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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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Augustus in hohem Grade gemein hatte; er lobt seinen2. Abschnitt.
sittlichen Wandel mit einem Seitenblick auf die Geldgeschäfte
von Cosimo's Mutter Maria Salviati, und schließt mit
einer wimmernden Bettelei wegen der theuren Zeiten u. s. w.
Wenn ihn aber Cosimo pensionirte 1), und zwar im Ver-
hältniß zu seiner sonstigen Sparsamkeit ziemlich hoch (in
der letzten Zeit mit 160 Ducaten jährlich), so war wohl
eine bestimmte Rücksicht auf seine Gefährlichkeit als spani-
scher Agent mit im Spiel. Aretino durfte in einem Athem-
zug über Cosimo bitter spotten und schmähen und doch
dabei dem florentinischen Geschäftsträger drohen, daß er beim
Herzog seine baldige Abberufung erwirken werde. Und
wenn der Medici sich auch am Ende von Carl V. durch-
schaut wußte, so mochte er doch nicht wünschen, daß am
kaiserlichen Hofe aretinische Witze und Spottverse über ihn
in Curs kommen möchten. Eine ganz hübsch bedingte
Schmeichelei ist auch diejenige an den berüchtigten Marchese
von Marignano, der als "Castellan von Musso" einen
eigenen Staat zu gründen versucht hatte. Zum Dank für
übersandte hundert Scudi schreibt Aretin: "Alle Eigen-
"schaften, die ein Fürst haben muß, sind in Euch vorhan-
"den und Jedermann würde dieß einsehen, wenn nicht die
"bei allen Anfängen unvermeidliche Gewaltsamkeit Euch
"noch als etwas rauh (aspro) erscheinen ließe" 2).

Man hat häufig als etwas Besonderes hervorgehoben,Seine Religion.
daß Aretino nur die Welt, nicht auch Gott gelästert habe.
Was er geglaubt hat, ist bei seinem sonstigen Treiben völlig
gleichgültig, ebenso sind es die Erbauungsschriften, welche
er nur aus äußern Rücksichten 3) verfaßte. Sonst aber

1) Für das Folgende s. Gaye, carteggio, II, p. 336. 337. 345.
2) Lettere, ed. Venez. 1539. Fol. 15., vom 16. Juni 1529.
3) Mochte es die Hoffnung auf den rothen Hut oder die Furcht vor den
beginnenden Bluturtheilen der Inquisition sein, welche er noch 1535
herb zu tadeln gewagt hatte (s. a. a. O. Fol. 37), welche aber seit

Auguſtus in hohem Grade gemein hatte; er lobt ſeinen2. Abſchnitt.
ſittlichen Wandel mit einem Seitenblick auf die Geldgeſchäfte
von Coſimo's Mutter Maria Salviati, und ſchließt mit
einer wimmernden Bettelei wegen der theuren Zeiten u. ſ. w.
Wenn ihn aber Coſimo penſionirte 1), und zwar im Ver-
hältniß zu ſeiner ſonſtigen Sparſamkeit ziemlich hoch (in
der letzten Zeit mit 160 Ducaten jährlich), ſo war wohl
eine beſtimmte Rückſicht auf ſeine Gefährlichkeit als ſpani-
ſcher Agent mit im Spiel. Aretino durfte in einem Athem-
zug über Coſimo bitter ſpotten und ſchmähen und doch
dabei dem florentiniſchen Geſchäftsträger drohen, daß er beim
Herzog ſeine baldige Abberufung erwirken werde. Und
wenn der Medici ſich auch am Ende von Carl V. durch-
ſchaut wußte, ſo mochte er doch nicht wünſchen, daß am
kaiſerlichen Hofe aretiniſche Witze und Spottverſe über ihn
in Curs kommen möchten. Eine ganz hübſch bedingte
Schmeichelei iſt auch diejenige an den berüchtigten Marcheſe
von Marignano, der als „Caſtellan von Muſſo“ einen
eigenen Staat zu gründen verſucht hatte. Zum Dank für
überſandte hundert Scudi ſchreibt Aretin: „Alle Eigen-
„ſchaften, die ein Fürſt haben muß, ſind in Euch vorhan-
„den und Jedermann würde dieß einſehen, wenn nicht die
„bei allen Anfängen unvermeidliche Gewaltſamkeit Euch
„noch als etwas rauh (aspro) erſcheinen ließe“ 2).

