Grenze hinaus, welche auch ein Castagno und Verocchio nicht über- schritten.
"In der Art des Rogier von Brügge" -- so muss ich eine aKreuzabnahme bezeichnen, welche seit einigen Jahren in der Galerie Doria zu Rom aufgestellt ist 1). Hier erscheint die nordische Kunst im Nachtheil -- nicht durch den bis nahe an die Grimasse gesteigerten Schmerzensausdruck, denn z. B. Guido Mazzoni (S. 635) geht viel weiter und fügt noch die pathetischen Gesten hinzu -- wohl aber durch die unschöne Anordnung, die ihr so oft eigen ist, wenn sie die Symmetrie verlässt, und durch die mangelhafte Bildung des zugleich so sorgsam ausgeführten Leichnams. Auch eine andere Grablegung, bin den Uffizien, dem Rogier van der Weyde zugeschrieben, regt zu der Frage an, wie es möglich gewesen, dass die alten Niederländer der Wirklichkeit das Einzelne mit so scharfem Auge absehen, mit so sicherer und unermüdlicher Hand nachmalen, und dabei das Leben des Ganzen, das Geschehen so verkennen konnten. Die Freude des Florentiners an den Motiven der beseelten Bewegung fehlte ihnen fast cganz. (Noch eine Grablegung, diese wirklich von Rogier van der Weyde, im Museum von Neapel.)
d
Von Jan Memling besitzt die Galerie zu Turin ein Hauptwerk, die Passion in verschiedenen Momenten auf einer Tafel vereinigt, das Gegenstück zu den sieben Freuden der Maria in der Münchner Pina- ekothek. In den Uffizien: S. Benedict und ein Donator (1487), wun- dervolle Halbfiguren. (Zu vergleichen mit den Porträts eines Mannes und seiner Frau, ebenda, von einem ungleich befangenern flandrischen fZeitgenossen.) -- Eine gute alte Nachahmung nach dem berühmten heil. Christoph (zu München) in der Galerie von Modena. Ebendaselbst von einem Maler, der zwischen Memling und Messys in der Mitte stehen mag: Maria und S. Anna im Freien, dem Kind Früchte reichend.
Einem alten Holländer des XV. Jahrh. könnte in der Academie gzu Pisa das Bild der heil. Catharina mit einer Stadtansicht angehören.
1) Der Verf. hat seit 1847 keine nordischen Kunstsammlungen mehr gesehen und bittet um Nachsicht, wenn er die nach neuern Resultaten mannigfach veränderten Bilderbenennungen derselben in Betreff der Flandrer nicht kennt, somit auch die Bilder in Italien nicht danach benennen kann. Möchte sich bald ein Waagen oder Passavant dieses ganzen Capitels annehmen!
Altniederländische und altdeutsche Meister.
Grenze hinaus, welche auch ein Castagno und Verocchio nicht über- schritten.
„In der Art des Rogier von Brügge“ — so muss ich eine aKreuzabnahme bezeichnen, welche seit einigen Jahren in der Galerie Doria zu Rom aufgestellt ist 1). Hier erscheint die nordische Kunst im Nachtheil — nicht durch den bis nahe an die Grimasse gesteigerten Schmerzensausdruck, denn z. B. Guido Mazzoni (S. 635) geht viel weiter und fügt noch die pathetischen Gesten hinzu — wohl aber durch die unschöne Anordnung, die ihr so oft eigen ist, wenn sie die Symmetrie verlässt, und durch die mangelhafte Bildung des zugleich so sorgsam ausgeführten Leichnams. Auch eine andere Grablegung, bin den Uffizien, dem Rogier van der Weyde zugeschrieben, regt zu der Frage an, wie es möglich gewesen, dass die alten Niederländer der Wirklichkeit das Einzelne mit so scharfem Auge absehen, mit so sicherer und unermüdlicher Hand nachmalen, und dabei das Leben des Ganzen, das Geschehen so verkennen konnten. Die Freude des Florentiners an den Motiven der beseelten Bewegung fehlte ihnen fast cganz. (Noch eine Grablegung, diese wirklich von Rogier van der Weyde, im Museum von Neapel.)
