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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Giovanni da Bologna. Fratzen.

In der Behandlung des Reliefs theilte Giovanni die malerischen
Vorurtheile seiner Zeit, war aber innerhalb derselben sehr ungleich.
Auf derselben Piazza del Granduca ist beisammen sein bestes, die ina
den Motiven für ihn vorzüglich reine, wenn auch unplastische Basis
des Sabinerinnenraubes, und vielleicht sein allerschlechtestes, die Basis
des Cosimo I. -- Als Bilder beurtheilt werden die Reliefs an der Haupt-b
thür des Domes von Pisa und diejenigen in der hintersten Capellec
der Annunziata zu Florenz (der Gruftcapelle des Meisters) zum Theil
geistvoll und trefflich erzählt erscheinen, wenn auch in manierirten
Formen; als Reliefs sind sie styllos, so gemässigt sie neben spätern
Arbeiten sein mögen. Das schon im XV. Jahrh. vorkommende Aus-
wärtsbeugen des Oberkörpers der Figuren, der Untensicht und der
Überfüllung zu Liebe, ist in der Annunziata besonders auffallend. Bei
den Pisanerthüren war das Vorbild Ghiberti's (auch in decorativer
Beziehung) noch zu übermächtig.

Giovanni ist besonders interessant in einzelnen decorativen Sculptur-
sachen. Seit dem Absterben der echten Renaissanceverzierung war ein
Ersatz des Vegetabilischen und Architektonischen durch Masken,
Fratzen, Monstra
etc. eingetreten, und diese hat Keiner so treff-
lich gebildet als er. Die wasserspeienden Ungeheuer an dem Bassind
um die Insel des Gartens Boboli, der kleine bronzene Teufel als Fackel-e
halter an einer Ecke zwischen Pal. Strozzi und dem Mercato vecchio
geben genugsames Zeugniss von seinem schwungvollen Humor in die-
sen zum Theil geflissentlich manierirten Formen. Sein Schüler Pietro
Tacca
, von welchem sonst auch die tüchtige bronzene Reiterstatuef
Ferdinands I am Hafen von Livorno herrührt, schuf in jenem Fratzen-
styl die ebenfalls trefflichen bronzenen Brunnenfiguren auf Piazza dell'g
Annunziata zu Florenz. In diesem Geist sind auch die beiden sog.
Harpyjen am Portal von Pal. Fenzi (Via S. Gallo, 5966) von Cur-h
radi gearbeitet. Die römische Schule, Bernini nicht ausgenommen,
offenbart keine scherzhafte Seite dieser Art. Als sehr glückliche de-
corative Gesammtcomposition mag bei diesem Anlass auch die Fontaine
zunächst über dem Hof des Pal. Pitti, von Susini, genannt werden.i
(Von welchem auch das eherne Crucifix im Chor von SS. Micchele ek
Gaetano herrührt; ein blosser Akt.) -- Tüchtige Wappeneinfassungen
dieser Zeit sind wohl in Florenz häufiger als anderswo.


Giovanni da Bologna. Fratzen.

In der Behandlung des Reliefs theilte Giovanni die malerischen
Vorurtheile seiner Zeit, war aber innerhalb derselben sehr ungleich.
Auf derselben Piazza del Granduca ist beisammen sein bestes, die ina
den Motiven für ihn vorzüglich reine, wenn auch unplastische Basis
des Sabinerinnenraubes, und vielleicht sein allerschlechtestes, die Basis
des Cosimo I. — Als Bilder beurtheilt werden die Reliefs an der Haupt-b
thür des Domes von Pisa und diejenigen in der hintersten Capellec
der Annunziata zu Florenz (der Gruftcapelle des Meisters) zum Theil
geistvoll und trefflich erzählt erscheinen, wenn auch in manierirten
Formen; als Reliefs sind sie styllos, so gemässigt sie neben spätern
Arbeiten sein mögen. Das schon im XV. Jahrh. vorkommende Aus-
wärtsbeugen des Oberkörpers der Figuren, der Untensicht und der
Überfüllung zu Liebe, ist in der Annunziata besonders auffallend. Bei
den Pisanerthüren war das Vorbild Ghiberti’s (auch in decorativer
Beziehung) noch zu übermächtig.

