Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.der monumental gesinnte, ruhmbegierige italienische Tyrann,1. Abschnitt. Weltbekannt ist in dieser Beziehung der Gewaltherrscher 1) Petrarca, de rep. optime administranda, ad Franc. Carraram. (Opera, p. 372, s.) 2) Erst hundert Jahre später wird dann auch die Fürstinn zur Landes- mutter. Vgl. Hieron. Crivelli's Leichenrede auf Bianca Maria Visconti, bei Muratori, XXV, Col. 429. Eine spöttische Ueber- tragung hievon ist es, wenn eine Schwester Papst Sixtus IV. bei Jac. Volaterranus (Murat. XXIII. Col. 109) mater ecclesiae genannt wird. 3) Mit dem beiläufigen Wunsch, es möchte das Lagern der Schweine
in den Gassen von Padua verboten werden, da der Anblick an sich unerfreulich sei und die Pferde davon scheu würden. der monumental geſinnte, ruhmbegierige italieniſche Tyrann,1. Abſchnitt. Weltbekannt iſt in dieſer Beziehung der Gewaltherrſcher 1) Petrarca, de rep. optime administranda, ad Franc. Carraram. (Opera, p. 372, s.) 2) Erſt hundert Jahre ſpäter wird dann auch die Fürſtinn zur Landes- mutter. Vgl. Hieron. Crivelli's Leichenrede auf Bianca Maria Visconti, bei Muratori, XXV, Col. 429. Eine ſpöttiſche Ueber- tragung hievon iſt es, wenn eine Schweſter Papſt Sixtus IV. bei Jac. Volaterranus (Murat. XXIII. Col. 109) mater ecclesiae genannt wird. 3) Mit dem beiläufigen Wunſch, es möchte das Lagern der Schweine
in den Gaſſen von Padua verboten werden, da der Anblick an ſich unerfreulich ſei und die Pferde davon ſcheu würden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0017" n="7"/> der monumental geſinnte, ruhmbegierige italieniſche Tyrann,<note place="right"><hi rendition="#b"><hi rendition="#u">1. Abſchnitt.</hi></hi></note><lb/> der das Talent als ſolches braucht. Mit dem Dichter oder<lb/> Gelehrten zuſammen fühlt er ſich auf einem neuen Boden,<lb/> ja faſt im Beſitz einer neuen Legitimität.</p><lb/> <p>Weltbekannt iſt in dieſer Beziehung der Gewaltherrſcher<lb/> von Verona, Can Grande della Scala, welcher in den aus-<lb/> gezeichneten Verbannten an ſeinem Hofe ein ganzes Italien<lb/> beiſammen unterhielt. Die Schriftſteller waren dankbar;<lb/> Petrarca, deſſen Beſuche an dieſen Höfen ſo ſtrenge Tadler<lb/> gefunden haben, ſchilderte das ideale Bild eines Fürſten<note place="right">Das damalige<lb/> Ideal des<lb/> Herrſchers.</note><lb/> des <hi rendition="#aq">XIV.</hi> Jahrhunderts. <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Petrarca, de rep. optime administranda, ad Franc. Carraram.<lb/> (Opera, p. 372, s.)</hi></note> Er verlangt von ſeinem Adreſſa-<lb/> ten — dem Herrn von Padua — Vieles und Großes, aber<lb/> auf eine Weiſe als traute er es ihm zu. „Du mußt nicht<lb/> Herr deiner Bürger, ſondern Vater des Vaterlandes ſein<lb/> und jene wie deine Kinder lieben, <note place="foot" n="2)">Erſt hundert Jahre ſpäter wird dann auch die Fürſtinn zur Landes-<lb/> mutter. Vgl. Hieron. Crivelli's Leichenrede auf Bianca Maria<lb/> Visconti, bei Muratori, <hi rendition="#aq">XXV, Col.</hi> 429. Eine ſpöttiſche Ueber-<lb/> tragung hievon iſt es, wenn eine Schweſter Papſt Sixtus <hi rendition="#aq">IV.