ja doch Jedermann, welche Göttin gemeint war. (Zwei kleine Bronze-a wiederholungen in den Uffizien, II. Zimmer d. Br., 4. Schrank.)
In eigenthümlicher Seitenverwandtschaft zu Pallas Athene ste- hen, dem Typus nach, die Amazonen, deren höchste Ausbildung ja vielleicht wesentlich demselben grossen Bildner angehört, welchem das höchste Ideal der Stadtgöttin von Athen seine Züge verdankt, Phidias. Der herrliche Gedanke, männliche Kraft in weiblichem Leib darzu- stellen, gehört ganz der Zeit der hohen Kunst an, sowie die zierlich und buhlerisch gewordene Kunst sich charakterisirt durch die Schö- pfung des Hermaphroditen, welcher durch die Vermengung des sinn- lich Reizenden der beiden Geschlechter ein vermeintlich Höheres re- präsentiren soll. -- Die Sage von dem kriegerischen asiatischen Frauen- volk und von seinen Kämpfen mit den griechischen Helden gab nur den Anlass zu dem hohen künstlerischen Problem, welches Polyklet, Phidias, Ktesilaos, Dositheus u. A. jeder auf seine Weise löste. Aus- geschlossen blieb wie bei Pallas in dem strengen ovalen Kopf jeder Ausdruck des Liebreizes; bei aller Entfaltung der Kraft gehen aber doch die Formen nie über das Weiche und Weibliche hinaus. Das leichte aufgeschürzte Gewand deckt nur einen Theil der Brust und die Hüften bis zum Knie; es fliesst so um die Gestalt, dass jede Nuance der Bewegung sich darin klar ausdrückt. Diess war sehr wesentlich, denn das Heroische liess sich im Weibe, wenn es schön bleiben sollte, überhaupt nur als Rüstigkeit, Bewegungsfähigkeit dar- stellen. -- Bei den einzelnen auf uns gekommenen Motiven ist nie zu vergessen, dass die Künstler diese Heroinnen als Gattung, als Volk dachten, und dass wir lauter Episoden eines grössern Ganzen vor uns sehen. Das schönste Motiv, die den Speer zum Sprung auf- stützende Amazone des Phidias, kann man leider nirgends rein ge- niessen, indem sie (Exemplare im Braccio nuovo und in der Gale-b ria delle statue des Vaticans, sowie im Museo Capitolino, Zimmer desc sterbenden Fechters) statt des Speeres mit einem Bogen restaurirt zu werden pflegt, doch bleibt der Ausdruck und die imposante Haltung des Kopfes, und in dem Körper das so kräftige und zugleich so an- muthige sich Anschicken zum Sprunge. -- Die verwundete Amazone
Amazonen.
ja doch Jedermann, welche Göttin gemeint war. (Zwei kleine Bronze-a wiederholungen in den Uffizien, II. Zimmer d. Br., 4. Schrank.)
