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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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1. Abschnitt.net, aber als ganz auf sich selbst gestellte und danach orga-
nisirte Staaten haben sie immerhin ein höheres Interesse.

Die bewußte Berechnung aller Mittel, wovon kein da-
maliger außeritalischer Fürst eine Idee hatte, verbunden
mit einer innerhalb der Staatsgrenzen fast absoluten Macht-
vollkommenheit, brachte hier ganz besondere Menschen und
Lebensformen hervor. 1) Das Hauptgeheimniß der Herr-
schaft lag für die weisern Tyrannen darin, daß sie die
Finanzen.Steuern möglichst so ließen, wie sie dieselben angetroffen
oder am Anfang eingerichtet hatten: eine Grundsteuer, ba-
sirt auf einen Kataster; bestimmte Consumosteuern, und
Zölle auf Ein- und Ausfuhr, wozu noch die Einnahmen
von dem Privatvermögen des herrschenden Hauses kamen;
die einzige mögliche Steigerung hing ab von der Zunahme
des allgemeinen Wohlstandes und Verkehres. Von Anleihen,
wie sie in den Städten vorkamen, war hier nicht die Rede;
eher erlaubte man sich hier und da einen wohlberechneten
Gewaltstreich, vorausgesetzt daß er den ganzen Zustand
unerschüttert ließ, wie z. B. die echt sultanische Absetzung
und Ausplünderung des obersten Finanzbeamten. 2)

Mit diesen Einkünften suchte man auszureichen um
Der Hof.den kleinen Hof, die Leibwache, die geworbene Mannschaft,
die Bauten -- und die Spaßmacher sowohl als die Leute
von Talent zu bezahlen, die zur persönlichen Umgebung
des Fürsten gehörten. Die Illegitimität, von dauernden
Gefahren umschwebt, vereinsamt den Herrscher; das ehren-
vollste Bündniß, welches er nur irgend schließen kann, ist
das mit der höhern geistigen Begabung, ohne Rücksicht auf
die Herkunft. Die Liberalität (Miltekeit) der nordischen
Fürsten des XIII. Jahrhunderts hatte sich auf die Ritter,
auf das dienende und singende Adelsvolk beschränkt. Anders

1) Sismondi, hist. des rep. italiennes, IV, p. 420; VIII, p. 1. s.
2) Franco Sacchetti, novelle. (61, 62).

1. Abſchnitt.net, aber als ganz auf ſich ſelbſt geſtellte und danach orga-
niſirte Staaten haben ſie immerhin ein höheres Intereſſe.

Die bewußte Berechnung aller Mittel, wovon kein da-
maliger außeritaliſcher Fürſt eine Idee hatte, verbunden
mit einer innerhalb der Staatsgrenzen faſt abſoluten Macht-
vollkommenheit, brachte hier ganz beſondere Menſchen und
Lebensformen hervor. 1) Das Hauptgeheimniß der Herr-
ſchaft lag für die weiſern Tyrannen darin, daß ſie die
Finanzen.Steuern möglichſt ſo ließen, wie ſie dieſelben angetroffen
oder am Anfang eingerichtet hatten: eine Grundſteuer, ba-
ſirt auf einen Kataſter; beſtimmte Conſumoſteuern, und
Zölle auf Ein- und Ausfuhr, wozu noch die Einnahmen
von dem Privatvermögen des herrſchenden Hauſes kamen;
die einzige mögliche Steigerung hing ab von der Zunahme
des allgemeinen Wohlſtandes und Verkehres. Von Anleihen,
wie ſie in den Städten vorkamen, war hier nicht die Rede;
eher erlaubte man ſich hier und da einen wohlberechneten
Gewaltſtreich, vorausgeſetzt daß er den ganzen Zuſtand
unerſchüttert ließ, wie z. B. die echt ſultaniſche Abſetzung
und Ausplünderung des oberſten Finanzbeamten. 2)

Mit dieſen Einkünften ſuchte man auszureichen um
Der Hof.den kleinen Hof, die Leibwache, die geworbene Mannſchaft,
die Bauten — und die Spaßmacher ſowohl als die Leute
von Talent zu bezahlen, die zur perſönlichen Umgebung
des Fürſten gehörten. Die Illegitimität, von dauernden
Gefahren umſchwebt, vereinſamt den Herrſcher; das ehren-
vollſte Bündniß, welches er nur irgend ſchließen kann, iſt
das mit der höhern geiſtigen Begabung, ohne Rückſicht auf
die Herkunft. Die Liberalität (Miltekeit) der nordiſchen
Fürſten des XIII. Jahrhunderts hatte ſich auf die Ritter,
auf das dienende und ſingende Adelsvolk beſchränkt. Anders

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[6/0016] net, aber als ganz auf ſich ſelbſt geſtellte und danach orga- niſirte Staaten haben ſie immerhin ein höheres Intereſſe. 1. Abſchnitt. Die bewußte Berechnung aller Mittel, wovon kein da- maliger außeritaliſcher Fürſt eine Idee hatte, verbunden mit einer innerhalb der Staatsgrenzen faſt abſoluten Macht- vollkommenheit, brachte hier ganz beſondere Menſchen und Lebensformen hervor. 1) Das Hauptgeheimniß der Herr- ſchaft lag für die weiſern Tyrannen darin, daß ſie die Steuern möglichſt ſo ließen, wie ſie dieſelben angetroffen oder am Anfang eingerichtet hatten: eine Grundſteuer, ba- ſirt auf einen Kataſter; beſtimmte Conſumoſteuern, und Zölle auf Ein- und Ausfuhr, wozu noch die Einnahmen von dem Privatvermögen des herrſchenden Hauſes kamen; die einzige mögliche Steigerung hing ab von der Zunahme des allgemeinen Wohlſtandes und Verkehres. Von Anleihen, wie ſie in den Städten vorkamen, war hier nicht die Rede; eher erlaubte man ſich hier und da einen wohlberechneten Gewaltſtreich, vorausgeſetzt daß er den ganzen Zuſtand unerſchüttert ließ, wie z. B. die echt ſultaniſche Abſetzung und Ausplünderung des oberſten Finanzbeamten. 2) Finanzen. Mit dieſen Einkünften ſuchte man auszureichen um den kleinen Hof, die Leibwache, die geworbene Mannſchaft, die Bauten — und die Spaßmacher ſowohl als die Leute von Talent zu bezahlen, die zur perſönlichen Umgebung des Fürſten gehörten. Die Illegitimität, von dauernden Gefahren umſchwebt, vereinſamt den Herrſcher; das ehren- vollſte Bündniß, welches er nur irgend ſchließen kann, iſt das mit der höhern geiſtigen Begabung, ohne Rückſicht auf die Herkunft. Die Liberalität (Miltekeit) der nordiſchen Fürſten des XIII. Jahrhunderts hatte ſich auf die Ritter, auf das dienende und ſingende Adelsvolk beſchränkt. Anders Der Hof. 1) Sismondi, hist. des rép. italiennes, IV, p. 420; VIII, p. 1. s. 2) Franco Sacchetti, novelle. (61, 62).

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/16>, abgerufen am 24.11.2024.