Satyrn die Ohren, von den Centauren die pferdeartigen Vorderfüsse, welche ihrem Oberleib erst die rechte Basis im Verhältniss zum Fisch- schwanze geben. Allein der Triton, selbst der ganz jugendliche, be- hält doch meist einen trüb-leidenschaftlichen Ausdruck, der sich in den tiefliegenden Augen, den eigenthümlich geschärften und geboge- nen Augbraunen, dem schönen aber gewaltsam zuckenden Mund und ain der gefurchten Stirn offenbart. So der grossartige vaticanische bTritonstorso (Galeria delle Statue). Ganz in der Nähe (Saal der Thiere) steht die wohlerhaltene Gruppe eines Tritons, welcher eine Nereide entführt, mit Amorinen auf dem Schweif, vortrefflich erfun- den, aber von sehr ungleicher Ausführung. Hier ist das Profil des Halses zu einer Art von Halsflosse geschärft, welche den Ausdruck von Leidenschaft und Anstrengung sichtbar steigert. (Wahrscheinlich eine Brunnengruppe.)
Die schön belebte Jünglingsgestalt auf dem Delphin reitend, im cägyptischen Zimmer der Villa Borghese, zeigt allerdings in Kopf und Geberde den Ausdruck der Fröhlichkeit und Elasticität. Allein es ist in dieser durchaus menschlichen Figur kein Triton dargestellt, son- dern wahrscheinlich Palämon, und zudem ist der Kopf (vom Satyrs- typus) der Statue fremd. Als eine der erfreulichsten Brunnenstatuen -- das Wasser kam aus dem Mund des Delphins -- verdient sie noch eine besondere Beachtung.
Nicht immer aber wird in den Tritonen das Jugendliche mit dem schönen und herben Trübsinn dargestellt; es giebt auch alte, bärtige, mit lachendem oder komisch-grämlichem Ausdruck, Silene der Fluth, dwenn man will. Solche sind verewigt in dem Mosaik der Sala ro- tonda des Vaticans (aus den Thermen von Otricoli). Die von allem Wetter gebräunten Seeleute, meist mit hübschen jungen Nereidenweib- chen hinter sich auf dem geschwungenen Schweif, haben es hier m it allerlei Meerungeheuern zu thun, als da sind Seepferde, Seegreifen, Seeböcke, Seestiere, Seedrachen u. dgl.; diese Meerwunder werden geneckt, gefüttert und gezäumt. Es sind Scenen aus dem Stillleben der persönlich gewordenen Seewelt, hier von drolliger Art.
An den Sarcophagen haben dagegen auch die alten Tritonen in der Regel den ernsten und trüben Ausdruck.
Antike Sculptur. Tritonen.
Satyrn die Ohren, von den Centauren die pferdeartigen Vorderfüsse, welche ihrem Oberleib erst die rechte Basis im Verhältniss zum Fisch- schwanze geben. Allein der Triton, selbst der ganz jugendliche, be- hält doch meist einen trüb-leidenschaftlichen Ausdruck, der sich in den tiefliegenden Augen, den eigenthümlich geschärften und geboge- nen Augbraunen, dem schönen aber gewaltsam zuckenden Mund und ain der gefurchten Stirn offenbart. So der grossartige vaticanische bTritonstorso (Galeria delle Statue). Ganz in der Nähe (Saal der Thiere) steht die wohlerhaltene Gruppe eines Tritons, welcher eine Nereide entführt, mit Amorinen auf dem Schweif, vortrefflich erfun- den, aber von sehr ungleicher Ausführung. Hier ist das Profil des Halses zu einer Art von Halsflosse geschärft, welche den Ausdruck von Leidenschaft und Anstrengung sichtbar steigert. (Wahrscheinlich eine Brunnengruppe.)
