Norden erst zu beginnen scheinen seitdem ihnen zu Hause6 Abschnitt. Niemand mehr großes Vertrauen schenkte. Das XIV. Jahrhundert war es, welches die genaue Bewachung des Sees auf dem Pilatusberg bei Scariotto nöthig fand, um die Zauberer an ihrer Bücherweihe zu verhindern 1). Im XV. Jahrhundert kamen dann noch Dinge vor wie z. B. das Anerbieten Regengüsse zu bewirken, um damit ein Be- lagerungsheer zu verscheuchen; und schon damals hatte der Gebieter der belagerten Stadt -- Nicolo Vitelli in Citta di Castello -- den Verstand, die Regenmacher als gottlose Leute abzuweisen 2). Im XVI. Jahrhundert treten solche officielle Dinge nicht mehr an den Tag, wenn auch das Privatleben noch mannigfach den Beschwörern anheimfällt. In diese Zeit gehört allerdings die classische Figur des deutschen Zauberwesens, Dr. Johann Faust; die des ita- lienischen dagegen, Guido Bonatto, fällt bereits ins XIII. Jahrhundert.
Auch hier wird man freilich beifügen müssen, daß die Abnahme des Beschwörungsglaubens sich nicht nothwendig in eine Zunahme des Glaubens an die sittliche Ordnung des Menschenlebens verwandelte, sondern daß sie vielleicht bei Vielen nur einen dumpfen Fatalismus zurückließ, ähn- lich wie der schwindende Sternglaube.
Ein paar Nebengattungen des Wahns, die Pyromantie,Dessen Neben- gattungen.
1)Uberti, il Dittamondo, III, cap. 1. Er besucht in der Mark An- cona auch Scariotto, den vermeintl. Geburtsort des Judas und bemerkt dabei: "an dieser Stelle darf ich auch nicht den Pilatusberg übergehen, mit seinem See, wo den Sommer über regelmäßige Wachen abwechseln; denn wer Magie versteht, kommt hier heraufge- stiegen um sein Buch zu weihen, worauf großer Sturm sich erhebt, wie die Leute des Ortes sagen". Das Weihen der Bücher ist, wie schon S. 534 erwähnt wurde, eine besondere, von der eigentlichen Beschwörung verschiedene Ceremonie.
Norden erſt zu beginnen ſcheinen ſeitdem ihnen zu Hauſe6 Abſchnitt. Niemand mehr großes Vertrauen ſchenkte. Das XIV. Jahrhundert war es, welches die genaue Bewachung des Sees auf dem Pilatusberg bei Scariotto nöthig fand, um die Zauberer an ihrer Bücherweihe zu verhindern 1). Im XV. Jahrhundert kamen dann noch Dinge vor wie z. B. das Anerbieten Regengüſſe zu bewirken, um damit ein Be- lagerungsheer zu verſcheuchen; und ſchon damals hatte der Gebieter der belagerten Stadt — Nicolò Vitelli in Città di Caſtello — den Verſtand, die Regenmacher als gottloſe Leute abzuweiſen 2). Im XVI. Jahrhundert treten ſolche officielle Dinge nicht mehr an den Tag, wenn auch das Privatleben noch mannigfach den Beſchwörern anheimfällt. In dieſe Zeit gehört allerdings die claſſiſche Figur des deutſchen Zauberweſens, Dr. Johann Fauſt; die des ita- lieniſchen dagegen, Guido Bonatto, fällt bereits ins XIII. Jahrhundert.
Auch hier wird man freilich beifügen müſſen, daß die Abnahme des Beſchwörungsglaubens ſich nicht nothwendig in eine Zunahme des Glaubens an die ſittliche Ordnung des Menſchenlebens verwandelte, ſondern daß ſie vielleicht bei Vielen nur einen dumpfen Fatalismus zurückließ, ähn- lich wie der ſchwindende Sternglaube.
Ein paar Nebengattungen des Wahns, die Pyromantie,Deſſen Neben- gattungen.
1)Uberti, il Dittamondo, III, cap. 1. Er beſucht in der Mark An- cona auch Scariotto, den vermeintl. Geburtsort des Judas und bemerkt dabei: „an dieſer Stelle darf ich auch nicht den Pilatusberg übergehen, mit ſeinem See, wo den Sommer über regelmäßige Wachen abwechſeln; denn wer Magie verſteht, kommt hier heraufge- ſtiegen um ſein Buch zu weihen, worauf großer Sturm ſich erhebt, wie die Leute des Ortes ſagen“. Das Weihen der Bücher iſt, wie ſchon S. 534 erwähnt wurde, eine beſondere, von der eigentlichen Beſchwörung verſchiedene Ceremonie.
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Norden erſt zu beginnen ſcheinen ſeitdem ihnen zu Hauſe
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Sees auf dem Pilatusberg bei Scariotto nöthig fand, um
die Zauberer an ihrer Bücherweihe zu verhindern 1). Im
XV. Jahrhundert kamen dann noch Dinge vor wie z. B.
das Anerbieten Regengüſſe zu bewirken, um damit ein Be-
lagerungsheer zu verſcheuchen; und ſchon damals hatte der
Gebieter der belagerten Stadt — Nicolò Vitelli in Città
di Caſtello — den Verſtand, die Regenmacher als gottloſe
Leute abzuweiſen 2). Im XVI. Jahrhundert treten ſolche
officielle Dinge nicht mehr an den Tag, wenn auch das
Privatleben noch mannigfach den Beſchwörern anheimfällt.
In dieſe Zeit gehört allerdings die claſſiſche Figur des
deutſchen Zauberweſens, Dr. Johann Fauſt; die des ita-
lieniſchen dagegen, Guido Bonatto, fällt bereits ins XIII.
Jahrhundert.
6 Abſchnitt.
Auch hier wird man freilich beifügen müſſen, daß die
Abnahme des Beſchwörungsglaubens ſich nicht nothwendig
in eine Zunahme des Glaubens an die ſittliche Ordnung
des Menſchenlebens verwandelte, ſondern daß ſie vielleicht
bei Vielen nur einen dumpfen Fatalismus zurückließ, ähn-
lich wie der ſchwindende Sternglaube.
Ein paar Nebengattungen des Wahns, die Pyromantie,
Deſſen Neben-
gattungen.
1) Uberti, il Dittamondo, III, cap. 1. Er beſucht in der Mark An-
cona auch Scariotto, den vermeintl. Geburtsort des Judas und
bemerkt dabei: „an dieſer Stelle darf ich auch nicht den Pilatusberg
übergehen, mit ſeinem See, wo den Sommer über regelmäßige
Wachen abwechſeln; denn wer Magie verſteht, kommt hier heraufge-
ſtiegen um ſein Buch zu weihen, worauf großer Sturm ſich erhebt,
wie die Leute des Ortes ſagen“. Das Weihen der Bücher iſt, wie
ſchon S. 534 erwähnt wurde, eine beſondere, von der eigentlichen
Beſchwörung verſchiedene Ceremonie.
2) De obsidione Tiphernatium 1474. (Rerum ital. scriptt. ex
florent. codicibus, Tom. II.)
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/557>, abgerufen am 16.02.2025.
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