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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Antike Malerei. Pompejanisches.
60 ff.), der Capellchen, Pavillons, Balustraden u. s. w. dienen. Die
besten derselben können nur in der Zeit der höchsten griechischen
Kunstblüthe erfunden worden und dann Jahrhunderte hindurch von
Hand zu Hand gegangen sein, bis sie unter anderm auch in der kleinen
Stadt am Vesuv ihre Anwendung fanden. Die Maler lernten sie ohne
Zweifel am besten auswendig und reproducirten sie am unbefangen-
sten. Unsere jetzige Decoration macht einen so häufigen Gebrauch
davon, dass der Beschauer eine Menge alter Bekannter antrifft, viel-
leicht allerdings mit Erstaunen über das unscheinbare, anspruchlose
Ausschen und den kleinen Massstab der Originale.

Das Wichtigste findet sich in den genannten Sälen rechts.
aSchon der Vorraum enthält eine Anzahl tanzend schwebender Sa-
tyrn, in den Cassetten aus einem Gewölbe, sowie auch schöne
schwebende Genien oder Amorine. (Eine andere Reihe von Amori-
nen, mit den Attributen der Götter, sämmtlich wundervoll in runder
Einfassung componirt, habe ich vergebens überall gesucht und muss
bdaher auf die Abbildungen verweisen.) Im ersten Saal: (Wand links)
die Niobiden in Goldfarbe, je drei am Fuss weisser Dreifüsse auf
rothem Grund, unabhängig von den bekannten florentin. Statuen; --
(Eingangswand) ein kleines Fragment, die Halbfigur eines Flötenblä-
sers und seiner Gefährtin; -- (Fensterwand) Tritone, Nereiden, Meer-
wunder etc.; -- (Hinterwand) Victoria und ein Genius mit darüber
schwebenden Gottheiten, vielleicht von guter römischer Erfindung. --
In den Durchgängen zum II. Saal: Bacchus; -- eine schöne Prie-
sterin mit Opfergeräth; -- Demeter mit Scepter und Korb; -- Jüng-
ling, der das Schwert und über sich den Schild hält; -- ein Medu-
senhaupt auf gelbem Grund; -- eine schwebende Gewandfigur mit
cOpferschale. -- Im II. Saal: (Eingangswand) die berühmten sog.
Tänzerinnen, auf schwarzem Grunde; es sind schwebende Figuren
ohne weitere Beziehung, von hinreissender Schönheit der Geberde und
dem leichtesten Ausdruck des Schwebens in Stellung und Gewandung
zugleich; -- der den Schreibgriffel an die Lippen Drückende, Halb-
figur in Rund (mehrmals vorhanden); -- Zeus und Nike, auf rothem
Grunde; -- (Wand links) Bacchanten, Silene etc. in runder Einfas-
sung; -- sitzende Götterfiguren auf rothem Grunde; -- (Hinterwand)
die herrlichen schwebenden Centauren auf schwarzem Grunde, worun-

Antike Malerei. Pompejanisches.
60 ff.), der Capellchen, Pavillons, Balustraden u. s. w. dienen. Die
besten derselben können nur in der Zeit der höchsten griechischen
Kunstblüthe erfunden worden und dann Jahrhunderte hindurch von
Hand zu Hand gegangen sein, bis sie unter anderm auch in der kleinen
Stadt am Vesuv ihre Anwendung fanden. Die Maler lernten sie ohne
Zweifel am besten auswendig und reproducirten sie am unbefangen-
sten. Unsere jetzige Decoration macht einen so häufigen Gebrauch
davon, dass der Beschauer eine Menge alter Bekannter antrifft, viel-
leicht allerdings mit Erstaunen über das unscheinbare, anspruchlose
Ausschen und den kleinen Massstab der Originale.