</hi> bei<lb/> Jac. Volaterranus <hi rendition="#aq">(Murat. XXIII. Col. 109) mater ecclesiae</hi><lb/> genannt wird.</note> ja wie Glieder deines<lb/> Leibes. Waffen, Trabanten und Söldner magſt du gegen<lb/> die Feinde wenden — gegen deine Bürger kommſt du mit<lb/> dem bloßen Wohlwollen aus; freilich meine ich nur die<lb/> Bürger welche das Beſtehende lieben, denn wer täglich auf<lb/> Veränderungen ſinnt, der iſt ein Rebell und Staatsfeind<lb/> und gegen ſolche mag ſtrenge Gerechtigkeit walten!“ Im<lb/> Einzelnen folgt nun die echt moderne Fiction der Staats-<lb/> allmacht; der Fürſt ſoll für Alles ſorgen, Kirchen und<lb/> öffentliche Gebäude herſtellen und unterhalten, die Gaſſen-<lb/> polizei aufrecht halten, <note place="foot" n="3)">Mit dem beiläufigen Wunſch, es möchte das Lagern der Schweine<lb/> in den Gaſſen von Padua verboten werden, da der Anblick an ſich<lb/> unerfreulich ſei und die Pferde davon ſcheu würden.</note> Sümpfe austrocknen, über Wein<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [7/0017]
der monumental geſinnte, ruhmbegierige italieniſche Tyrann,
der das Talent als ſolches braucht. Mit dem Dichter oder
Gelehrten zuſammen fühlt er ſich auf einem neuen Boden,
ja faſt im Beſitz einer neuen Legitimität.
1. Abſchnitt.
Weltbekannt iſt in dieſer Beziehung der Gewaltherrſcher
von Verona, Can Grande della Scala, welcher in den aus-
gezeichneten Verbannten an ſeinem Hofe ein ganzes Italien
beiſammen unterhielt. Die Schriftſteller waren dankbar;
Petrarca, deſſen Beſuche an dieſen Höfen ſo ſtrenge Tadler
gefunden haben, ſchilderte das ideale Bild eines Fürſten
des XIV. Jahrhunderts. 1) Er verlangt von ſeinem Adreſſa-
ten — dem Herrn von Padua — Vieles und Großes, aber
auf eine Weiſe als traute er es ihm zu. „Du mußt nicht
Herr deiner Bürger, ſondern Vater des Vaterlandes ſein
und jene wie deine Kinder lieben, 2) ja wie Glieder deines
Leibes. Waffen, Trabanten und Söldner magſt du gegen
die Feinde wenden — gegen deine Bürger kommſt du mit
dem bloßen Wohlwollen aus; freilich meine ich nur die
Bürger welche das Beſtehende lieben, denn wer täglich auf
Veränderungen ſinnt, der iſt ein Rebell und Staatsfeind
und gegen ſolche mag ſtrenge Gerechtigkeit walten!“ Im
Einzelnen folgt nun die echt moderne Fiction der Staats-
allmacht; der Fürſt ſoll für Alles ſorgen, Kirchen und
öffentliche Gebäude herſtellen und unterhalten, die Gaſſen-
polizei aufrecht halten, 3) Sümpfe austrocknen, über Wein
Das damalige
Ideal des
Herrſchers.
1) Petrarca, de rep. optime administranda, ad Franc. Carraram.
(Opera, p. 372, s.)
2) Erſt hundert Jahre ſpäter wird dann auch die Fürſtinn zur Landes-
mutter. Vgl. Hieron. Crivelli's Leichenrede auf Bianca Maria
Visconti, bei Muratori, XXV, Col. 429. Eine ſpöttiſche Ueber-
tragung hievon iſt es, wenn eine Schweſter Papſt Sixtus IV. bei
Jac. Volaterranus (Murat. XXIII. Col. 109) mater ecclesiae
genannt wird.
3) Mit dem beiläufigen Wunſch, es möchte das Lagern der Schweine
in den Gaſſen von Padua verboten werden, da der Anblick an ſich
unerfreulich ſei und die Pferde davon ſcheu würden.
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