß.

Abnahme des
Zauberweſens.
Im Allgemeinen erſcheint das Zauberweſen zu Anfang
des XVI. Jahrhunderts trotz der angeführten Beiſpiele
doch ſchon in kenntlicher Abnahme, zu einer Zeit alſo, wo
es außerhalb Italiens erſt recht in Blüthe kommt, ſo daß
die Rundreiſen italieniſcher Zauberer und Aſtrologen im

1) Vasari VIII, 143, vita di Andrea da Fiesole. Es war Silvio
Coſini, der auch ſonſt „den Zauberſprüchen und ähnlichen Narr-
heiten“ nachhing.
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[546/0556] kotiſchen Dämpfe und die von vornherein auf das Schreck- lichſte vorbereitete Phantaſie, weßhalb denn auch der mit- gebrachte Junge, bei welchem dieß am Stärkſten wirkt, weit das Meiſte allein erblickt. Daß es aber weſentlich auf Benvenuto abgeſehen ſein mochte, dürfen wir errathen, weil ſonſt für das gefährliche Beginnen gar kein anderer Zweck als die Neugier erſichtlich wird. Denn auf die ſchöne An- gelica muß ſich Benvenuto erſt beſinnen und der Zauberer ſagt ihm nachher ſelbſt, Liebſchaften ſeien eitle Thorheit im Vergleich mit dem Auffinden von Schätzen. Endlich darf man nicht vergeſſen, daß es der Eitelkeit ſchmeichelte, ſagen zu können: die Dämonen haben mir Wort gehalten, und Angelica iſt genau einen Monat ſpäter, wie mir verheißen war, in meinen Händen geweſen (Cap. 68). Aber auch wenn ſich Benvenuto allmälig in die Geſchichte hineingelo- gen haben ſollte, ſo wäre ſie doch als Beiſpiel der damals herrſchenden Anſchauung von bleibendem Werthe. 6. Abſchnitt. Sonſt gaben ſich die italieniſchen Künſtler, auch die „wunderlichen, capriccioſen und bizarren“, mit Zauberei nicht leicht ab; wohl ſchneidet ſich einer bei Gelegenheit des anatomiſchen Studiums ein Wamms aus der Haut einer Leiche, aber auf Zureden des Beichtvaters legt er es wieder in ein Grab 1). Gerade das häufige Studium von Cadavern mochte den Gedanken an magiſche Wirkung einzelner Theile derſelben am gründlichſten niederſchlagen, während zugleich das unabläſſige Betrachten und Bilden der Form dem Künſt- ler die Möglichkeit einer ganz andern Magie aufſchloß. Im Allgemeinen erſcheint das Zauberweſen zu Anfang des XVI. Jahrhunderts trotz der angeführten Beiſpiele doch ſchon in kenntlicher Abnahme, zu einer Zeit alſo, wo es außerhalb Italiens erſt recht in Blüthe kommt, ſo daß die Rundreiſen italieniſcher Zauberer und Aſtrologen im Abnahme des Zauberweſens. 1) Vasari VIII, 143, vita di Andrea da Fiesole. Es war Silvio Coſini, der auch ſonſt „den Zauberſprüchen und ähnlichen Narr- heiten“ nachhing.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/556>, abgerufen am 28.11.2024.