Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.Ob das XV. Jahrhundert schriftliche Rechenschaft über4. Abschnitt. 1) Das sehr schöne Liederbuch des Giusto de' Conti: la bella mano meldet nicht einmal von dieser berühmten Hand seiner Geliebten so viel Specielles wie Boccaccio an zehn Stellen seines Ameto von den Händen seiner Nymphen erzählt. 2) Della bellezza delle donne, im I. Band der Opere di Firen- zuola, Milano 1802. -- Seine Ansicht über die Körperschönheit als Anzeige der Seelenschönheit vgl. vol. II, p. 48 bis 52, in den ragionamenti vor seinen Novellen. -- Unter den vielen Andern welche dieß, zum Theil nach Art der Alten, verfechten, nennen wir nur Castiglione, il Cortigiano, L. IV, fol. 176. 3) Worüber Jedermann einverstanden war, nicht bloß die Maler aus
Gründen des Colorites. Ob das XV. Jahrhundert ſchriftliche Rechenſchaft über4. Abſchnitt. 1) Das ſehr ſchöne Liederbuch des Giuſto de' Conti: la bella mano meldet nicht einmal von dieſer berühmten Hand ſeiner Geliebten ſo viel Specielles wie Boccaccio an zehn Stellen ſeines Ameto von den Händen ſeiner Nymphen erzählt. 2) Della bellezza delle donne, im I. Band der Opere di Firen- zuola, Milano 1802. — Seine Anſicht über die Körperſchönheit als Anzeige der Seelenſchönheit vgl. vol. II, p. 48 bis 52, in den ragionamenti vor ſeinen Novellen. — Unter den vielen Andern welche dieß, zum Theil nach Art der Alten, verfechten, nennen wir nur Castiglione, il Cortigiano, L. IV, fol. 176. 3) Worüber Jedermann einverſtanden war, nicht bloß die Maler aus
Gründen des Colorites. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0353" n="343"/> <p>Ob das <hi rendition="#aq">XV.</hi> Jahrhundert ſchriftliche Rechenſchaft über<note place="right"><hi rendition="#b"><hi rendition="#u">4. Abſchnitt.</hi></hi></note><lb/> ſein Schönheitsideal hinterlaſſen hat, weiß ich nicht zu ſa-<lb/> gen; die Leiſtungen der Maler und Bildhauer würden<lb/> dieſelbe nicht ſo ganz entbehrlich machen, wie es auf den<lb/> erſten Anblick ſcheint, da gerade ihrem Realismus gegen-<lb/> über in den Schreibenden ein ſpecielles Poſtulat der Schön-<lb/> heit fortgelebt haben könnte <note place="foot" n="1)">Das ſehr ſchöne Liederbuch des Giuſto de' Conti: <hi rendition="#aq">la bella mano</hi><lb/> meldet nicht einmal von dieſer berühmten Hand ſeiner Geliebten ſo<lb/> viel Specielles wie Boccaccio an zehn Stellen ſeines Ameto von<lb/> den Händen ſeiner Nymphen erzählt.</note>. Im <hi rendition="#aq">XVI.</hi> Jahrhundert<note place="right">Firenzuola's<lb/> Ideal.</note><lb/> tritt dann Firenzuola hervor mit ſeiner höchſt merkwürdigen<lb/> Schrift über weibliche Schönheit <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Della bellezza delle donne,</hi> im <hi rendition="#aq">I.</hi> Band der <hi rendition="#aq">Opere di Firen-<lb/> zuola, Milano 1802</hi>. — Seine Anſicht über die Körperſchönheit<lb/> als Anzeige der Seelenſchönheit vgl. <hi rendition="#aq">vol. II, p. 48</hi> bis 52, in den<lb/><hi rendition="#aq">ragionamenti</hi> vor ſeinen Novellen. — Unter den vielen Andern<lb/> welche dieß, zum Theil nach Art der Alten, verfechten, nennen wir<lb/> nur <hi rendition="#aq">Castiglione, il Cortigiano, L. IV, fol. 176</hi>.