In eigenthümlicher Seitenverwandtschaft zu Pallas Athene ste- hen, dem Typus nach, die Amazonen, deren höchste Ausbildung ja vielleicht wesentlich demselben grossen Bildner angehört, welchem das höchste Ideal der Stadtgöttin von Athen seine Züge verdankt, Phidias. Der herrliche Gedanke, männliche Kraft in weiblichem Leib darzu- stellen, gehört ganz der Zeit der hohen Kunst an, sowie die zierlich und buhlerisch gewordene Kunst sich charakterisirt durch die Schö- pfung des Hermaphroditen, welcher durch die Vermengung des sinn- lich Reizenden der beiden Geschlechter ein vermeintlich Höheres re- präsentiren soll. — Die Sage von dem kriegerischen asiatischen Frauen- volk und von seinen Kämpfen mit den griechischen Helden gab nur den Anlass zu dem hohen künstlerischen Problem, welches Polyklet, Phidias, Ktesilaos, Dositheus u. A. jeder auf seine Weise löste. Aus- geschlossen blieb wie bei Pallas in dem strengen ovalen Kopf jeder Ausdruck des Liebreizes; bei aller Entfaltung der Kraft gehen aber doch die Formen nie über das Weiche und Weibliche hinaus. Das leichte aufgeschürzte Gewand deckt nur einen Theil der Brust und die Hüften bis zum Knie; es fliesst so um die Gestalt, dass jede Nuance der Bewegung sich darin klar ausdrückt. Diess war sehr wesentlich, denn das Heroische liess sich im Weibe, wenn es schön bleiben sollte, überhaupt nur als Rüstigkeit, Bewegungsfähigkeit dar- stellen. — Bei den einzelnen auf uns gekommenen Motiven ist nie zu vergessen, dass die Künstler diese Heroinnen als Gattung, als Volk dachten, und dass wir lauter Episoden eines grössern Ganzen vor uns sehen. Das schönste Motiv, die den Speer zum Sprung auf- stützende Amazone des Phidias, kann man leider nirgends rein ge- niessen, indem sie (Exemplare im Braccio nuovo und in der Gale-b ria delle statue des Vaticans, sowie im Museo Capitolino, Zimmer desc sterbenden Fechters) statt des Speeres mit einem Bogen restaurirt zu werden pflegt, doch bleibt der Ausdruck und die imposante Haltung des Kopfes, und in dem Körper das so kräftige und zugleich so an- muthige sich Anschicken zum Sprunge. — Die verwundete Amazone
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Amazonen.
ja doch Jedermann, welche Göttin gemeint war. (Zwei kleine Bronze-
wiederholungen in den Uffizien, II. Zimmer d. Br., 4. Schrank.)
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In eigenthümlicher Seitenverwandtschaft zu Pallas Athene ste-
hen, dem Typus nach, die Amazonen, deren höchste Ausbildung ja
vielleicht wesentlich demselben grossen Bildner angehört, welchem das
höchste Ideal der Stadtgöttin von Athen seine Züge verdankt, Phidias.
Der herrliche Gedanke, männliche Kraft in weiblichem Leib darzu-
stellen, gehört ganz der Zeit der hohen Kunst an, sowie die zierlich
und buhlerisch gewordene Kunst sich charakterisirt durch die Schö-
pfung des Hermaphroditen, welcher durch die Vermengung des sinn-
lich Reizenden der beiden Geschlechter ein vermeintlich Höheres re-
präsentiren soll. — Die Sage von dem kriegerischen asiatischen Frauen-
volk und von seinen Kämpfen mit den griechischen Helden gab nur
den Anlass zu dem hohen künstlerischen Problem, welches Polyklet,
Phidias, Ktesilaos, Dositheus u. A. jeder auf seine Weise löste. Aus-
geschlossen blieb wie bei Pallas in dem strengen ovalen Kopf jeder
Ausdruck des Liebreizes; bei aller Entfaltung der Kraft gehen aber
doch die Formen nie über das Weiche und Weibliche hinaus. Das
leichte aufgeschürzte Gewand deckt nur einen Theil der Brust und
die Hüften bis zum Knie; es fliesst so um die Gestalt, dass jede
Nuance der Bewegung sich darin klar ausdrückt. Diess war sehr
wesentlich, denn das Heroische liess sich im Weibe, wenn es schön
bleiben sollte, überhaupt nur als Rüstigkeit, Bewegungsfähigkeit dar-
stellen. — Bei den einzelnen auf uns gekommenen Motiven ist nie zu
vergessen, dass die Künstler diese Heroinnen als Gattung, als Volk
dachten, und dass wir lauter Episoden eines grössern Ganzen vor
uns sehen. Das schönste Motiv, die den Speer zum Sprung auf-
stützende Amazone des Phidias, kann man leider nirgends rein ge-
niessen, indem sie (Exemplare im Braccio nuovo und in der Gale-
ria delle statue des Vaticans, sowie im Museo Capitolino, Zimmer des
sterbenden Fechters) statt des Speeres mit einem Bogen restaurirt zu
werden pflegt, doch bleibt der Ausdruck und die imposante Haltung
des Kopfes, und in dem Körper das so kräftige und zugleich so an-
muthige sich Anschicken zum Sprunge. — Die verwundete Amazone
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/463>, abgerufen am 18.12.2024.
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