ter die Centaurin, die mit dem jungen Satyr Cymbeln spielt, und der gebundene Centaur, dem die wilde Bacchantin den Fuss in den Rücken stemmt, letzteres Bild vielleicht einer der schönsten Gedanken aus dem ganzen Alterthum; -- die nicht minder berühmte Reihe tanzen- der Satyrn, kleine Figürchen auf schwarzem Grunde; -- (als Con- trast mag die in der Nähe befindliche Sammlung von Amorinen römi- scher Erfindung dienen, welche in allen möglichen prosaischen Ver- richtungen, selbst als Schuhmacher dargestellt sind); -- das sitzende Mädchen mit aufgestütztem Kinn, auf schwarzem Grunde; -- Jüng- ling sitzend mit gekreuzten Füssen (eines der vorzüglichsten Motive und mehrmals vorhanden); -- Nereiden auf Seepferden und Seepanthern, die selben fütternd; -- schöne schwebende Bacchantin mit Thyrsus und Schale, auf schwarzem Grunde; -- (Fensterwand) das bessere Exemplar der Medusa u. A. m. Die hier gegebene Auswahl soll nur auf Einiges vom Besten aufmerksam machen; wer länger in diesen Räumen verweilt, wird noch manches andere liebgewinnen. Man lege sich nur immer die Frage vor: Liess sich die betreffende Figur über- haupt schöner denken, deutlicher ausdrücken, anmuthiger stellen? -- und in der Regel wird man das Höchste erreicht finden, wenn auch in flüchtiger Ausführung.
Einer besondern Aufmerksamkeit sind die landschaftlichen und architektonischen Ansichten werth, deren eine grosse Anzahl vorhanden ist, sowohl hier als in Pompeji selbst, wo man auch noch erkennt, welche Stelle dieselben in der Wanddecoration einnah- men (S. 60, 61, a). Die architektonischen gewähren ein schätzbares Ab- bild nicht nur damaliger Bauten überhaupt, sondern ganz speciell der- jenigen, welche der Küste von Cumä bis Sorrent zur Römerzeit ihren Charakter verliehen; allerdings in phantastischer Steigerung, sodass wir nicht bloss das wirklich Vorhandene, sondern auch das, was man gern gebaut hätte, dargestellt sehen. Die in das Meer hinausragen- den Villen, die prächtigsten Landhäuser mit Hallen umgeben, auch Tempel und Paläste, namentlich aber die schmuckreichsten Hafenbau- ten breiten sich unter uns mit hoch angenommener Perspective voll- ständig aus. Diese Ansichten haben den Ausdruck baulichen Reich- thums zum wesentlichen Gehalt.
Einzelmotive. Veduten von Bauten.
ter die Centaurin, die mit dem jungen Satyr Cymbeln spielt, und der gebundene Centaur, dem die wilde Bacchantin den Fuss in den Rücken stemmt, letzteres Bild vielleicht einer der schönsten Gedanken aus dem ganzen Alterthum; — die nicht minder berühmte Reihe tanzen- der Satyrn, kleine Figürchen auf schwarzem Grunde; — (als Con- trast mag die in der Nähe befindliche Sammlung von Amorinen römi- scher Erfindung dienen, welche in allen möglichen prosaischen Ver- richtungen, selbst als Schuhmacher dargestellt sind); — das sitzende Mädchen mit aufgestütztem Kinn, auf schwarzem Grunde; — Jüng- ling sitzend mit gekreuzten Füssen (eines der vorzüglichsten Motive und mehrmals vorhanden); — Nereiden auf Seepferden und Seepanthern, die selben fütternd; — schöne schwebende Bacchantin mit Thyrsus und Schale, auf schwarzem Grunde; — (Fensterwand) das bessere Exemplar der Medusa u. A. m. Die hier gegebene Auswahl soll nur auf Einiges vom Besten aufmerksam machen; wer länger in diesen Räumen verweilt, wird noch manches andere liebgewinnen. Man lege sich nur immer die Frage vor: Liess sich die betreffende Figur über- haupt schöner denken, deutlicher ausdrücken, anmuthiger stellen? — und in der Regel wird man das Höchste erreicht finden, wenn auch in flüchtiger Ausführung.
