des Caracciolo) sind zum Theil von einem Mailänder, Leonardo de Bissuccio (nach 1433), wesentlich noch in giotteskem Styl.
Was sonst noch durch die Lombardie und in Piemont zerstreut sein mag, ist entweder dem Styl nach unbedeutend oder dem Verf. nicht bekannt. In Genua scheint damals kaum eine Malerei existirt zu haben. Die paar alten Bilder vom Anfang des XV. Jahrh. in S.a Maria di Castello (1. und 3. Cap. links) machen es begreiflich, dass man für die Verzierung des anstossenden Klosters 1451 einen Deut- schen, Justus de Allamagna, in Anspruch nahm.
Für die Gegenden von Bologna bis Ancona muss ich auf die Handbücher verweisen. Nur Ein Künstler, dessen Werke und Ein- wirkung weit über seine Heimath hinausreichen, ist zu nennen: Gen- tile da Fabriano. (St. 1450. -- Von seinem vermuthlichen Lehrer oder Vorgänger Alegretto di Nuzio findet man ein gutes Altar-b bild im Museo cristiano des Vaticans.) Das einzige erhaltene Haupt- werk Gentile's, die Anbetung der Könige in der Academie zu Florenzc (1423), zeigt uns einen Ausweg aus der Darstellungsweise Giotto's, welcher neben dem XV. Jahrh. gleichsam vorbeiführt. Statt sich dem Charakteristischen, Wirklichen, Individuellen schrankenlos hinzugeben, geht Gentile's reine Jünglingsphantasie in das Schöne und Holdselige und schafft eine bis zum Wunderbaren (auch durch äussere Mittel der Pracht, z. B. Goldaufhöhung) gesteigerte Wirklichkeit. Es giebt wenige Bilder, bei deren Entstehung sich die Darstellung einer idea- len Welt für den Künstler so ganz von selbst verstand; wenige, die einen so übermächtigen Duft von Poesie um sich verbreiten. Ausser diesem Bilde und einer herrlichen Krönung Mariä, welche sich nebstd vier einzelnen Figuren von Heiligen in der Brera zu Mailand befindet, sind die wenigen in Italien vorhandenen Arbeiten entweder an ab- gelegenen Orten, oder im Dunkel aufgehängt (Seitenflügel eines Al-e tares im Chor von S. Niccolo zu Florenz), oder zweifelhaft (Krönungf Mariä in der Academie von Pisa). Eine kleine, unzweifelhaft echteg Madonna mit Engeln, im Pal. Colonna zu Rom.
B. Cicerone. 50
Späte Paduaner. Mailänder. Marchesaner.
des Caracciolo) sind zum Theil von einem Mailänder, Leonardo de Bissuccio (nach 1433), wesentlich noch in giotteskem Styl.
Was sonst noch durch die Lombardie und in Piemont zerstreut sein mag, ist entweder dem Styl nach unbedeutend oder dem Verf. nicht bekannt. In Genua scheint damals kaum eine Malerei existirt zu haben. Die paar alten Bilder vom Anfang des XV. Jahrh. in S.a Maria di Castello (1. und 3. Cap. links) machen es begreiflich, dass man für die Verzierung des anstossenden Klosters 1451 einen Deut- schen, Justus de Allamagna, in Anspruch nahm.
