Einige Worte über die damalige Bildnissmalerei überhaupt mögen hier gestattet sein.
Es kommt sehr in Betracht, dass während des XV. Jahrh. und noch die ganze Lebenszeit Lionardo's und Rafaels hindurch fast nur sehr ausgewählte Charaktere abgesondert gemalt wurden, höchstens mit Ausnahme von Venedig, wo zu Giorgione's Zeit das Porträt schon zum standesgemässen Luxus der Vornehmen zu gehören anfing. -- Im übrigen Italien sind sogar die selbständigen (nicht bloss in Wand- malereien und Kirchenbildern angebrachten) Bildnisse von Fürsten sel- aten. (Piero della Francesca's Doppelporträt mit allegorischen Rücken- bildern, in den Uffizien, könnte einen der damaligen Gewaltherrscher bund dessen Gemahlin darstellen; -- die Porträts des Mailänders Ber- nardino de' Conti in der Galerie des Capitols und in einem der päpst- clichen Wohnzimmer des Vaticans vielleicht fürstliche Kinder; -- ebenso dder Mädchenkopf des P. della Francesca im Pal. Pitti; -- der Frauen- ekopf Mantegna's in den Uffizien stellt wenigstens eine Dame von hohem Stande vor.) -- Eher noch finden sich eigenhändige Bildnisse fvon Künstlern, wie z. B. in der Malersammlung der Uffizien diejeni- gen des Masaccio (S. 799, e), des Perugino (S. 835, Anm.), des Giov. gBellini (ein anderes in der capitolinischen Galerie), und ebenda in den Sälen der toscanischen Schule das eines Medailleurs und das des Lo- renzo di Credi, (welchem daselbst ausserdem ein Jünglingsporträt von fast peruginischem Ausdruck zugeschrieben wird). Für die Bildnisse hoher Prälaten, selbst der Päpste, ist man bis auf Rafael fast einzig auf die Grabstatuen verwiesen. Die übrigen Porträts sind fast lauter Denkmäler, welche dem literarischen Ruhm, der Liebe, der nahen und vertrauten Freundschaft, auch wohl der grossen Schönheit gesetzt wur- den und welche der Künstler zum Theil schuf, um sie zu behalten. h(Um der Schönheit willen malte Sandro die Simonetta; als alten iFreund scheint Francia das herrliche Bildniss des Vangelista Scappi, in den Uffizien, gemalt zu haben) 1).
nach, vielmehr ein bloss auf Vasari's Schilderung hin gemachter Versuch, etwas Derartiges hervorzubringen, vielleicht von einem der Caracci.
1) Bei diesem Anlass ist der Holzschnitte zu den "berühmten Männern" des Paolo Giovio als erster grosser Porträtsammlung zu erwähnen. Die Vorla- gen derselben, von allen Enden her (für das XIV. und XV. Jahrhundert ge-
Malerei des XVI. Jahrhunderts. Lionardo.
Einige Worte über die damalige Bildnissmalerei überhaupt mögen hier gestattet sein.
Es kommt sehr in Betracht, dass während des XV. Jahrh. und noch die ganze Lebenszeit Lionardo’s und Rafaels hindurch fast nur sehr ausgewählte Charaktere abgesondert gemalt wurden, höchstens mit Ausnahme von Venedig, wo zu Giorgione’s Zeit das Porträt schon zum standesgemässen Luxus der Vornehmen zu gehören anfing. — Im übrigen Italien sind sogar die selbständigen (nicht bloss in Wand- malereien und Kirchenbildern angebrachten) Bildnisse von Fürsten sel- aten. (Piero della Francesca’s Doppelporträt mit allegorischen Rücken- bildern, in den Uffizien, könnte einen der damaligen Gewaltherrscher bund dessen Gemahlin darstellen; — die Porträts des Mailänders Ber- nardino de’ Conti in der Galerie des Capitols und in einem der päpst- clichen Wohnzimmer des Vaticans vielleicht fürstliche Kinder; — ebenso dder Mädchenkopf des P. della Francesca im Pal. Pitti; — der Frauen- ekopf Mantegna’s in den Uffizien stellt wenigstens eine Dame von hohem Stande vor.) — Eher noch finden sich eigenhändige Bildnisse fvon Künstlern, wie z. B. in der Malersammlung der Uffizien diejeni- gen des Masaccio (S. 799, e), des Perugino (S. 835, Anm.), des Giov. gBellini (ein anderes in der capitolinischen Galerie), und ebenda in den Sälen der toscanischen Schule das eines Medailleurs und das des Lo- renzo di Credi, (welchem daselbst ausserdem ein Jünglingsporträt von fast peruginischem Ausdruck zugeschrieben wird). Für die Bildnisse hoher Prälaten, selbst der Päpste, ist man bis auf Rafael fast einzig auf die Grabstatuen verwiesen. Die übrigen Porträts sind fast lauter Denkmäler, welche dem literarischen Ruhm, der Liebe, der nahen und vertrauten Freundschaft, auch wohl der grossen Schönheit gesetzt wur- den und welche der Künstler zum Theil schuf, um sie zu behalten. h(Um der Schönheit willen malte Sandro die Simonetta; als alten iFreund scheint Francia das herrliche Bildniss des Vangelista Scappi, in den Uffizien, gemalt zu haben) 1).
