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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Bologna und Ferrara.
wechseln ist) sind einige Denkmäler in Bologna zu beachten, meist
Professorengräber der oben (Seite 574, g) beschriebenen Gattung. So
eines des Juristen Saliceti (1403) im Klosterhof von S. Martino mag-a
giore; ein anderes des Bartolommeo Saliceti (1412) im Klosterhof vonb
S. Domenico; (die Eckstatuen und oben der zweite Apostel neben der
Madonna fehlen; das Relief der Zuhörer und die Putten an den Con-
solen unten sind gut und lebendig, die liegende Statue weniger).

Von ähnlichem Styl, doch schon mehr in der Art des XV. Jahr-
hunderts, das vortreffliche Grabmal des Juristen Antonio Bentivoglioc
im Chorumgang von S. Giacomo maggiore; von den Statuetten sind
zumal die der vier Tugenden lebendig und ausdrucksvoll.

Die sonstigen bolognesischen Sculpturen germanischen Styles sind
meist ebenfalls von Fremden gearbeitet. Unter den Urhebern der
ziemlich unbedeutenden Heiligenbrustbilder am Sockel von S. Petroniod
wird auch ein Deutscher, Hans Ferrabech genannt, welchem der
S. Paulus angehört. Von dem Venezianer Jacopo Lanfrani ist
das Denkmal des Taddeo Popoli in S. Domenico, Nebencapelle dese
linken Querschiffes, vom Jahr 1347, und dasjenige des Juristen Cal-f
derini, + 1348, im dortigen Klosterhof; beides befangene Arbeiten.


Sonst geben z. B. die Sculpturen am obern Theil des Dompor-g
tals zu Ferrara einen Massstab für dasjenige, was etwa um 1300
unabhängig von den Pisanern in diesen Gegenden erreicht wurde.
(Madonna; das Weltgericht als Fries; drüber im Giebel der Welt-
richter mit Heiligen und musicirenden Ältesten; weiter unten zu
beiden Seiten Abrahams Schooss und der Schlund der Hölle.) Bei
mancher Ungeschicklichkeit sind doch Köpfe und Gewandmotive fast
durchgängig energisch und in ihrer Weise schön, das Ganze völlig
aus Einem Guss.


Nächst Pisa ist wohl Venedig derjenige Punkt Italiens, wo die
Sculptur des germanischen Styles ihre wichtigste Werkstätte hatte.
Alle venezianische Malerei des XIV. Jahrhunderts, sowohl die noch
byzantinische als die halb giotteske, steht an innerer Bedeutung hinter
der gleichzeitigen Sculptur zurück. Die mangelnde Grossräumigkeit der

B. Cicerone. 37

Bologna und Ferrara.
wechseln ist) sind einige Denkmäler in Bologna zu beachten, meist
Professorengräber der oben (Seite 574, g) beschriebenen Gattung. So
eines des Juristen Saliceti (1403) im Klosterhof von S. Martino mag-a
giore; ein anderes des Bartolommeo Saliceti (1412) im Klosterhof vonb
S. Domenico; (die Eckstatuen und oben der zweite Apostel neben der
Madonna fehlen; das Relief der Zuhörer und die Putten an den Con-
solen unten sind gut und lebendig, die liegende Statue weniger).

Von ähnlichem Styl, doch schon mehr in der Art des XV. Jahr-
hunderts, das vortreffliche Grabmal des Juristen Antonio Bentivoglioc
im Chorumgang von S. Giacomo maggiore; von den Statuetten sind
zumal die der vier Tugenden lebendig und ausdrucksvoll.

Die sonstigen bolognesischen Sculpturen germanischen Styles sind
meist ebenfalls von Fremden gearbeitet. Unter den Urhebern der
ziemlich unbedeutenden Heiligenbrustbilder am Sockel von S. Petroniod
wird auch ein Deutscher, Hans Ferrabech genannt, welchem der
S. Paulus angehört. Von dem Venezianer Jacopo Lanfrani ist
das Denkmal des Taddeo Popoli in S. Domenico, Nebencapelle dese
linken Querschiffes, vom Jahr 1347, und dasjenige des Juristen Cal-f
derini, † 1348, im dortigen Klosterhof; beides befangene Arbeiten.