Man hat häufig als etwas Beſonderes hervorgehoben,Seine Religion.
daß Aretino nur die Welt, nicht auch Gott geläſtert habe.
Was er geglaubt hat, iſt bei ſeinem ſonſtigen Treiben völlig
gleichgültig, ebenſo ſind es die Erbauungsſchriften, welche
er nur aus äußern Rückſichten 3) verfaßte. Sonſt aber

1) Für das Folgende ſ. Gaye, carteggio, II, p. 336. 337. 345.
2) Lettere, ed. Venez. 1539. Fol. 15., vom 16. Juni 1529.
3) Mochte es die Hoffnung auf den rothen Hut oder die Furcht vor den
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[169/0179] Auguſtus in hohem Grade gemein hatte; er lobt ſeinen ſittlichen Wandel mit einem Seitenblick auf die Geldgeſchäfte von Coſimo's Mutter Maria Salviati, und ſchließt mit einer wimmernden Bettelei wegen der theuren Zeiten u. ſ. w. Wenn ihn aber Coſimo penſionirte 1), und zwar im Ver- hältniß zu ſeiner ſonſtigen Sparſamkeit ziemlich hoch (in der letzten Zeit mit 160 Ducaten jährlich), ſo war wohl eine beſtimmte Rückſicht auf ſeine Gefährlichkeit als ſpani- ſcher Agent mit im Spiel. Aretino durfte in einem Athem- zug über Coſimo bitter ſpotten und ſchmähen und doch dabei dem florentiniſchen Geſchäftsträger drohen, daß er beim Herzog ſeine baldige Abberufung erwirken werde. Und wenn der Medici ſich auch am Ende von Carl V. durch- ſchaut wußte, ſo mochte er doch nicht wünſchen, daß am kaiſerlichen Hofe aretiniſche Witze und Spottverſe über ihn in Curs kommen möchten. Eine ganz hübſch bedingte Schmeichelei iſt auch diejenige an den berüchtigten Marcheſe von Marignano, der als „Caſtellan von Muſſo“ einen eigenen Staat zu gründen verſucht hatte. Zum Dank für überſandte hundert Scudi ſchreibt Aretin: „Alle Eigen- „ſchaften, die ein Fürſt haben muß, ſind in Euch vorhan- „den und Jedermann würde dieß einſehen, wenn nicht die „bei allen Anfängen unvermeidliche Gewaltſamkeit Euch „noch als etwas rauh (aspro) erſcheinen ließe“ 2). 2. Abſchnitt. Man hat häufig als etwas Beſonderes hervorgehoben, daß Aretino nur die Welt, nicht auch Gott geläſtert habe. Was er geglaubt hat, iſt bei ſeinem ſonſtigen Treiben völlig gleichgültig, ebenſo ſind es die Erbauungsſchriften, welche er nur aus äußern Rückſichten 3) verfaßte. Sonſt aber Seine Religion. 1) Für das Folgende ſ. Gaye, carteggio, II, p. 336. 337. 345. 2) Lettere, ed. Venez. 1539. Fol. 15., vom 16. Juni 1529. 3) Mochte es die Hoffnung auf den rothen Hut oder die Furcht vor den beginnenden Bluturtheilen der Inquiſition ſein, welche er noch 1535 herb zu tadeln gewagt hatte (ſ. a. a. O. Fol. 37), welche aber ſeit

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/179>, abgerufen am 28.11.2024.