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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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5. Abschnitt.gorischen Herumkutschirens kein Ende, und auch das wich-
tigste erhaltene Kunstwerk aus Borso's Zeit, der Fresken-
cyclus im Palast Schifanoja, weist einen ganzen Fries
dieses Inhalts auf 1). Rafael, als er die Camera della
Segnatura auszumalen hatte, bekam überhaupt diesen ganzen
Gedankenkreis schon in recht ausgelebter, entweihter Gestalt
in seine Hände. Wie er ihm eine neue und letzte Weihe
gab, wird denn auch ein Gegenstand ewiger Bewunderung
bleiben.

Die eigentlichen triumphalen Einzüge von Eroberern
waren nur Ausnahmen. Jeder festliche Zug aber, mochte
er irgend ein Ereigniß verherrlichen oder nur um seiner
selber willen vorhanden sein, nahm mehr oder weniger den
Character und fast immer den Namen eines Trionfo an.
Es ist ein Wunder, daß man nicht auch die Leichenbegäng-
nisse in diesen Kreis hineinzog 2).

Triumphe be-
rühmter Römer.
Für's Erste führte man am Carneval und bei andern
Anlässen Triumphe bestimmter altrömischer Feldherrn auf.
So in Florenz den des Paulus Aemilius (unter Lorenzo
magnifico), den des Camillus (beim Besuch Leo's X.), beide
unter der Leitung des Malers Francesco Granacci 3). In

1) Auch Tafelbilder ähnlichen Inhalts kommen nicht selten vor, gewiß
oft als Erinnerung an wirkliche Maskeraden. Die Großen gewöhn-
ten sich bald bei jeder Feierlichkeit an's Fahren. Annibale Benti-
voglio, der älteste Sohn des Stadtherrn von Bologna, fährt als
Kampfrichter von einem ordinären Waffenspiel nach dem Palast cum
triumpho more romano. Bursellis, l. c. Col. 909, ad a. 1490.
2) Bei der merkwürdigen Leichenfeier des 1437 vergifteten Malatesta
Baglione zu Perugia (Graziani, arch. stor. XVI, I, p. 413)
wird man beinahe an den Leichenpomp des alten Etruriens erinnert.
Indeß gehören die Trauerritter u. dgl. der allgemeinen abendländi-
schen Adelssitte an. Vgl. z. B.: Die Erequien des Bertrand Du-
guesclin bei Juvenal des Ursins, ad a. 1389. -- S. auch Gra-
ziani, l. c. p. 360.
3) Vasari, IX, p. 218, vita di Granacci.

5. Abſchnitt.goriſchen Herumkutſchirens kein Ende, und auch das wich-
tigſte erhaltene Kunſtwerk aus Borſo's Zeit, der Fresken-
cyclus im Palaſt Schifanoja, weist einen ganzen Fries
dieſes Inhalts auf 1). Rafael, als er die Camera della
Segnatura auszumalen hatte, bekam überhaupt dieſen ganzen
Gedankenkreis ſchon in recht ausgelebter, entweihter Geſtalt
in ſeine Hände. Wie er ihm eine neue und letzte Weihe
gab, wird denn auch ein Gegenſtand ewiger Bewunderung
bleiben.

Die eigentlichen triumphalen Einzüge von Eroberern
waren nur Ausnahmen. Jeder feſtliche Zug aber, mochte
er irgend ein Ereigniß verherrlichen oder nur um ſeiner
ſelber willen vorhanden ſein, nahm mehr oder weniger den
Character und faſt immer den Namen eines Trionfo an.
Es iſt ein Wunder, daß man nicht auch die Leichenbegäng-
niſſe in dieſen Kreis hineinzog 2).

