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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Moderne Malerei.
steht S. Sebastian; die besten Bilder glaube ich (S. 1016, a) schon ge-
anannt zu haben (wozu noch der Guercino, Pal. Pitti, zu rechnen
sein mag). Dann betende Heilige in Überfluss; der reuige Petrus
b(man vgl. Guercino, im Mus. v. Neapel -- hier mit dem Schnupf-
ctuch! -- Guido und C. Dolci, beide im Pal. Pitti; Pierfranc.
dMola im Pal. Corsini zu Rom) auf allen Stufen des Jammers; --
büssende Magdalenen aller Art, von der heftigsten Betheurung bis zur
eruhigen Beschaulichkeit (Cristofano Allori, im Pal. Pitti; Do-
fmenico Feti, in der Acad. v. Venedig; Guercino, in der vatican.
Galerie, motivirt die Rührung der M. dadurch, dass zwei Engel ihr
die Nägel vom Kreuz vorweisen müssen); -- S. Franz im Gebet (be-
gsonders niedrigen Charakters bei Cigoli, Pal. Pitti und Uffizien). --
Bei Darstellung der Mönchsandacht hat der Carthäuserorden einen
ganz merkwürdigen Vorzug einfacherer Innigkeit (S. 700, b). Was in
Le Sueur's Geschichten des heil. Bruno (Louvre) am Meisten ergreift,
findet sich auch in italienischen Carthäuserbildern wieder. Die Ereig-
nisse sind nicht günstiger noch ungünstiger für die malerische Behand-
lung als diejenigen anderer Orden; es ist dieselbe Art von Visionen,
Casteiungen, Thätigkeiten (besonders Schreiben), Gebeten, Wunder-
wirkungen durch Geberde, bis auf den Tod auf dem harten Lager
oder unter Mörderhänden. Allein die tiefe und stille Seelenandacht,
mag sie den Blick nach oben wenden oder demüthig sinnend auf die
Brust senken, vergisst hier die Welt und den Beschauer mehr als
irgendwo. Man wird in allen Certosen Italiens dieses Gefühl haben;
ham schönsten vielleicht bei Stanzioni (zu S. Martino in Neapel,
Cap. di S. Brunone, die 2. 1., mit Geschichten und Apotheose des
iHeiligen; womit seine "Fürbitte des S. Emidio" in Trinita de' Pelle-
kgrini, sowie das Bild seines Schülers Finoglia im Museum zu ver-
gleichen ist: S. Bruno der die Ordensregel empfängt). Auch Guer-
lcino's Madonna mit den beiden betenden Carthäusern (Pinac. von
Bologna) ist eines seiner liebenswürdigsten Werke. Die vollkommene
Weltentsagung giebt dem Orden in der That einen ganz eigenen Ty-
pus. Übrigens mögen auch die weissen Gewänder dieser Ordensleute
eine ruhige, feierliche Haltung fast gebieterisch verlangt haben. Meh-
rere zusammen, in heftiger Bewegung, gäben gar kein Bild mehr.
Desshalb verhält sich auch S. Romuald mit seinen Camaldulensern

