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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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Schilderung bei Polifilo 1): Trümmer mächtiger Gewölbe3. Abschnitt.
und Colonnaden, durchwachsen von alten Platanen, Lor-
beeren und Cypressen nebst wildem Buschwerk. In der
heiligen Geschichte wird es, man kann kaum sagen wie,
gebräuchlich, die Darstellung der Geburt Christi in die
möglichst prachtvollen Ruinen eines Palastes zu verlegen 2).
Daß dann endlich die künstliche Ruine zum Requisit präch-
tiger Gartenanlagen wurde, ist nur die practische Aeußerung
desselben Gefühls.

Unendlich wichtiger aber als die baulichen und über-Die
alten Autoren
im XIV. Ih.

haupt künstlerischen Reste des Alterthums waren natürlich
die schriftlichen, griechische sowohl als lateinische. Man
hielt sie ja für Quellen aller Erkenntniß im absolutesten
Sinne. Das Bücherwesen jener Zeit der großen Fünde
ist oft geschildert worden: wir können nur einige weniger
beachtete Züge hier beifügen 3).

So groß die Einwirkung der alten Schriftsteller seit
langer Zeit und vorzüglich während des XIV. Jahrhunderts
in Italien erscheint, so war doch mehr das Längstbekannte
in zahlreichere Hände verbreitet als Neues entdeckt worden.
Die gangbarsten lateinischen Dichter, Historiker, Redner
und Epistolographen nebst einer Anzahl lateinischer Ueber-
setzungen nach einzelnen Schriften des Aristoteles, Plutarch
und weniger andern Griechen bildeten wesentlich den Vor-
rath, an welchem sich die Generation des Boccaccio und

1) Polifilo, Hypnerotomachia, ohne Seitenzahlen. Im Auszug bei
Temanza, p. 12.
2) Während alle Kirchenväter und alle Pilger nur von einer Höhle
wissen. Auch die Dichter können des Palastes entbehren. Vgl.
Sannazaro, de partu Virginis, L. II.
3) Hauptsächlich aus Vespasiano Fiorentino, im X. Bande des Spicileg.
romanum
von Mai. Der Autor war ein florentinischer Bücher-
händler und Copienlieferant um die Mitte des XV. Jahrh. und
nach derselben.

Schilderung bei Polifilo 1): Trümmer mächtiger Gewölbe3. Abſchnitt.
und Colonnaden, durchwachſen von alten Platanen, Lor-
beeren und Cypreſſen nebſt wildem Buſchwerk. In der
heiligen Geſchichte wird es, man kann kaum ſagen wie,
gebräuchlich, die Darſtellung der Geburt Chriſti in die
möglichſt prachtvollen Ruinen eines Palaſtes zu verlegen 2).
Daß dann endlich die künſtliche Ruine zum Requiſit präch-
tiger Gartenanlagen wurde, iſt nur die practiſche Aeußerung
deſſelben Gefühls.

Unendlich wichtiger aber als die baulichen und über-Die
alten Autoren
im XIV. Ih.

haupt künſtleriſchen Reſte des Alterthums waren natürlich
die ſchriftlichen, griechiſche ſowohl als lateiniſche. Man
hielt ſie ja für Quellen aller Erkenntniß im abſoluteſten
Sinne. Das Bücherweſen jener Zeit der großen Fünde
iſt oft geſchildert worden: wir können nur einige weniger
beachtete Züge hier beifügen 3).

So groß die Einwirkung der alten Schriftſteller ſeit
langer Zeit und vorzüglich während des XIV. Jahrhunderts
in Italien erſcheint, ſo war doch mehr das Längſtbekannte
in zahlreichere Hände verbreitet als Neues entdeckt worden.
Die gangbarſten lateiniſchen Dichter, Hiſtoriker, Redner
und Epiſtolographen nebſt einer Anzahl lateiniſcher Ueber-
ſetzungen nach einzelnen Schriften des Ariſtoteles, Plutarch
und weniger andern Griechen bildeten weſentlich den Vor-
rath, an welchem ſich die Generation des Boccaccio und

1) Polifilo, Hypnerotomachia, ohne Seitenzahlen. Im Auszug bei
Temanza, p. 12.
2) Während alle Kirchenväter und alle Pilger nur von einer Höhle
wiſſen. Auch die Dichter können des Palaſtes entbehren. Vgl.
Sannazaro, de partu Virginis, L. II.
3) Hauptſächlich aus Vespaſiano Fiorentino, im X. Bande des Spicileg.
romanum
von Mai. Der Autor war ein florentiniſcher Bücher-
händler und Copienlieferant um die Mitte des XV. Jahrh. und
nach derſelben.
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[187/0197] Schilderung bei Polifilo 1): Trümmer mächtiger Gewölbe und Colonnaden, durchwachſen von alten Platanen, Lor- beeren und Cypreſſen nebſt wildem Buſchwerk. In der heiligen Geſchichte wird es, man kann kaum ſagen wie, gebräuchlich, die Darſtellung der Geburt Chriſti in die möglichſt prachtvollen Ruinen eines Palaſtes zu verlegen 2). Daß dann endlich die künſtliche Ruine zum Requiſit präch- tiger Gartenanlagen wurde, iſt nur die practiſche Aeußerung deſſelben Gefühls. 3. Abſchnitt. Unendlich wichtiger aber als die baulichen und über- haupt künſtleriſchen Reſte des Alterthums waren natürlich die ſchriftlichen, griechiſche ſowohl als lateiniſche. Man hielt ſie ja für Quellen aller Erkenntniß im abſoluteſten Sinne. Das Bücherweſen jener Zeit der großen Fünde iſt oft geſchildert worden: wir können nur einige weniger beachtete Züge hier beifügen 3). Die alten Autoren im XIV. Ih. So groß die Einwirkung der alten Schriftſteller ſeit langer Zeit und vorzüglich während des XIV. Jahrhunderts in Italien erſcheint, ſo war doch mehr das Längſtbekannte in zahlreichere Hände verbreitet als Neues entdeckt worden. Die gangbarſten lateiniſchen Dichter, Hiſtoriker, Redner und Epiſtolographen nebſt einer Anzahl lateiniſcher Ueber- ſetzungen nach einzelnen Schriften des Ariſtoteles, Plutarch und weniger andern Griechen bildeten weſentlich den Vor- rath, an welchem ſich die Generation des Boccaccio und 1) Polifilo, Hypnerotomachia, ohne Seitenzahlen. Im Auszug bei Temanza, p. 12. 2) Während alle Kirchenväter und alle Pilger nur von einer Höhle wiſſen. Auch die Dichter können des Palaſtes entbehren. Vgl. Sannazaro, de partu Virginis, L. II. 3) Hauptſächlich aus Vespaſiano Fiorentino, im X. Bande des Spicileg. romanum von Mai. Der Autor war ein florentiniſcher Bücher- händler und Copienlieferant um die Mitte des XV. Jahrh. und nach derſelben.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/197>, abgerufen am 23.11.2024.