Triumphe be-
rühmter Römer.
Für's Erſte führte man am Carneval und bei andern
Anläſſen Triumphe beſtimmter altrömiſcher Feldherrn auf.
So in Florenz den des Paulus Aemilius (unter Lorenzo
magnifico), den des Camillus (beim Beſuch Leo's X.), beide
unter der Leitung des Malers Francesco Granacci 3). In

1) Auch Tafelbilder ähnlichen Inhalts kommen nicht ſelten vor, gewiß
oft als Erinnerung an wirkliche Maskeraden. Die Großen gewöhn-
ten ſich bald bei jeder Feierlichkeit an's Fahren. Annibale Benti-
voglio, der älteſte Sohn des Stadtherrn von Bologna, fährt als
Kampfrichter von einem ordinären Waffenſpiel nach dem Palaſt cum
triumpho more romano. Bursellis, l. c. Col. 909, ad a. 1490.
2) Bei der merkwürdigen Leichenfeier des 1437 vergifteten Malateſta
Baglione zu Perugia (Graziani, arch. stor. XVI, I, p. 413)
wird man beinahe an den Leichenpomp des alten Etruriens erinnert.
Indeß gehören die Trauerritter u. dgl. der allgemeinen abendländi-
ſchen Adelsſitte an. Vgl. z. B.: Die Erequien des Bertrand Du-
guesclin bei Juvénal des Ursins, ad a. 1389. — S. auch Gra-
ziani, l. c. p. 360.
3) Vasari, IX, p. 218, vita di Granacci.
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[420/0430] goriſchen Herumkutſchirens kein Ende, und auch das wich- tigſte erhaltene Kunſtwerk aus Borſo's Zeit, der Fresken- cyclus im Palaſt Schifanoja, weist einen ganzen Fries dieſes Inhalts auf 1). Rafael, als er die Camera della Segnatura auszumalen hatte, bekam überhaupt dieſen ganzen Gedankenkreis ſchon in recht ausgelebter, entweihter Geſtalt in ſeine Hände. Wie er ihm eine neue und letzte Weihe gab, wird denn auch ein Gegenſtand ewiger Bewunderung bleiben. 5. Abſchnitt. Die eigentlichen triumphalen Einzüge von Eroberern waren nur Ausnahmen. Jeder feſtliche Zug aber, mochte er irgend ein Ereigniß verherrlichen oder nur um ſeiner ſelber willen vorhanden ſein, nahm mehr oder weniger den Character und faſt immer den Namen eines Trionfo an. Es iſt ein Wunder, daß man nicht auch die Leichenbegäng- niſſe in dieſen Kreis hineinzog 2). Für's Erſte führte man am Carneval und bei andern Anläſſen Triumphe beſtimmter altrömiſcher Feldherrn auf. So in Florenz den des Paulus Aemilius (unter Lorenzo magnifico), den des Camillus (beim Beſuch Leo's X.), beide unter der Leitung des Malers Francesco Granacci 3). In Triumphe be- rühmter Römer. 1) Auch Tafelbilder ähnlichen Inhalts kommen nicht ſelten vor, gewiß oft als Erinnerung an wirkliche Maskeraden. Die Großen gewöhn- ten ſich bald bei jeder Feierlichkeit an's Fahren. Annibale Benti- voglio, der älteſte Sohn des Stadtherrn von Bologna, fährt als Kampfrichter von einem ordinären Waffenſpiel nach dem Palaſt cum triumpho more romano. Bursellis, l. c. Col. 909, ad a. 1490. 2) Bei der merkwürdigen Leichenfeier des 1437 vergifteten Malateſta Baglione zu Perugia (Graziani, arch. stor. XVI, I, p. 413) wird man beinahe an den Leichenpomp des alten Etruriens erinnert. Indeß gehören die Trauerritter u. dgl. der allgemeinen abendländi- ſchen Adelsſitte an. Vgl. z. B.: Die Erequien des Bertrand Du- guesclin bei Juvénal des Ursins, ad a. 1389. — S. auch Gra- ziani, l. c. p. 360. 3) Vasari, IX, p. 218, vita di Granacci.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/430>, abgerufen am 20.04.2024.