Giovanni ist besonders interessant in einzelnen decorativen Sculptur-
sachen. Seit dem Absterben der echten Renaissanceverzierung war ein
Ersatz des Vegetabilischen und Architektonischen durch Masken,
Fratzen, Monstra
etc. eingetreten, und diese hat Keiner so treff-
lich gebildet als er. Die wasserspeienden Ungeheuer an dem Bassind
um die Insel des Gartens Boboli, der kleine bronzene Teufel als Fackel-e
halter an einer Ecke zwischen Pal. Strozzi und dem Mercato vecchio
geben genugsames Zeugniss von seinem schwungvollen Humor in die-
sen zum Theil geflissentlich manierirten Formen. Sein Schüler Pietro
Tacca
, von welchem sonst auch die tüchtige bronzene Reiterstatuef
Ferdinands I am Hafen von Livorno herrührt, schuf in jenem Fratzen-
styl die ebenfalls trefflichen bronzenen Brunnenfiguren auf Piazza dell’g
Annunziata zu Florenz. In diesem Geist sind auch die beiden sog.
Harpyjen am Portal von Pal. Fenzi (Via S. Gallo, 5966) von Cur-h
radi gearbeitet. Die römische Schule, Bernini nicht ausgenommen,
offenbart keine scherzhafte Seite dieser Art. Als sehr glückliche de-
corative Gesammtcomposition mag bei diesem Anlass auch die Fontaine
zunächst über dem Hof des Pal. Pitti, von Susini, genannt werden.i
(Von welchem auch das eherne Crucifix im Chor von SS. Micchele ek
Gaetano herrührt; ein blosser Akt.) — Tüchtige Wappeneinfassungen
dieser Zeit sind wohl in Florenz häufiger als anderswo.


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[685/0707] Giovanni da Bologna. Fratzen. In der Behandlung des Reliefs theilte Giovanni die malerischen Vorurtheile seiner Zeit, war aber innerhalb derselben sehr ungleich. Auf derselben Piazza del Granduca ist beisammen sein bestes, die in den Motiven für ihn vorzüglich reine, wenn auch unplastische Basis des Sabinerinnenraubes, und vielleicht sein allerschlechtestes, die Basis des Cosimo I. — Als Bilder beurtheilt werden die Reliefs an der Haupt- thür des Domes von Pisa und diejenigen in der hintersten Capelle der Annunziata zu Florenz (der Gruftcapelle des Meisters) zum Theil geistvoll und trefflich erzählt erscheinen, wenn auch in manierirten Formen; als Reliefs sind sie styllos, so gemässigt sie neben spätern Arbeiten sein mögen. Das schon im XV. Jahrh. vorkommende Aus- wärtsbeugen des Oberkörpers der Figuren, der Untensicht und der Überfüllung zu Liebe, ist in der Annunziata besonders auffallend. Bei den Pisanerthüren war das Vorbild Ghiberti’s (auch in decorativer Beziehung) noch zu übermächtig. a b c Giovanni ist besonders interessant in einzelnen decorativen Sculptur- sachen. Seit dem Absterben der echten Renaissanceverzierung war ein Ersatz des Vegetabilischen und Architektonischen durch Masken, Fratzen, Monstra etc. eingetreten, und diese hat Keiner so treff- lich gebildet als er. Die wasserspeienden Ungeheuer an dem Bassin um die Insel des Gartens Boboli, der kleine bronzene Teufel als Fackel- halter an einer Ecke zwischen Pal. Strozzi und dem Mercato vecchio geben genugsames Zeugniss von seinem schwungvollen Humor in die- sen zum Theil geflissentlich manierirten Formen. Sein Schüler Pietro Tacca, von welchem sonst auch die tüchtige bronzene Reiterstatue Ferdinands I am Hafen von Livorno herrührt, schuf in jenem Fratzen- styl die ebenfalls trefflichen bronzenen Brunnenfiguren auf Piazza dell’ Annunziata zu Florenz. In diesem Geist sind auch die beiden sog. Harpyjen am Portal von Pal. Fenzi (Via S. Gallo, 5966) von Cur- radi gearbeitet. Die römische Schule, Bernini nicht ausgenommen, offenbart keine scherzhafte Seite dieser Art. Als sehr glückliche de- corative Gesammtcomposition mag bei diesem Anlass auch die Fontaine zunächst über dem Hof des Pal. Pitti, von Susini, genannt werden. (Von welchem auch das eherne Crucifix im Chor von SS. Micchele e Gaetano herrührt; ein blosser Akt.) — Tüchtige Wappeneinfassungen dieser Zeit sind wohl in Florenz häufiger als anderswo. d e f g h i k

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 685. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/707>, abgerufen am 18.12.2024.