Für die Gegenden von Bologna bis Ancona muss ich auf die Handbücher verweisen. Nur Ein Künstler, dessen Werke und Ein- wirkung weit über seine Heimath hinausreichen, ist zu nennen: Gen- tile da Fabriano. (St. 1450. — Von seinem vermuthlichen Lehrer oder Vorgänger Alegretto di Nuzio findet man ein gutes Altar-b bild im Museo cristiano des Vaticans.) Das einzige erhaltene Haupt- werk Gentile’s, die Anbetung der Könige in der Academie zu Florenzc (1423), zeigt uns einen Ausweg aus der Darstellungsweise Giotto’s, welcher neben dem XV. Jahrh. gleichsam vorbeiführt. Statt sich dem Charakteristischen, Wirklichen, Individuellen schrankenlos hinzugeben, geht Gentile’s reine Jünglingsphantasie in das Schöne und Holdselige und schafft eine bis zum Wunderbaren (auch durch äussere Mittel der Pracht, z. B. Goldaufhöhung) gesteigerte Wirklichkeit. Es giebt wenige Bilder, bei deren Entstehung sich die Darstellung einer idea- len Welt für den Künstler so ganz von selbst verstand; wenige, die einen so übermächtigen Duft von Poesie um sich verbreiten. Ausser diesem Bilde und einer herrlichen Krönung Mariä, welche sich nebstd vier einzelnen Figuren von Heiligen in der Brera zu Mailand befindet, sind die wenigen in Italien vorhandenen Arbeiten entweder an ab- gelegenen Orten, oder im Dunkel aufgehängt (Seitenflügel eines Al-e tares im Chor von S. Niccolò zu Florenz), oder zweifelhaft (Krönungf Mariä in der Academie von Pisa). Eine kleine, unzweifelhaft echteg Madonna mit Engeln, im Pal. Colonna zu Rom.
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Späte Paduaner. Mailänder. Marchesaner.
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Bissuccio (nach 1433), wesentlich noch in giotteskem Styl.
Was sonst noch durch die Lombardie und in Piemont zerstreut
sein mag, ist entweder dem Styl nach unbedeutend oder dem Verf.
nicht bekannt. In Genua scheint damals kaum eine Malerei existirt
zu haben. Die paar alten Bilder vom Anfang des XV. Jahrh. in S.
Maria di Castello (1. und 3. Cap. links) machen es begreiflich, dass
man für die Verzierung des anstossenden Klosters 1451 einen Deut-
schen, Justus de Allamagna, in Anspruch nahm.
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Für die Gegenden von Bologna bis Ancona muss ich auf die
Handbücher verweisen. Nur Ein Künstler, dessen Werke und Ein-
wirkung weit über seine Heimath hinausreichen, ist zu nennen: Gen-
tile da Fabriano. (St. 1450. — Von seinem vermuthlichen Lehrer
oder Vorgänger Alegretto di Nuzio findet man ein gutes Altar-
bild im Museo cristiano des Vaticans.) Das einzige erhaltene Haupt-
werk Gentile’s, die Anbetung der Könige in der Academie zu Florenz
(1423), zeigt uns einen Ausweg aus der Darstellungsweise Giotto’s,
welcher neben dem XV. Jahrh. gleichsam vorbeiführt. Statt sich dem
Charakteristischen, Wirklichen, Individuellen schrankenlos hinzugeben,
geht Gentile’s reine Jünglingsphantasie in das Schöne und Holdselige
und schafft eine bis zum Wunderbaren (auch durch äussere Mittel
der Pracht, z. B. Goldaufhöhung) gesteigerte Wirklichkeit. Es giebt
wenige Bilder, bei deren Entstehung sich die Darstellung einer idea-
len Welt für den Künstler so ganz von selbst verstand; wenige, die
einen so übermächtigen Duft von Poesie um sich verbreiten. Ausser
diesem Bilde und einer herrlichen Krönung Mariä, welche sich nebst
vier einzelnen Figuren von Heiligen in der Brera zu Mailand befindet,
sind die wenigen in Italien vorhandenen Arbeiten entweder an ab-
gelegenen Orten, oder im Dunkel aufgehängt (Seitenflügel eines Al-
tares im Chor von S. Niccolò zu Florenz), oder zweifelhaft (Krönung
Mariä in der Academie von Pisa). Eine kleine, unzweifelhaft echte
Madonna mit Engeln, im Pal. Colonna zu Rom.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 785. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/807>, abgerufen am 18.12.2024.
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