Das Wichtigste findet sich in den genannten Sälen rechts.
aSchon der Vorraum enthält eine Anzahl tanzend schwebender Sa-
tyrn, in den Cassetten aus einem Gewölbe, sowie auch schöne
schwebende Genien oder Amorine. (Eine andere Reihe von Amori-
nen, mit den Attributen der Götter, sämmtlich wundervoll in runder
Einfassung componirt, habe ich vergebens überall gesucht und muss
bdaher auf die Abbildungen verweisen.) Im ersten Saal: (Wand links)
die Niobiden in Goldfarbe, je drei am Fuss weisser Dreifüsse auf
rothem Grund, unabhängig von den bekannten florentin. Statuen; —
(Eingangswand) ein kleines Fragment, die Halbfigur eines Flötenblä-
sers und seiner Gefährtin; — (Fensterwand) Tritone, Nereiden, Meer-
wunder etc.; — (Hinterwand) Victoria und ein Genius mit darüber
schwebenden Gottheiten, vielleicht von guter römischer Erfindung. —
In den Durchgängen zum II. Saal: Bacchus; — eine schöne Prie-
sterin mit Opfergeräth; — Demeter mit Scepter und Korb; — Jüng-
ling, der das Schwert und über sich den Schild hält; — ein Medu-
senhaupt auf gelbem Grund; — eine schwebende Gewandfigur mit
cOpferschale. — Im II. Saal: (Eingangswand) die berühmten sog.
Tänzerinnen, auf schwarzem Grunde; es sind schwebende Figuren
ohne weitere Beziehung, von hinreissender Schönheit der Geberde und
dem leichtesten Ausdruck des Schwebens in Stellung und Gewandung
zugleich; — der den Schreibgriffel an die Lippen Drückende, Halb-
figur in Rund (mehrmals vorhanden); — Zeus und Nike, auf rothem
Grunde; — (Wand links) Bacchanten, Silene etc. in runder Einfas-
sung; — sitzende Götterfiguren auf rothem Grunde; — (Hinterwand)
die herrlichen schwebenden Centauren auf schwarzem Grunde, worun-

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[724/0746] Antike Malerei. Pompejanisches. 60 ff.), der Capellchen, Pavillons, Balustraden u. s. w. dienen. Die besten derselben können nur in der Zeit der höchsten griechischen Kunstblüthe erfunden worden und dann Jahrhunderte hindurch von Hand zu Hand gegangen sein, bis sie unter anderm auch in der kleinen Stadt am Vesuv ihre Anwendung fanden. Die Maler lernten sie ohne Zweifel am besten auswendig und reproducirten sie am unbefangen- sten. Unsere jetzige Decoration macht einen so häufigen Gebrauch davon, dass der Beschauer eine Menge alter Bekannter antrifft, viel- leicht allerdings mit Erstaunen über das unscheinbare, anspruchlose Ausschen und den kleinen Massstab der Originale. Das Wichtigste findet sich in den genannten Sälen rechts. Schon der Vorraum enthält eine Anzahl tanzend schwebender Sa- tyrn, in den Cassetten aus einem Gewölbe, sowie auch schöne schwebende Genien oder Amorine. (Eine andere Reihe von Amori- nen, mit den Attributen der Götter, sämmtlich wundervoll in runder Einfassung componirt, habe ich vergebens überall gesucht und muss daher auf die Abbildungen verweisen.) Im ersten Saal: (Wand links) die Niobiden in Goldfarbe, je drei am Fuss weisser Dreifüsse auf rothem Grund, unabhängig von den bekannten florentin. Statuen; — (Eingangswand) ein kleines Fragment, die Halbfigur eines Flötenblä- sers und seiner Gefährtin; — (Fensterwand) Tritone, Nereiden, Meer- wunder etc.; — (Hinterwand) Victoria und ein Genius mit darüber schwebenden Gottheiten, vielleicht von guter römischer Erfindung. — In den Durchgängen zum II. Saal: Bacchus; — eine schöne Prie- sterin mit Opfergeräth; — Demeter mit Scepter und Korb; — Jüng- ling, der das Schwert und über sich den Schild hält; — ein Medu- senhaupt auf gelbem Grund; — eine schwebende Gewandfigur mit Opferschale. — Im II. Saal: (Eingangswand) die berühmten sog. Tänzerinnen, auf schwarzem Grunde; es sind schwebende Figuren ohne weitere Beziehung, von hinreissender Schönheit der Geberde und dem leichtesten Ausdruck des Schwebens in Stellung und Gewandung zugleich; — der den Schreibgriffel an die Lippen Drückende, Halb- figur in Rund (mehrmals vorhanden); — Zeus und Nike, auf rothem Grunde; — (Wand links) Bacchanten, Silene etc. in runder Einfas- sung; — sitzende Götterfiguren auf rothem Grunde; — (Hinterwand) die herrlichen schwebenden Centauren auf schwarzem Grunde, worun- a b c

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 724. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/746>, abgerufen am 18.12.2024.