Moderne Malerei.
steht S. Sebastian; die besten Bilder glaube ich (S. 1016, a) schon ge-
anannt zu haben (wozu noch der Guercino, Pal. Pitti, zu rechnen
sein mag). Dann betende Heilige in Überfluss; der reuige Petrus
b(man vgl. Guercino, im Mus. v. Neapel — hier mit dem Schnupf-
ctuch! — Guido und C. Dolci, beide im Pal. Pitti; Pierfranc.
dMola im Pal. Corsini zu Rom) auf allen Stufen des Jammers; —
büssende Magdalenen aller Art, von der heftigsten Betheurung bis zur
eruhigen Beschaulichkeit (Cristofano Allori, im Pal. Pitti; Do-
fmenico Feti, in der Acad. v. Venedig; Guercino, in der vatican.
Galerie, motivirt die Rührung der M. dadurch, dass zwei Engel ihr
die Nägel vom Kreuz vorweisen müssen); — S. Franz im Gebet (be-
gsonders niedrigen Charakters bei Cigoli, Pal. Pitti und Uffizien). —
Bei Darstellung der Mönchsandacht hat der Carthäuserorden einen
ganz merkwürdigen Vorzug einfacherer Innigkeit (S. 700, b). Was in
Le Sueur’s Geschichten des heil. Bruno (Louvre) am Meisten ergreift,
findet sich auch in italienischen Carthäuserbildern wieder. Die Ereig-
nisse sind nicht günstiger noch ungünstiger für die malerische Behand-
lung als diejenigen anderer Orden; es ist dieselbe Art von Visionen,
Casteiungen, Thätigkeiten (besonders Schreiben), Gebeten, Wunder-
wirkungen durch Geberde, bis auf den Tod auf dem harten Lager
oder unter Mörderhänden. Allein die tiefe und stille Seelenandacht,
mag sie den Blick nach oben wenden oder demüthig sinnend auf die
Brust senken, vergisst hier die Welt und den Beschauer mehr als
irgendwo. Man wird in allen Certosen Italiens dieses Gefühl haben;
ham schönsten vielleicht bei Stanzioni (zu S. Martino in Neapel,
Cap. di S. Brunone, die 2. 1., mit Geschichten und Apotheose des
iHeiligen; womit seine „Fürbitte des S. Emidio“ in Trinità de’ Pelle-
kgrini, sowie das Bild seines Schülers Finoglia im Museum zu ver-
gleichen ist: S. Bruno der die Ordensregel empfängt). Auch Guer-
lcino’s Madonna mit den beiden betenden Carthäusern (Pinac. von
Bologna) ist eines seiner liebenswürdigsten Werke. Die vollkommene
Weltentsagung giebt dem Orden in der That einen ganz eigenen Ty-
pus. Übrigens mögen auch die weissen Gewänder dieser Ordensleute
eine ruhige, feierliche Haltung fast gebieterisch verlangt haben. Meh-
rere zusammen, in heftiger Bewegung, gäben gar kein Bild mehr.
Desshalb verhält sich auch S. Romuald mit seinen Camaldulensern

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[1036/1058] Moderne Malerei. steht S. Sebastian; die besten Bilder glaube ich (S. 1016, a) schon ge- nannt zu haben (wozu noch der Guercino, Pal. Pitti, zu rechnen sein mag). Dann betende Heilige in Überfluss; der reuige Petrus (man vgl. Guercino, im Mus. v. Neapel — hier mit dem Schnupf- tuch! — Guido und C. Dolci, beide im Pal. Pitti; Pierfranc. Mola im Pal. Corsini zu Rom) auf allen Stufen des Jammers; — büssende Magdalenen aller Art, von der heftigsten Betheurung bis zur ruhigen Beschaulichkeit (Cristofano Allori, im Pal. Pitti; Do- menico Feti, in der Acad. v. Venedig; Guercino, in der vatican. Galerie, motivirt die Rührung der M. dadurch, dass zwei Engel ihr die Nägel vom Kreuz vorweisen müssen); — S. Franz im Gebet (be- sonders niedrigen Charakters bei Cigoli, Pal. Pitti und Uffizien). — Bei Darstellung der Mönchsandacht hat der Carthäuserorden einen ganz merkwürdigen Vorzug einfacherer Innigkeit (S. 700, b). Was in Le Sueur’s Geschichten des heil. Bruno (Louvre) am Meisten ergreift, findet sich auch in italienischen Carthäuserbildern wieder. Die Ereig- nisse sind nicht günstiger noch ungünstiger für die malerische Behand- lung als diejenigen anderer Orden; es ist dieselbe Art von Visionen, Casteiungen, Thätigkeiten (besonders Schreiben), Gebeten, Wunder- wirkungen durch Geberde, bis auf den Tod auf dem harten Lager oder unter Mörderhänden. Allein die tiefe und stille Seelenandacht, mag sie den Blick nach oben wenden oder demüthig sinnend auf die Brust senken, vergisst hier die Welt und den Beschauer mehr als irgendwo. Man wird in allen Certosen Italiens dieses Gefühl haben; am schönsten vielleicht bei Stanzioni (zu S. Martino in Neapel, Cap. di S. Brunone, die 2. 1., mit Geschichten und Apotheose des Heiligen; womit seine „Fürbitte des S. Emidio“ in Trinità de’ Pelle- grini, sowie das Bild seines Schülers Finoglia im Museum zu ver- gleichen ist: S. Bruno der die Ordensregel empfängt). Auch Guer- cino’s Madonna mit den beiden betenden Carthäusern (Pinac. von Bologna) ist eines seiner liebenswürdigsten Werke. Die vollkommene Weltentsagung giebt dem Orden in der That einen ganz eigenen Ty- pus. Übrigens mögen auch die weissen Gewänder dieser Ordensleute eine ruhige, feierliche Haltung fast gebieterisch verlangt haben. Meh- rere zusammen, in heftiger Bewegung, gäben gar kein Bild mehr. Desshalb verhält sich auch S. Romuald mit seinen Camaldulensern a b c d e f g h i k l

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 1036. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/1058>, abgerufen am 18.12.2024.