Die schön belebte Jünglingsgestalt auf dem Delphin reitend, im cägyptischen Zimmer der Villa Borghese, zeigt allerdings in Kopf und Geberde den Ausdruck der Fröhlichkeit und Elasticität. Allein es ist in dieser durchaus menschlichen Figur kein Triton dargestellt, son- dern wahrscheinlich Palämon, und zudem ist der Kopf (vom Satyrs- typus) der Statue fremd. Als eine der erfreulichsten Brunnenstatuen — das Wasser kam aus dem Mund des Delphins — verdient sie noch eine besondere Beachtung.
Nicht immer aber wird in den Tritonen das Jugendliche mit dem schönen und herben Trübsinn dargestellt; es giebt auch alte, bärtige, mit lachendem oder komisch-grämlichem Ausdruck, Silene der Fluth, dwenn man will. Solche sind verewigt in dem Mosaik der Sala ro- tonda des Vaticans (aus den Thermen von Otricoli). Die von allem Wetter gebräunten Seeleute, meist mit hübschen jungen Nereidenweib- chen hinter sich auf dem geschwungenen Schweif, haben es hier m it allerlei Meerungeheuern zu thun, als da sind Seepferde, Seegreifen, Seeböcke, Seestiere, Seedrachen u. dgl.; diese Meerwunder werden geneckt, gefüttert und gezäumt. Es sind Scenen aus dem Stillleben der persönlich gewordenen Seewelt, hier von drolliger Art.
An den Sarcophagen haben dagegen auch die alten Tritonen in der Regel den ernsten und trüben Ausdruck.
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Antike Sculptur. Tritonen.
Satyrn die Ohren, von den Centauren die pferdeartigen Vorderfüsse,
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schwanze geben. Allein der Triton, selbst der ganz jugendliche, be-
hält doch meist einen trüb-leidenschaftlichen Ausdruck, der sich in
den tiefliegenden Augen, den eigenthümlich geschärften und geboge-
nen Augbraunen, dem schönen aber gewaltsam zuckenden Mund und
in der gefurchten Stirn offenbart. So der grossartige vaticanische
Tritonstorso (Galeria delle Statue). Ganz in der Nähe (Saal der
Thiere) steht die wohlerhaltene Gruppe eines Tritons, welcher eine
Nereide entführt, mit Amorinen auf dem Schweif, vortrefflich erfun-
den, aber von sehr ungleicher Ausführung. Hier ist das Profil des
Halses zu einer Art von Halsflosse geschärft, welche den Ausdruck
von Leidenschaft und Anstrengung sichtbar steigert. (Wahrscheinlich
eine Brunnengruppe.)
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Die schön belebte Jünglingsgestalt auf dem Delphin reitend, im
ägyptischen Zimmer der Villa Borghese, zeigt allerdings in Kopf und
Geberde den Ausdruck der Fröhlichkeit und Elasticität. Allein es ist
in dieser durchaus menschlichen Figur kein Triton dargestellt, son-
dern wahrscheinlich Palämon, und zudem ist der Kopf (vom Satyrs-
typus) der Statue fremd. Als eine der erfreulichsten Brunnenstatuen
— das Wasser kam aus dem Mund des Delphins — verdient sie noch
eine besondere Beachtung.
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Nicht immer aber wird in den Tritonen das Jugendliche mit dem
schönen und herben Trübsinn dargestellt; es giebt auch alte, bärtige,
mit lachendem oder komisch-grämlichem Ausdruck, Silene der Fluth,
wenn man will. Solche sind verewigt in dem Mosaik der Sala ro-
tonda des Vaticans (aus den Thermen von Otricoli). Die von allem
Wetter gebräunten Seeleute, meist mit hübschen jungen Nereidenweib-
chen hinter sich auf dem geschwungenen Schweif, haben es hier m it
allerlei Meerungeheuern zu thun, als da sind Seepferde, Seegreifen,
Seeböcke, Seestiere, Seedrachen u. dgl.; diese Meerwunder werden
geneckt, gefüttert und gezäumt. Es sind Scenen aus dem Stillleben
der persönlich gewordenen Seewelt, hier von drolliger Art.
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An den Sarcophagen haben dagegen auch die alten Tritonen in
der Regel den ernsten und trüben Ausdruck.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/506>, abgerufen am 18.12.2024.
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