mals 28 Jahre alt und erhielt dafür 100 Ducati, wie ein Chronist bemerkt.
Die Reliefs der Schule entsprechen insgemein dem Schlechtesten des Giovanni; sie wären schon als Bilder gering und sind mit ihrer zerstreuten Composition und ihren manierirten Formen als plastische Arbeiten kaum anzusehen. (Tacca's Relief am Altar von S. Stefanoa e Cecilia; Nigetti's Silberreliefs am Altar der Madonnencapelle inb der Annunziata, u. dgl. m.) Man kann nichts Stylloseres finden, als die Nischenreliefs an den beiden Enden des Querschiffes im Dom vonc Pisa; die Freigruppen drüber sind wieder beträchtlich besser, Werke eines gewissen Francesco Mosca (ebenfalls eines Florentiners um 1600), von dessen oben (S. 244, h) genanntem Vater Simone sich Mehreres, u. a. eine Anbetung der Könige, in der Madonnencapelled des Domes von Orvieto befindet. -- Von dem etwas ältern Vincenzo del Rossi aus Fiesole sind die schwülstigen Sculpturen der ganzene zweiten Capelle rechts in S. Maria della Pace zu Rom; Simone Mosca arbeitete hier die Ornamente.
Die wahre Sinnesweise der Schule zeigt sich weniger in den kirchlichen als in den profanen Werken, an welchen Florenz für diese Zeit ungleich reicher ist als irgend eine andere Stadt. Selbst das höchst Colossale, für welches man hier von jeher Geschmack ge- habt, ist nicht bloss durch den "Apennin", sondern auch durch den (lächerlichen) Polyphem im Garten des Pal. Stiozzi-Ridolfi vertreten.f Sonst sind es fast lauter Gruppen des Kampfes, zu welchen der an- tike "Hercules mit Antäus" (S. 501, b) die stärkste Anregung mag ge- geben haben. Der genannte Vincenzo del Rossi versah den gros- sen Saal des Pal. Vecchio mit einer ganzen Reihe von Herculeskämpfen,g welche hier nebeneinander trotz aller Bravour und Leidenschaft den Eindruck der vollkommensten Langenweile hervorbringen. Desselben Rossi Liebesgruppe "Paris und Helena", im Hintergrund jener Grotteh des Gartens Boboli, wo sich die vier Atlanten Michelangelo's befin- den, ist als Arbeit nicht verächtlich, aber im Motiv gemein 1). Wie
1) Von Rossi ist auch der Matthäus im Dom (rechts unter dem Eingang zum* Kuppelraum), die manierirteste aller dort befindlichen Apostelstatuen. Der Thomas (Eingang zum linken Querschiff, links) ist kaum besser.
Spätere Florentiner.
mals 28 Jahre alt und erhielt dafür 100 Ducati, wie ein Chronist bemerkt.
Die Reliefs der Schule entsprechen insgemein dem Schlechtesten des Giovanni; sie wären schon als Bilder gering und sind mit ihrer zerstreuten Composition und ihren manierirten Formen als plastische Arbeiten kaum anzusehen. (Tacca’s Relief am Altar von S. Stefanoa e Cecilia; Nigetti’s Silberreliefs am Altar der Madonnencapelle inb der Annunziata, u. dgl. m.) Man kann nichts Stylloseres finden, als die Nischenreliefs an den beiden Enden des Querschiffes im Dom vonc Pisa; die Freigruppen drüber sind wieder beträchtlich besser, Werke eines gewissen Francesco Mosca (ebenfalls eines Florentiners um 1600), von dessen oben (S. 244, h) genanntem Vater Simone sich Mehreres, u. a. eine Anbetung der Könige, in der Madonnencapelled des Domes von Orvieto befindet. — Von dem etwas ältern Vincenzo del Rossi aus Fiesole sind die schwülstigen Sculpturen der ganzene zweiten Capelle rechts in S. Maria della Pace zu Rom; Simone Mosca arbeitete hier die Ornamente.
