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Bullinger, Heinrich: Haußbuoch. Zürich, 1558.

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Predig.
sind die / die an sich selbs hand anlegend / vnnd sich selb entleibend / darmitt sie trübsal vnd schmach diser welt nicht leiden müßind. Es sol aber auch hiebey niemand so gar vnempfindtlich sein / das jhm kein ding nichts zeschaffen gäbe / wie die Stoici ein hürneni meynung gehept. Von welchem handel ich eüwer lieb vorläsen wil ein gar schöne Disputation eines fürnemmen dieners der kirchen Christi / der hieuon also schreibt.

1112 Wir sind zuo vil vndanckbar / wenn wir trübsal nicht gern vnnd mitt fröligkeyt vonn der hand deß Herren auffnemmend. Darbey aber wirt nicht ein sölliche fröligkeyt von vnns erforderet / die da gar aufhebe alle empfindtnuß der widerwertigkeyt vnnd deß schmärtzens. Sonst wäre die gedult der glöubigen vnder dem creütz nützit / wenn sie nicht schmärtzen vnnd empfindtligkeyt der trübsal hette. Wenn inn der armuot kein not wäre / in der kranckheyt kein schmärtzen / inn der schmach kein hertzenstich / im todt kein scheühen noch schräcken / so wäre es kein dapfferkeyt oder tugend sölliche ding verschetzen vnnd verachten. Dieweil aber die ding alle von natur vnnsere hertz vnnd gemüter mitt jhrer angebornen bitterkeyt beissend vnnd ängstigend / so kan sich eines glöubigen menschen dapfferkeyt darinn erzeigen / so er mitt der empfindtnuß diser bitterkeyt versuocht / dapfferlich widerstat vnd überwindet / gott gäb wie überlegen es jhm sey. Vnnd thuot sich die gedult dennzuomal herfür / wenn einer peiniget / vnd doch durch die forcht Gottes hinderhalten vnnd im zuoum gehalten wirt / das er nit in vndult außbräche vnd jm selbs entgange. Es erscheint auch die freydigkeyt deß gemüts dennzuomal / wenn der / der also durch traurigkeyt vnnd schmärtzen verwundet ist / nichts destminder an den heiligen vnd geistlichen trost Gottes sich haltet vnd auff dem selben beruowet. Disen kampff / den also die glöubigen wider die natürlich empfindtnuß deß schmärtzens kämpffend / mit dem das sie sich der gedult vnd der bescheidenheyt haltend / beschreibt der heilig Apostel Paulus gar fein mitt disen worten1113 / Wir werdend geträngt / aber wir werdend darumb nitt angsthafft / wir leidend arbeyt / aber wir verzagend nitt / wir leidend verfolgung / aber wir werdend nicht verlassen / wir werdend vndertruckt / aber wir kommend nicht vmb. Da sichst du / das daß creütz gedultig tragen / nit heißt / gar erstaunen / vnd kein empfintnuß deß schmärtzens haben / wie die Stoici vor zeiten vnweißlich den für ein großmütigen vnnd dapfferen menschen gehebt / dem guots vnnd böß / glück vnd vnfal / fröud vnnd leyd gleich vil zeschaffen gäbe / vnnd der also zereden on alle menschligkeyt / wie ein stein ab keinen dingen bewegt wurde. Was habend sie aber mit diser jrer hohen gedult außgricht? Nichts dann das sie ein bild gemalet sölicher gedult / dergleichen vnder den menschen nie ist funden worden / noch müglich ist zefinden. Vnd habend deßhalb mit dem daß sie ein zuo gar grosse gedult habend wöllen haben vnd auffrichten / alle krafft der gedult auß dem läben der menschen auffgehebt. Es sind auch noch vnder den Christen neüwe Stoici / die nitt nur seüfftzen vnd weynen / sonder auch traurig vnd sorgfältig sein für sünd habend. Sölliche stempanyen aber kömmend nun von müßigen leüten / die sich mer in der speculation vnd sinnen dann im thuon vnnd wärcken übend / die erdenckend denn söliche ding.

1114 Wir habend aber mitt diser vnempfindtlichen vnnd stächlinen Philosophy kein gemeynschgafft / welche vnnser Herr vnnd meyster Jesus Christus nicht nur mit seinem wort sonder auch mit seinem eignen exempel verworffen vnnd verdampt hat / Dann er selb hat geseüfftzet vnnd geweinet über seine vnd über ander leüten trübsal / hat auch seine jünger nit anderst geleert thuon. Er spricht1115 / Die wält wirt sich fröwen / jr aber werdend truren vnd weinen. Vnd damit sölichs niemand für sünd zuogerechnet wurde / so hat er in einem offnen gebott die

1112 Wider die Stoisch vnempfindtligkeyt.
1113 2.Cor.
1114 Die glöubigen habend auch jr traurigkeit vnnd schmärtzen.
1115 Luc.6.

Predig.
sind die / die an sich selbs hand anlegend / vnnd sich selb entleibend / darmitt sie truͤbsal vnd schmach diser welt nicht leiden muͤßind. Es sol aber auch hiebey niemand so gar vnempfindtlich sein / das jhm kein ding nichts zeschaffen gaͤbe / wie die Stoici ein hürneni meynung gehept. Von welchem handel ich eüwer lieb vorlaͤsen wil ein gar schoͤne Disputation eines fürnemmen dieners der kirchen Christi / der hieuon also schreibt.

