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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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sie miethen um ein Geringes einen hergelaufenen kecken3. Abschnitt.
Pedanten, der nur in den Mund der Leute kommen will,
sei es auch durch den schlimmsten Tadel. Der Todte, denkt
man, spüre ja nichts davon wenn ein Affe in Trauerge-
wand auf der Kanzel steht, mit weinerlichem heiserm Ge-
murmel beginnt und allmälig ins laute Gebell übergeht.
Auch die festlichen Predigten bei den päpstlichen Functionen
werfen keinen rechten Lohn mehr ab; Mönche von allen
Orden haben sich wieder derselben bemächtigt und predigen
wie für die ungebildetsten Zuhörer. Noch vor wenigen Jahren
konnte eine solche Predigt bei der Messe in Gegenwart des
Papstes der Weg zu einem Bisthum werden."

An die Epistolographie und die Redekunst der Hu-Die Abhand-
lung.

manisten schließen wir hier noch ihre übrigen Productionen
an, welche zugleich mehr oder weniger Reproductionen des
Alterthums sind.

Hieher gehört zunächst die Abhandlung in unmittel-
barer oder in dialogischer Form 1), welche letztere man direct
von Cicero herüber nahm. Um dieser Gattung einiger-
maßen gerecht zu werden, um sie nicht als Quelle der Lan-
genweile von vorn herein zu verwerfen, muß man zweierlei
erwägen. Das Jahrhundert, welches dem Mittelalter ent-
rann, bedurfte in vielen einzelnen Fragen moralischer und
philosophischer Natur einer speciellen Vermittelung zwischen
sich und dem Alterthum, und diese Stelle nahmen nun
die Tractat- und Dialogschreiber ein. Vieles was uns in
ihren Schriften als Gemeinplatz erscheint, war für sie und
ihre Zeitgenossen eine mühsam neu errungene Anschauung

1) Eine besondere Gattung machen natürlich die halbsatirischen Dialoge
aus, welche Collenuccio und besonders Pontano dem Lucian nach-
bildeten. Von ihnen sind dann Erasmus und Hutten angeregt
worden. -- Für die eigentlichen Abhandlungen mochten frühe schon
Stücke aus den Moralien des Plutarch als Vorbild dienen.

ſie miethen um ein Geringes einen hergelaufenen kecken3. Abſchnitt.
Pedanten, der nur in den Mund der Leute kommen will,
ſei es auch durch den ſchlimmſten Tadel. Der Todte, denkt
man, ſpüre ja nichts davon wenn ein Affe in Trauerge-
wand auf der Kanzel ſteht, mit weinerlichem heiſerm Ge-
murmel beginnt und allmälig ins laute Gebell übergeht.
Auch die feſtlichen Predigten bei den päpſtlichen Functionen
werfen keinen rechten Lohn mehr ab; Mönche von allen
Orden haben ſich wieder derſelben bemächtigt und predigen
wie für die ungebildetſten Zuhörer. Noch vor wenigen Jahren
konnte eine ſolche Predigt bei der Meſſe in Gegenwart des
Papſtes der Weg zu einem Bisthum werden.“

An die Epiſtolographie und die Redekunſt der Hu-Die Abhand-
lung.

maniſten ſchließen wir hier noch ihre übrigen Productionen
an, welche zugleich mehr oder weniger Reproductionen des
Alterthums ſind.

Hieher gehört zunächſt die Abhandlung in unmittel-
barer oder in dialogiſcher Form 1), welche letztere man direct
von Cicero herüber nahm. Um dieſer Gattung einiger-
maßen gerecht zu werden, um ſie nicht als Quelle der Lan-
genweile von vorn herein zu verwerfen, muß man zweierlei
erwägen. Das Jahrhundert, welches dem Mittelalter ent-
rann, bedurfte in vielen einzelnen Fragen moraliſcher und
philoſophiſcher Natur einer ſpeciellen Vermittelung zwiſchen
ſich und dem Alterthum, und dieſe Stelle nahmen nun
die Tractat- und Dialogſchreiber ein. Vieles was uns in
ihren Schriften als Gemeinplatz erſcheint, war für ſie und
ihre Zeitgenoſſen eine mühſam neu errungene Anſchauung

1) Eine beſondere Gattung machen natürlich die halbſatiriſchen Dialoge
aus, welche Collenuccio und beſonders Pontano dem Lucian nach-
bildeten. Von ihnen ſind dann Erasmus und Hutten angeregt
worden. — Für die eigentlichen Abhandlungen mochten frühe ſchon
Stücke aus den Moralien des Plutarch als Vorbild dienen.
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[237/0247] ſie miethen um ein Geringes einen hergelaufenen kecken Pedanten, der nur in den Mund der Leute kommen will, ſei es auch durch den ſchlimmſten Tadel. Der Todte, denkt man, ſpüre ja nichts davon wenn ein Affe in Trauerge- wand auf der Kanzel ſteht, mit weinerlichem heiſerm Ge- murmel beginnt und allmälig ins laute Gebell übergeht. Auch die feſtlichen Predigten bei den päpſtlichen Functionen werfen keinen rechten Lohn mehr ab; Mönche von allen Orden haben ſich wieder derſelben bemächtigt und predigen wie für die ungebildetſten Zuhörer. Noch vor wenigen Jahren konnte eine ſolche Predigt bei der Meſſe in Gegenwart des Papſtes der Weg zu einem Bisthum werden.“ 3. Abſchnitt. An die Epiſtolographie und die Redekunſt der Hu- maniſten ſchließen wir hier noch ihre übrigen Productionen an, welche zugleich mehr oder weniger Reproductionen des Alterthums ſind. Die Abhand- lung. Hieher gehört zunächſt die Abhandlung in unmittel- barer oder in dialogiſcher Form 1), welche letztere man direct von Cicero herüber nahm. Um dieſer Gattung einiger- maßen gerecht zu werden, um ſie nicht als Quelle der Lan- genweile von vorn herein zu verwerfen, muß man zweierlei erwägen. Das Jahrhundert, welches dem Mittelalter ent- rann, bedurfte in vielen einzelnen Fragen moraliſcher und philoſophiſcher Natur einer ſpeciellen Vermittelung zwiſchen ſich und dem Alterthum, und dieſe Stelle nahmen nun die Tractat- und Dialogſchreiber ein. Vieles was uns in ihren Schriften als Gemeinplatz erſcheint, war für ſie und ihre Zeitgenoſſen eine mühſam neu errungene Anſchauung 1) Eine beſondere Gattung machen natürlich die halbſatiriſchen Dialoge aus, welche Collenuccio und beſonders Pontano dem Lucian nach- bildeten. Von ihnen ſind dann Erasmus und Hutten angeregt worden. — Für die eigentlichen Abhandlungen mochten frühe ſchon Stücke aus den Moralien des Plutarch als Vorbild dienen.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/247>, abgerufen am 23.11.2024.