Die wahre Sinnesweise der Schule zeigt sich weniger in den kirchlichen als in den profanen Werken, an welchen Florenz für diese Zeit ungleich reicher ist als irgend eine andere Stadt. Selbst das höchst Colossale, für welches man hier von jeher Geschmack ge- habt, ist nicht bloss durch den „Apennin“, sondern auch durch den (lächerlichen) Polyphem im Garten des Pal. Stiozzi-Ridolfi vertreten.f Sonst sind es fast lauter Gruppen des Kampfes, zu welchen der an- tike „Hercules mit Antäus“ (S. 501, b) die stärkste Anregung mag ge- geben haben. Der genannte Vincenzo del Rossi versah den gros- sen Saal des Pal. Vecchio mit einer ganzen Reihe von Herculeskämpfen,g welche hier nebeneinander trotz aller Bravour und Leidenschaft den Eindruck der vollkommensten Langenweile hervorbringen. Desselben Rossi Liebesgruppe „Paris und Helena“, im Hintergrund jener Grotteh des Gartens Boboli, wo sich die vier Atlanten Michelangelo’s befin- den, ist als Arbeit nicht verächtlich, aber im Motiv gemein 1). Wie
1) Von Rossi ist auch der Matthäus im Dom (rechts unter dem Eingang zum* Kuppelraum), die manierirteste aller dort befindlichen Apostelstatuen. Der Thomas (Eingang zum linken Querschiff, links) ist kaum besser.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0709"n="687"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Spätere Florentiner.</hi></fw><lb/>
mals 28 Jahre alt und erhielt dafür 100 Ducati, wie ein Chronist<lb/>
bemerkt.</p><lb/><p>Die <hirendition="#g">Reliefs</hi> der Schule entsprechen insgemein dem Schlechtesten<lb/>
des Giovanni; sie wären schon als Bilder gering und sind mit ihrer<lb/>
zerstreuten Composition und ihren manierirten Formen als plastische<lb/>
Arbeiten kaum anzusehen. (<hirendition="#g">Tacca’s</hi> Relief am Altar von S. Stefano<noteplace="right">a</note><lb/>
e Cecilia; <hirendition="#g">Nigetti’s</hi> Silberreliefs am Altar der Madonnencapelle in<noteplace="right">b</note><lb/>
der Annunziata, u. dgl. m.) Man kann nichts Stylloseres finden, als<lb/>
die Nischenreliefs an den beiden Enden des Querschiffes im Dom von<noteplace="right">c</note><lb/>
Pisa; die Freigruppen drüber sind wieder beträchtlich besser, Werke<lb/>
eines gewissen <hirendition="#g">Francesco Mosca</hi> (ebenfalls eines Florentiners um<lb/>
1600), von dessen oben (S. 244, h) genanntem Vater <hirendition="#g">Simone</hi> sich<lb/>
Mehreres, u. a. eine Anbetung der Könige, in der Madonnencapelle<noteplace="right">d</note><lb/>
des Domes von Orvieto befindet. — Von dem etwas ältern <hirendition="#g">Vincenzo<lb/>
del Rossi</hi> aus Fiesole sind die schwülstigen Sculpturen der ganzen<noteplace="right">e</note><lb/>
zweiten Capelle rechts in S. Maria della Pace zu Rom; <hirendition="#g">Simone<lb/>
Mosca</hi> arbeitete hier die Ornamente.</p><lb/><p>Die wahre Sinnesweise der Schule zeigt sich weniger in den<lb/>
kirchlichen als in den <hirendition="#g">profanen</hi> Werken, an welchen Florenz für<lb/>
diese Zeit ungleich reicher ist als irgend eine andere Stadt. Selbst<lb/>
das höchst Colossale, für welches man hier von jeher Geschmack ge-<lb/>
habt, ist nicht bloss durch den „Apennin“, sondern auch durch den<lb/>
(lächerlichen) Polyphem im Garten des Pal. Stiozzi-Ridolfi vertreten.<noteplace="right">f</note><lb/>
Sonst sind es fast lauter Gruppen des Kampfes, zu welchen der an-<lb/>
tike „Hercules mit Antäus“ (S. 501, b) die stärkste Anregung mag ge-<lb/>
