Ende in Gestalt einer Nische u. dgl. für den Altar eingerichtet und so für die Gemeinde die von andern Kirchen her gewohnte Längen- perspective hergestellt. Dieser Widerspruch benimmt den betreffenden Kirchen gewissermassen die höhere Weihe; das schöne Gebäude und dann der Altarraum sind zwei verschiedene Dinge.
Abgesehen hievon ist aber der Centralbau eines so vollkommenen Abschlusses in sich, einer so grossen monumentalen Ausbildung fähig, dass selbst die weniger geschickten Lösungen dieser Aufgabe immer ein hohes Interesse erregen.
Für die Baptisterien, welche hier vorweg zu behandeln sind, behauptete sich von frühe an die Form des einfachen oder des mit einem Umgang versehenen, oben zugedeckten oder zugewölbten Acht- ecks, in dessen Mitte der Taufbrunnen stand. Seltener kommt eine an- dere polygone oder die runde Form vor. An keinem des ersten Jahr- tausends zeigt die Aussenseite (jetzt) mehr als glatte Wände; die ganze, oft grosse, Pracht war dem Innern aufbehalten. Auf künstliche Be- leuchtung geflissentlich berechnet, sind die Räume meist ziemlich dunkel, nur durch eine Lanterna und durch die offene Thür erhellt.
Das Baptisterium beim Lateran in Rom (432--440) hat nichtsa Ursprüngliches mehr als seine Doppelstellung von Säulen mit geraden Gebälken und die Mauern, nebst der von zwei grossen Porphyrsäulen gestüzten, in zwei halbrunde Nischen auslaufenden Vorhalle (gegen den Hof). Mit dem echten, ernsten Schmuck versehen, würde es einen ganz andern Eindruck gewähren als mit den Malereien des Sacchi und Maratti; ein kleiner mosaicirter Nebenraum und das prächtige Orna- ment grüngoldener Weinranken auf blauem Grunde in der linken Ni- schenkuppel der Vorhalle deuten noch an, in welchen Farben und Ornamenten das ganze Gebäude prangen mochte.
Die Kirche S. Maria maggiore, einige Minuten ausserhalb No-b cera unweit seitab von der Landstrasse nach Pompeji, ist ein Bap- tisterium des IV. Jahrhunderts, aus antiken Baustücken ohne beson- dere Sorgfalt zusammengebaut. Ein Kreis von je zu zweien zusam- mengestellten Säulen trägt sofort (ohne Cylinder) die mittlere Kup- pel; der Umgang ist rings angewölbt; eine kleine Tribuna schliesst sich daran. Von Aussen ganz formlos, giebt dieses Gebäude in be- sonderm Grade denjenigen Eindruck des Geheimnissvollen, durch wel-
Centralbau. Baptisterien.
Ende in Gestalt einer Nische u. dgl. für den Altar eingerichtet und so für die Gemeinde die von andern Kirchen her gewohnte Längen- perspective hergestellt. Dieser Widerspruch benimmt den betreffenden Kirchen gewissermassen die höhere Weihe; das schöne Gebäude und dann der Altarraum sind zwei verschiedene Dinge.
Abgesehen hievon ist aber der Centralbau eines so vollkommenen Abschlusses in sich, einer so grossen monumentalen Ausbildung fähig, dass selbst die weniger geschickten Lösungen dieser Aufgabe immer ein hohes Interesse erregen.
Für die Baptisterien, welche hier vorweg zu behandeln sind, behauptete sich von frühe an die Form des einfachen oder des mit einem Umgang versehenen, oben zugedeckten oder zugewölbten Acht- ecks, in dessen Mitte der Taufbrunnen stand. Seltener kommt eine an- dere polygone oder die runde Form vor. An keinem des ersten Jahr- tausends zeigt die Aussenseite (jetzt) mehr als glatte Wände; die ganze, oft grosse, Pracht war dem Innern aufbehalten. Auf künstliche Be- leuchtung geflissentlich berechnet, sind die Räume meist ziemlich dunkel, nur durch eine Lanterna und durch die offene Thür erhellt.