nach, vielmehr ein bloss auf Vasari’s Schilderung hin gemachter Versuch, etwas Derartiges hervorzubringen, vielleicht von einem der Caracci.
1) Bei diesem Anlass ist der Holzschnitte zu den „berühmten Männern“ des Paolo Giovio als erster grosser Porträtsammlung zu erwähnen. Die Vorla- gen derselben, von allen Enden her (für das XIV. und XV. Jahrhundert ge-
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Malerei des XVI. Jahrhunderts. Lionardo.
Einige Worte über die damalige Bildnissmalerei überhaupt mögen
hier gestattet sein.
Es kommt sehr in Betracht, dass während des XV. Jahrh. und
noch die ganze Lebenszeit Lionardo’s und Rafaels hindurch fast nur
sehr ausgewählte Charaktere abgesondert gemalt wurden, höchstens
mit Ausnahme von Venedig, wo zu Giorgione’s Zeit das Porträt schon
zum standesgemässen Luxus der Vornehmen zu gehören anfing. —
Im übrigen Italien sind sogar die selbständigen (nicht bloss in Wand-
malereien und Kirchenbildern angebrachten) Bildnisse von Fürsten sel-
ten. (Piero della Francesca’s Doppelporträt mit allegorischen Rücken-
bildern, in den Uffizien, könnte einen der damaligen Gewaltherrscher
und dessen Gemahlin darstellen; — die Porträts des Mailänders Ber-
nardino de’ Conti in der Galerie des Capitols und in einem der päpst-
lichen Wohnzimmer des Vaticans vielleicht fürstliche Kinder; — ebenso
der Mädchenkopf des P. della Francesca im Pal. Pitti; — der Frauen-
kopf Mantegna’s in den Uffizien stellt wenigstens eine Dame von
hohem Stande vor.) — Eher noch finden sich eigenhändige Bildnisse
von Künstlern, wie z. B. in der Malersammlung der Uffizien diejeni-
gen des Masaccio (S. 799, e), des Perugino (S. 835, Anm.), des Giov.
Bellini (ein anderes in der capitolinischen Galerie), und ebenda in den
Sälen der toscanischen Schule das eines Medailleurs und das des Lo-
renzo di Credi, (welchem daselbst ausserdem ein Jünglingsporträt von
fast peruginischem Ausdruck zugeschrieben wird). Für die Bildnisse
hoher Prälaten, selbst der Päpste, ist man bis auf Rafael fast einzig
auf die Grabstatuen verwiesen. Die übrigen Porträts sind fast lauter
Denkmäler, welche dem literarischen Ruhm, der Liebe, der nahen und
vertrauten Freundschaft, auch wohl der grossen Schönheit gesetzt wur-
den und welche der Künstler zum Theil schuf, um sie zu behalten.
(Um der Schönheit willen malte Sandro die Simonetta; als alten
Freund scheint Francia das herrliche Bildniss des Vangelista Scappi,
in den Uffizien, gemalt zu haben) 1).
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Paolo Giovio als erster grosser Porträtsammlung zu erwähnen. Die Vorla-
gen derselben, von allen Enden her (für das XIV. und XV. Jahrhundert ge-
1) nach, vielmehr ein bloss auf Vasari’s Schilderung hin gemachter Versuch,
etwas Derartiges hervorzubringen, vielleicht von einem der Caracci.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 860. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/882>, abgerufen am 18.12.2024.
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