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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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6. Abschnitt.lichen Bann liegt und daß die ganze Persönlichkeit erst von
da aus mit jenem fahlen, unheimlichen Lichte bestrahlt er-
erscheint. Bei Braccio war diese Gesinnung allerdings so
weit ausgebildet, daß er z. B. über psallirende Mönche in
Wuth gerathen konnte und sie von einem Thurm herunter
werfen ließ 1), "allein gegen seine Soldaten war er doch
loyal und ein großer Feldherr". Ueberhaupt werden die
Verbrechen der Condottieren meist um des Vortheils willen
begangen worden sein, auf Antrieb ihrer höchst demorali-
sirenden Stellung, und auch die scheinbar muthwillige
Grausamkeit möchte in der Regel ihren Zweck gehabt haben,
wäre es auch nur der einer allgemeinen Einschüchterung
gewesen. Die Grausamkeiten der Aragonesen hatten, wie
wir (S. 35) sahen, ihre Hauptquelle in Rachsucht und
Angst. Einen unbedingten Blutdurst, eine teuflische Lust
am Verderben wird man am ehesten bei dem Spanier Ce-
sare Borgia finden, dessen Gräuel die vorhandenen Zwecke
in der That um ein Bedeutendes überschreiten (S. 113, ff.).
Sig. Malatesta.Sodann ist eine eigentliche Lust am Bösen in Sigismondo
Malatesta, dem Gewaltherrscher von Rimini (S. 33 und
223, f.) erkennbar; es ist nicht nur die römische Curie 2) son-
dern auch das Urtheil der Geschichte, welches ihm Mord,
Nothzucht, Ehebruch, Blutschande, Kirchenraub, Meineid
und Verrath und zwar in wiederholten Fällen Schuld giebt;
das Gräßlichste aber, die versuchte Nothzucht am eigenen
Sohn Roberto, welche dieser mit gezücktem Dolche zurück-
wies 3), möchte doch wohl nicht bloß Sache der Verworfen-
heit sondern eines astrologischen oder magischen Aberglaubens
gewesen sein. Dasselbe hat man schon vermuthet, um die

1) Giornali napoletani, bei Muratori XXI, Col. 1092, ad
a.
1425.
2) Pii II, comment. L. VII, p. 338.
3) Jovian. Pontan. de immanitate, wo auch von Sigismondo's
Schwängerung der eigenen Tochter u. dgl. die Rede ist.

6. Abſchnitt.lichen Bann liegt und daß die ganze Perſönlichkeit erſt von
da aus mit jenem fahlen, unheimlichen Lichte beſtrahlt er-
erſcheint. Bei Braccio war dieſe Geſinnung allerdings ſo
weit ausgebildet, daß er z. B. über pſallirende Mönche in
Wuth gerathen konnte und ſie von einem Thurm herunter
werfen ließ 1), „allein gegen ſeine Soldaten war er doch
loyal und ein großer Feldherr“. Ueberhaupt werden die
Verbrechen der Condottieren meiſt um des Vortheils willen
begangen worden ſein, auf Antrieb ihrer höchſt demorali-
ſirenden Stellung, und auch die ſcheinbar muthwillige
Grauſamkeit möchte in der Regel ihren Zweck gehabt haben,
wäre es auch nur der einer allgemeinen Einſchüchterung
geweſen. Die Grauſamkeiten der Aragoneſen hatten, wie
wir (S. 35) ſahen, ihre Hauptquelle in Rachſucht und
Angſt. Einen unbedingten Blutdurſt, eine teufliſche Luſt
am Verderben wird man am eheſten bei dem Spanier Ce-
ſare Borgia finden, deſſen Gräuel die vorhandenen Zwecke
in der That um ein Bedeutendes überſchreiten (S. 113, ff.).
Sig. Malateſta.Sodann iſt eine eigentliche Luſt am Böſen in Sigismondo
Malateſta, dem Gewaltherrſcher von Rimini (S. 33 und
223, f.) erkennbar; es iſt nicht nur die römiſche Curie 2) ſon-
dern auch das Urtheil der Geſchichte, welches ihm Mord,
Nothzucht, Ehebruch, Blutſchande, Kirchenraub, Meineid
und Verrath und zwar in wiederholten Fällen Schuld giebt;
das Gräßlichſte aber, die verſuchte Nothzucht am eigenen
Sohn Roberto, welche dieſer mit gezücktem Dolche zurück-
wies 3), möchte doch wohl nicht bloß Sache der Verworfen-
heit ſondern eines aſtrologiſchen oder magiſchen Aberglaubens
geweſen ſein. Daſſelbe hat man ſchon vermuthet, um die

1) Giornali napoletani, bei Muratori XXI, Col. 1092, ad
a.
1425.
2) Pii II, comment. L. VII, p. 338.
3) Jovian. Pontan. de immanitate, wo auch von Sigismondo's
Schwängerung der eigenen Tochter u. dgl. die Rede iſt.
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[454/0464] lichen Bann liegt und daß die ganze Perſönlichkeit erſt von da aus mit jenem fahlen, unheimlichen Lichte beſtrahlt er- erſcheint. Bei Braccio war dieſe Geſinnung allerdings ſo weit ausgebildet, daß er z. B. über pſallirende Mönche in Wuth gerathen konnte und ſie von einem Thurm herunter werfen ließ 1), „allein gegen ſeine Soldaten war er doch loyal und ein großer Feldherr“. Ueberhaupt werden die Verbrechen der Condottieren meiſt um des Vortheils willen begangen worden ſein, auf Antrieb ihrer höchſt demorali- ſirenden Stellung, und auch die ſcheinbar muthwillige Grauſamkeit möchte in der Regel ihren Zweck gehabt haben, wäre es auch nur der einer allgemeinen Einſchüchterung geweſen. Die Grauſamkeiten der Aragoneſen hatten, wie wir (S. 35) ſahen, ihre Hauptquelle in Rachſucht und Angſt. Einen unbedingten Blutdurſt, eine teufliſche Luſt am Verderben wird man am eheſten bei dem Spanier Ce- ſare Borgia finden, deſſen Gräuel die vorhandenen Zwecke in der That um ein Bedeutendes überſchreiten (S. 113, ff.). Sodann iſt eine eigentliche Luſt am Böſen in Sigismondo Malateſta, dem Gewaltherrſcher von Rimini (S. 33 und 223, f.) erkennbar; es iſt nicht nur die römiſche Curie 2) ſon- dern auch das Urtheil der Geſchichte, welches ihm Mord, Nothzucht, Ehebruch, Blutſchande, Kirchenraub, Meineid und Verrath und zwar in wiederholten Fällen Schuld giebt; das Gräßlichſte aber, die verſuchte Nothzucht am eigenen Sohn Roberto, welche dieſer mit gezücktem Dolche zurück- wies 3), möchte doch wohl nicht bloß Sache der Verworfen- heit ſondern eines aſtrologiſchen oder magiſchen Aberglaubens geweſen ſein. Daſſelbe hat man ſchon vermuthet, um die 6. Abſchnitt. Sig. Malateſta. 1) Giornali napoletani, bei Muratori XXI, Col. 1092, ad a. 1425. 2) Pii II, comment. L. VII, p. 338. 3) Jovian. Pontan. de immanitate, wo auch von Sigismondo's Schwängerung der eigenen Tochter u. dgl. die Rede iſt.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/464>, abgerufen am 27.11.2024.