Das Baptisterium beim Lateran in Rom (432—440) hat nichtsa Ursprüngliches mehr als seine Doppelstellung von Säulen mit geraden Gebälken und die Mauern, nebst der von zwei grossen Porphyrsäulen gestüzten, in zwei halbrunde Nischen auslaufenden Vorhalle (gegen den Hof). Mit dem echten, ernsten Schmuck versehen, würde es einen ganz andern Eindruck gewähren als mit den Malereien des Sacchi und Maratti; ein kleiner mosaicirter Nebenraum und das prächtige Orna- ment grüngoldener Weinranken auf blauem Grunde in der linken Ni- schenkuppel der Vorhalle deuten noch an, in welchen Farben und Ornamenten das ganze Gebäude prangen mochte.
Die Kirche S. Maria maggiore, einige Minuten ausserhalb No-b cera unweit seitab von der Landstrasse nach Pompeji, ist ein Bap- tisterium des IV. Jahrhunderts, aus antiken Baustücken ohne beson- dere Sorgfalt zusammengebaut. Ein Kreis von je zu zweien zusam- mengestellten Säulen trägt sofort (ohne Cylinder) die mittlere Kup- pel; der Umgang ist rings angewölbt; eine kleine Tribuna schliesst sich daran. Von Aussen ganz formlos, giebt dieses Gebäude in be- sonderm Grade denjenigen Eindruck des Geheimnissvollen, durch wel-
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Centralbau. Baptisterien.
Ende in Gestalt einer Nische u. dgl. für den Altar eingerichtet und
so für die Gemeinde die von andern Kirchen her gewohnte Längen-
perspective hergestellt. Dieser Widerspruch benimmt den betreffenden
Kirchen gewissermassen die höhere Weihe; das schöne Gebäude und
dann der Altarraum sind zwei verschiedene Dinge.
Abgesehen hievon ist aber der Centralbau eines so vollkommenen
Abschlusses in sich, einer so grossen monumentalen Ausbildung fähig,
dass selbst die weniger geschickten Lösungen dieser Aufgabe immer
ein hohes Interesse erregen.
Für die Baptisterien, welche hier vorweg zu behandeln sind,
behauptete sich von frühe an die Form des einfachen oder des mit
einem Umgang versehenen, oben zugedeckten oder zugewölbten Acht-
ecks, in dessen Mitte der Taufbrunnen stand. Seltener kommt eine an-
dere polygone oder die runde Form vor. An keinem des ersten Jahr-
tausends zeigt die Aussenseite (jetzt) mehr als glatte Wände; die ganze,
oft grosse, Pracht war dem Innern aufbehalten. Auf künstliche Be-
leuchtung geflissentlich berechnet, sind die Räume meist ziemlich dunkel,
nur durch eine Lanterna und durch die offene Thür erhellt.
Das Baptisterium beim Lateran in Rom (432—440) hat nichts
Ursprüngliches mehr als seine Doppelstellung von Säulen mit geraden
Gebälken und die Mauern, nebst der von zwei grossen Porphyrsäulen
gestüzten, in zwei halbrunde Nischen auslaufenden Vorhalle (gegen den
Hof). Mit dem echten, ernsten Schmuck versehen, würde es einen
ganz andern Eindruck gewähren als mit den Malereien des Sacchi und
Maratti; ein kleiner mosaicirter Nebenraum und das prächtige Orna-
ment grüngoldener Weinranken auf blauem Grunde in der linken Ni-
schenkuppel der Vorhalle deuten noch an, in welchen Farben und
Ornamenten das ganze Gebäude prangen mochte.
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Die Kirche S. Maria maggiore, einige Minuten ausserhalb No-
cera unweit seitab von der Landstrasse nach Pompeji, ist ein Bap-
tisterium des IV. Jahrhunderts, aus antiken Baustücken ohne beson-
dere Sorgfalt zusammengebaut. Ein Kreis von je zu zweien zusam-
mengestellten Säulen trägt sofort (ohne Cylinder) die mittlere Kup-
pel; der Umgang ist rings angewölbt; eine kleine Tribuna schliesst
sich daran. Von Aussen ganz formlos, giebt dieses Gebäude in be-
sonderm Grade denjenigen Eindruck des Geheimnissvollen, durch wel-
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/111>, abgerufen am 29.11.2024.
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