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Von Jan Memling besitzt die Galerie zu Turin ein Hauptwerk, die Passion in verschiedenen Momenten auf einer Tafel vereinigt, das Gegenstück zu den sieben Freuden der Maria in der Münchner Pina- ekothek. In den Uffizien: S. Benedict und ein Donator (1487), wun- dervolle Halbfiguren. (Zu vergleichen mit den Porträts eines Mannes und seiner Frau, ebenda, von einem ungleich befangenern flandrischen fZeitgenossen.) — Eine gute alte Nachahmung nach dem berühmten heil. Christoph (zu München) in der Galerie von Modena. Ebendaselbst von einem Maler, der zwischen Memling und Messys in der Mitte stehen mag: Maria und S. Anna im Freien, dem Kind Früchte reichend.
Einem alten Holländer des XV. Jahrh. könnte in der Academie gzu Pisa das Bild der heil. Catharina mit einer Stadtansicht angehören.
1) Der Verf. hat seit 1847 keine nordischen Kunstsammlungen mehr gesehen und bittet um Nachsicht, wenn er die nach neuern Resultaten mannigfach veränderten Bilderbenennungen derselben in Betreff der Flandrer nicht kennt, somit auch die Bilder in Italien nicht danach benennen kann. Möchte sich bald ein Waagen oder Passavant dieses ganzen Capitels annehmen!
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[848/0870]
Altniederländische und altdeutsche Meister.
Grenze hinaus, welche auch ein Castagno und Verocchio nicht über-
schritten.
„In der Art des Rogier von Brügge“ — so muss ich eine
Kreuzabnahme bezeichnen, welche seit einigen Jahren in der Galerie
Doria zu Rom aufgestellt ist 1). Hier erscheint die nordische Kunst
im Nachtheil — nicht durch den bis nahe an die Grimasse gesteigerten
Schmerzensausdruck, denn z. B. Guido Mazzoni (S. 635) geht viel
weiter und fügt noch die pathetischen Gesten hinzu — wohl aber
durch die unschöne Anordnung, die ihr so oft eigen ist, wenn sie die
Symmetrie verlässt, und durch die mangelhafte Bildung des zugleich
so sorgsam ausgeführten Leichnams. Auch eine andere Grablegung,
in den Uffizien, dem Rogier van der Weyde zugeschrieben, regt
zu der Frage an, wie es möglich gewesen, dass die alten Niederländer
der Wirklichkeit das Einzelne mit so scharfem Auge absehen, mit so
sicherer und unermüdlicher Hand nachmalen, und dabei das Leben
des Ganzen, das Geschehen so verkennen konnten. Die Freude des
Florentiners an den Motiven der beseelten Bewegung fehlte ihnen fast
ganz. (Noch eine Grablegung, diese wirklich von Rogier van der
Weyde, im Museum von Neapel.)
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Von Jan Memling besitzt die Galerie zu Turin ein Hauptwerk,
die Passion in verschiedenen Momenten auf einer Tafel vereinigt, das
Gegenstück zu den sieben Freuden der Maria in der Münchner Pina-
kothek. In den Uffizien: S. Benedict und ein Donator (1487), wun-
dervolle Halbfiguren. (Zu vergleichen mit den Porträts eines Mannes
und seiner Frau, ebenda, von einem ungleich befangenern flandrischen
Zeitgenossen.) — Eine gute alte Nachahmung nach dem berühmten heil.
Christoph (zu München) in der Galerie von Modena. Ebendaselbst
von einem Maler, der zwischen Memling und Messys in der Mitte
stehen mag: Maria und S. Anna im Freien, dem Kind Früchte reichend.
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Einem alten Holländer des XV. Jahrh. könnte in der Academie
zu Pisa das Bild der heil. Catharina mit einer Stadtansicht angehören.
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1) Der Verf. hat seit 1847 keine nordischen Kunstsammlungen mehr gesehen
und bittet um Nachsicht, wenn er die nach neuern Resultaten mannigfach
veränderten Bilderbenennungen derselben in Betreff der Flandrer nicht kennt,
somit auch die Bilder in Italien nicht danach benennen kann. Möchte sich
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 848. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/870>, abgerufen am 18.12.2024.
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