Sonst geben z. B. die Sculpturen am obern Theil des Dompor-g
tals zu Ferrara einen Massstab für dasjenige, was etwa um 1300
unabhängig von den Pisanern in diesen Gegenden erreicht wurde.
(Madonna; das Weltgericht als Fries; drüber im Giebel der Welt-
richter mit Heiligen und musicirenden Ältesten; weiter unten zu
beiden Seiten Abrahams Schooss und der Schlund der Hölle.) Bei
mancher Ungeschicklichkeit sind doch Köpfe und Gewandmotive fast
durchgängig energisch und in ihrer Weise schön, das Ganze völlig
aus Einem Guss.


Nächst Pisa ist wohl Venedig derjenige Punkt Italiens, wo die
Sculptur des germanischen Styles ihre wichtigste Werkstätte hatte.
Alle venezianische Malerei des XIV. Jahrhunderts, sowohl die noch
byzantinische als die halb giotteske, steht an innerer Bedeutung hinter
der gleichzeitigen Sculptur zurück. Die mangelnde Grossräumigkeit der

B. Cicerone. 37
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[577/0599] Bologna und Ferrara. wechseln ist) sind einige Denkmäler in Bologna zu beachten, meist Professorengräber der oben (Seite 574, g) beschriebenen Gattung. So eines des Juristen Saliceti (1403) im Klosterhof von S. Martino mag- giore; ein anderes des Bartolommeo Saliceti (1412) im Klosterhof von S. Domenico; (die Eckstatuen und oben der zweite Apostel neben der Madonna fehlen; das Relief der Zuhörer und die Putten an den Con- solen unten sind gut und lebendig, die liegende Statue weniger). a b Von ähnlichem Styl, doch schon mehr in der Art des XV. Jahr- hunderts, das vortreffliche Grabmal des Juristen Antonio Bentivoglio im Chorumgang von S. Giacomo maggiore; von den Statuetten sind zumal die der vier Tugenden lebendig und ausdrucksvoll. c Die sonstigen bolognesischen Sculpturen germanischen Styles sind meist ebenfalls von Fremden gearbeitet. Unter den Urhebern der ziemlich unbedeutenden Heiligenbrustbilder am Sockel von S. Petronio wird auch ein Deutscher, Hans Ferrabech genannt, welchem der S. Paulus angehört. Von dem Venezianer Jacopo Lanfrani ist das Denkmal des Taddeo Popoli in S. Domenico, Nebencapelle des linken Querschiffes, vom Jahr 1347, und dasjenige des Juristen Cal- derini, † 1348, im dortigen Klosterhof; beides befangene Arbeiten. d e f Sonst geben z. B. die Sculpturen am obern Theil des Dompor- tals zu Ferrara einen Massstab für dasjenige, was etwa um 1300 unabhängig von den Pisanern in diesen Gegenden erreicht wurde. (Madonna; das Weltgericht als Fries; drüber im Giebel der Welt- richter mit Heiligen und musicirenden Ältesten; weiter unten zu beiden Seiten Abrahams Schooss und der Schlund der Hölle.) Bei mancher Ungeschicklichkeit sind doch Köpfe und Gewandmotive fast durchgängig energisch und in ihrer Weise schön, das Ganze völlig aus Einem Guss. g Nächst Pisa ist wohl Venedig derjenige Punkt Italiens, wo die Sculptur des germanischen Styles ihre wichtigste Werkstätte hatte. Alle venezianische Malerei des XIV. Jahrhunderts, sowohl die noch byzantinische als die halb giotteske, steht an innerer Bedeutung hinter der gleichzeitigen Sculptur zurück. Die mangelnde Grossräumigkeit der B. Cicerone. 37

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 577. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/599>, abgerufen am 16.06.2024.