Einer besondern Aufmerksamkeit sind die landschaftlichen und architektonischen Ansichten werth, deren eine grosse Anzahl vorhanden ist, sowohl hier als in Pompeji selbst, wo man auch noch erkennt, welche Stelle dieselben in der Wanddecoration einnah- men (S. 60, 61, a). Die architektonischen gewähren ein schätzbares Ab- bild nicht nur damaliger Bauten überhaupt, sondern ganz speciell der- jenigen, welche der Küste von Cumä bis Sorrent zur Römerzeit ihren Charakter verliehen; allerdings in phantastischer Steigerung, sodass wir nicht bloss das wirklich Vorhandene, sondern auch das, was man gern gebaut hätte, dargestellt sehen. Die in das Meer hinausragen- den Villen, die prächtigsten Landhäuser mit Hallen umgeben, auch Tempel und Paläste, namentlich aber die schmuckreichsten Hafenbau- ten breiten sich unter uns mit hoch angenommener Perspective voll- ständig aus. Diese Ansichten haben den Ausdruck baulichen Reich- thums zum wesentlichen Gehalt.
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Einzelmotive. Veduten von Bauten.
ter die Centaurin, die mit dem jungen Satyr Cymbeln spielt, und der
gebundene Centaur, dem die wilde Bacchantin den Fuss in den Rücken
stemmt, letzteres Bild vielleicht einer der schönsten Gedanken aus
dem ganzen Alterthum; — die nicht minder berühmte Reihe tanzen-
der Satyrn, kleine Figürchen auf schwarzem Grunde; — (als Con-
trast mag die in der Nähe befindliche Sammlung von Amorinen römi-
scher Erfindung dienen, welche in allen möglichen prosaischen Ver-
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Mädchen mit aufgestütztem Kinn, auf schwarzem Grunde; — Jüng-
ling sitzend mit gekreuzten Füssen (eines der vorzüglichsten Motive und
mehrmals vorhanden); — Nereiden auf Seepferden und Seepanthern,
die selben fütternd; — schöne schwebende Bacchantin mit Thyrsus
und Schale, auf schwarzem Grunde; — (Fensterwand) das bessere
Exemplar der Medusa u. A. m. Die hier gegebene Auswahl soll nur
auf Einiges vom Besten aufmerksam machen; wer länger in diesen
Räumen verweilt, wird noch manches andere liebgewinnen. Man lege
sich nur immer die Frage vor: Liess sich die betreffende Figur über-
haupt schöner denken, deutlicher ausdrücken, anmuthiger stellen? —
und in der Regel wird man das Höchste erreicht finden, wenn auch
in flüchtiger Ausführung.
Einer besondern Aufmerksamkeit sind die landschaftlichen
und architektonischen Ansichten werth, deren eine grosse
Anzahl vorhanden ist, sowohl hier als in Pompeji selbst, wo man auch
noch erkennt, welche Stelle dieselben in der Wanddecoration einnah-
men (S. 60, 61, a). Die architektonischen gewähren ein schätzbares Ab-
bild nicht nur damaliger Bauten überhaupt, sondern ganz speciell der-
jenigen, welche der Küste von Cumä bis Sorrent zur Römerzeit ihren
Charakter verliehen; allerdings in phantastischer Steigerung, sodass
wir nicht bloss das wirklich Vorhandene, sondern auch das, was man
gern gebaut hätte, dargestellt sehen. Die in das Meer hinausragen-
den Villen, die prächtigsten Landhäuser mit Hallen umgeben, auch
Tempel und Paläste, namentlich aber die schmuckreichsten Hafenbau-
ten breiten sich unter uns mit hoch angenommener Perspective voll-
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 725. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/747>, abgerufen am 18.12.2024.
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