</note>. Man muß vor Allem<lb/> ausſcheiden was er nur von antiken Autoren und von<lb/> Künſtlern gelernt hat, wie die Maßbeſtimmungen nach<lb/> Kopflängen, einzelne abſtracte Begriffe ꝛc. Was übrig<lb/> bleibt iſt eigene echte Wahrnehmung, die er mit Beiſpielen<lb/> von lauter Frauen und Mädchen aus Prato belegt. Da<lb/> nun ſein Werkchen eine Art von Vortrag iſt, den er vor<lb/> ſeinen Prateſerinnen, alſo den ſtrengſten Richterinnen hält,<lb/> ſo muß er dabei ſich wohl an die Wahrheit angeſchloſſen<lb/> haben. Sein Princip iſt zugeſtandenermaßen das des<lb/> Zeuxis und Lucian: ein Zuſammenſuchen von einzelnen<lb/> ſchönſten Theilen zu einer höchſten Schönheit. Er definirt<lb/> die Ausdrücke der Farben, die an Haut und Haaren vor-<lb/> kommen, und giebt dem <hi rendition="#aq">biondo</hi> den Vorzug als der we-<lb/> ſentlichen und ſchönſten Haarfarbe <note place="foot" n="3)"><choice><sic>Werüber</sic><corr>Worüber</corr></choice> Jedermann einverſtanden war, nicht <choice><sic>bleß</sic><corr>bloß</corr></choice> die Maler aus<lb/> Gründen des Colorites.</note>, nur daß er darunter<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [343/0353]
Ob das XV. Jahrhundert ſchriftliche Rechenſchaft über
ſein Schönheitsideal hinterlaſſen hat, weiß ich nicht zu ſa-
gen; die Leiſtungen der Maler und Bildhauer würden
dieſelbe nicht ſo ganz entbehrlich machen, wie es auf den
erſten Anblick ſcheint, da gerade ihrem Realismus gegen-
über in den Schreibenden ein ſpecielles Poſtulat der Schön-
heit fortgelebt haben könnte 1). Im XVI. Jahrhundert
tritt dann Firenzuola hervor mit ſeiner höchſt merkwürdigen
Schrift über weibliche Schönheit 2). Man muß vor Allem
ausſcheiden was er nur von antiken Autoren und von
Künſtlern gelernt hat, wie die Maßbeſtimmungen nach
Kopflängen, einzelne abſtracte Begriffe ꝛc. Was übrig
bleibt iſt eigene echte Wahrnehmung, die er mit Beiſpielen
von lauter Frauen und Mädchen aus Prato belegt. Da
nun ſein Werkchen eine Art von Vortrag iſt, den er vor
ſeinen Prateſerinnen, alſo den ſtrengſten Richterinnen hält,
ſo muß er dabei ſich wohl an die Wahrheit angeſchloſſen
haben. Sein Princip iſt zugeſtandenermaßen das des
Zeuxis und Lucian: ein Zuſammenſuchen von einzelnen
ſchönſten Theilen zu einer höchſten Schönheit. Er definirt
die Ausdrücke der Farben, die an Haut und Haaren vor-
kommen, und giebt dem biondo den Vorzug als der we-
ſentlichen und ſchönſten Haarfarbe 3), nur daß er darunter
4. Abſchnitt.
Firenzuola's
Ideal.
1) Das ſehr ſchöne Liederbuch des Giuſto de' Conti: la bella mano
meldet nicht einmal von dieſer berühmten Hand ſeiner Geliebten ſo
viel Specielles wie Boccaccio an zehn Stellen ſeines Ameto von
den Händen ſeiner Nymphen erzählt.
2) Della bellezza delle donne, im I. Band der Opere di Firen-
zuola, Milano 1802. — Seine Anſicht über die Körperſchönheit
als Anzeige der Seelenſchönheit vgl. vol. II, p. 48 bis 52, in den
ragionamenti vor ſeinen Novellen. — Unter den vielen Andern
welche dieß, zum Theil nach Art der Alten, verfechten, nennen wir
nur Castiglione, il Cortigiano, L. IV, fol. 176.
3) Worüber Jedermann einverſtanden war, nicht bloß die Maler aus
Gründen des Colorites.
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