geben haben. Der genannte <hirendition="#g">Vincenzo del Rossi</hi> versah den gros-<lb/>
sen Saal des Pal. Vecchio mit einer ganzen Reihe von Herculeskämpfen,<noteplace="right">g</note><lb/>
welche hier nebeneinander trotz aller Bravour und Leidenschaft den<lb/>
Eindruck der vollkommensten Langenweile hervorbringen. Desselben<lb/>
Rossi Liebesgruppe „Paris und Helena“, im Hintergrund jener Grotte<noteplace="right">h</note><lb/>
des Gartens Boboli, wo sich die vier Atlanten Michelangelo’s befin-<lb/>
den, ist als Arbeit nicht verächtlich, aber im Motiv gemein <noteplace="foot"n="1)">Von Rossi ist auch der Matthäus im Dom (rechts unter dem Eingang zum<noteplace="right">*</note><lb/>
Kuppelraum), die manierirteste aller dort befindlichen Apostelstatuen. Der<lb/>
Thomas (Eingang zum linken Querschiff, links) ist kaum besser.</note>. Wie<lb/></p></div></body></text></TEI>
[687/0709]
Spätere Florentiner.
mals 28 Jahre alt und erhielt dafür 100 Ducati, wie ein Chronist
bemerkt.
Die Reliefs der Schule entsprechen insgemein dem Schlechtesten
des Giovanni; sie wären schon als Bilder gering und sind mit ihrer
zerstreuten Composition und ihren manierirten Formen als plastische
Arbeiten kaum anzusehen. (Tacca’s Relief am Altar von S. Stefano
e Cecilia; Nigetti’s Silberreliefs am Altar der Madonnencapelle in
der Annunziata, u. dgl. m.) Man kann nichts Stylloseres finden, als
die Nischenreliefs an den beiden Enden des Querschiffes im Dom von
Pisa; die Freigruppen drüber sind wieder beträchtlich besser, Werke
eines gewissen Francesco Mosca (ebenfalls eines Florentiners um
1600), von dessen oben (S. 244, h) genanntem Vater Simone sich
Mehreres, u. a. eine Anbetung der Könige, in der Madonnencapelle
des Domes von Orvieto befindet. — Von dem etwas ältern Vincenzo
del Rossi aus Fiesole sind die schwülstigen Sculpturen der ganzen
zweiten Capelle rechts in S. Maria della Pace zu Rom; Simone
Mosca arbeitete hier die Ornamente.
a
b
c
d
e
Die wahre Sinnesweise der Schule zeigt sich weniger in den
kirchlichen als in den profanen Werken, an welchen Florenz für
diese Zeit ungleich reicher ist als irgend eine andere Stadt. Selbst
das höchst Colossale, für welches man hier von jeher Geschmack ge-
habt, ist nicht bloss durch den „Apennin“, sondern auch durch den
(lächerlichen) Polyphem im Garten des Pal. Stiozzi-Ridolfi vertreten.
Sonst sind es fast lauter Gruppen des Kampfes, zu welchen der an-
tike „Hercules mit Antäus“ (S. 501, b) die stärkste Anregung mag ge-
geben haben. Der genannte Vincenzo del Rossi versah den gros-
sen Saal des Pal. Vecchio mit einer ganzen Reihe von Herculeskämpfen,
welche hier nebeneinander trotz aller Bravour und Leidenschaft den
Eindruck der vollkommensten Langenweile hervorbringen. Desselben
Rossi Liebesgruppe „Paris und Helena“, im Hintergrund jener Grotte
des Gartens Boboli, wo sich die vier Atlanten Michelangelo’s befin-
den, ist als Arbeit nicht verächtlich, aber im Motiv gemein 1). Wie
f
g
h
1) Von Rossi ist auch der Matthäus im Dom (rechts unter dem Eingang zum
Kuppelraum), die manierirteste aller dort befindlichen Apostelstatuen. Der
Thomas (Eingang zum linken Querschiff, links) ist kaum besser.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 687. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/709>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.