1112 Wir sind zuͦ vil vndanckbar / wenn wir truͤbsal nicht gern vnnd mitt froͤligkeyt vonn der hand deß Herren auffnemmend. Darbey aber wirt nicht ein soͤlliche froͤligkeyt von vnns erforderet / die da gar aufhebe alle empfindtnuß der widerwertigkeyt vnnd deß schmaͤrtzens. Sonst waͤre die gedult der gloͤubigen vnder dem creütz nützit / wenn sie nicht schmaͤrtzen vnnd empfindtligkeyt der truͤbsal hette. Wenn inn der armuͦt kein not waͤre / in der kranckheyt kein schmaͤrtzen / inn der schmach kein hertzenstich / im todt kein scheühen noch schraͤcken / so waͤre es kein dapfferkeyt oder tugend soͤlliche ding verschetzen vnnd verachten. Dieweil aber die ding alle von natur vnnsere hertz vnnd gemuͤter mitt jhrer angebornen bitterkeyt beissend vnnd aͤngstigend / so kan sich eines gloͤubigen menschen dapfferkeyt darinn erzeigen / so er mitt der empfindtnuß diser bitterkeyt versuͦcht / dapfferlich widerstat vnd überwindet / gott gaͤb wie überlegen es jhm sey. Vnnd thuͦt sich die gedult dennzuͦmal herfür / wenn einer peiniget / vnd doch durch die forcht Gottes hinderhalten vnnd im zuͦum gehalten wirt / das er nit in vndult außbraͤche vnd jm selbs entgange. Es erscheint auch die freydigkeyt deß gemuͤts dennzuͦmal / wenn der / der also durch traurigkeyt vnnd schmaͤrtzen verwundet ist / nichts destminder an den heiligen vnd geistlichen trost Gottes sich haltet vnd auff dem selben beruͦwet. Disen kampff / den also die gloͤubigen wider die natürlich empfindtnuß deß schmaͤrtzens kaͤmpffend / mit dem das sie sich der gedult vnd der bescheidenheyt haltend / beschreibt der heilig Apostel Paulus gar fein mitt disen worten1113 / Wir werdend getraͤngt / aber wir werdend darumb nitt angsthafft / wir leidend arbeyt / aber wir verzagend nitt / wir leidend verfolgung / aber wir werdend nicht verlassen / wir werdend vndertruckt / aber wir kommend nicht vmb. Da sichst du / das daß creütz gedultig tragen / nit heißt / gar erstaunen / vnd kein empfintnuß deß schmaͤrtzens haben / wie die Stoici vor zeiten vnweißlich den für ein großmuͤtigen vnnd dapfferen menschen gehebt / dem guͦts vnnd boͤß / glück vnd vnfal / froͤud vnnd leyd gleich vil zeschaffen gaͤbe / vnnd der also zereden on alle menschligkeyt / wie ein stein ab keinen dingen bewegt wurde. Was habend sie aber mit diser jrer hohen gedult außgricht? Nichts dann das sie ein bild gemalet soͤlicher gedult / dergleichen vnder den menschen nie ist funden worden / noch müglich ist zefinden. Vnd habend deßhalb mit dem daß sie ein zuͦ gar grosse gedult habend woͤllen haben vnd auffrichten / alle krafft der gedult auß dem laͤben der menschen auffgehebt. Es sind auch noch vnder den Christen neüwe Stoici / die nitt nur seüfftzen vnd weynen / sonder auch traurig vnd sorgfaͤltig sein für sünd habend. Soͤlliche stempanyen aber koͤmmend nun von muͤßigen leüten / die sich mer in der speculation vnd sinnen dann im thuͦn vnnd waͤrcken uͤbend / die erdenckend denn soͤliche ding.

1114 Wir habend aber mitt diser vnempfindtlichen vnnd staͤchlinen Philosophy kein gemeynschgafft / welche vnnser Herr vnnd meyster Jesus Christus nicht nur mit seinem wort sonder auch mit seinem eignen exempel verworffen vnnd verdampt hat / Dann er selb hat geseüfftzet vnnd geweinet über seine vnd über ander leüten truͤbsal / hat auch seine jünger nit anderst geleert thuͦn. Er spricht1115 / Die waͤlt wirt sich froͤwen / jr aber werdend truren vnd weinen. Vnd damit soͤlichs niemand für sünd zuͦgerechnet wurde / so hat er in einem offnen gebott die

1112 Wider die Stoisch vnempfindtligkeyt.
1113 2.Cor.
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[CXXVII./0345] Predig. sind die / die an sich selbs hand anlegend / vnnd sich selb entleibend / darmitt sie truͤbsal vnd schmach diser welt nicht leiden muͤßind. Es sol aber auch hiebey niemand so gar vnempfindtlich sein / das jhm kein ding nichts zeschaffen gaͤbe / wie die Stoici ein hürneni meynung gehept. Von welchem handel ich eüwer lieb vorlaͤsen wil ein gar schoͤne Disputation eines fürnemmen dieners der kirchen Christi / der hieuon also schreibt. 1112 Wir sind zuͦ vil vndanckbar / wenn wir truͤbsal nicht gern vnnd mitt froͤligkeyt vonn der hand deß Herren auffnemmend. Darbey aber wirt nicht ein soͤlliche froͤligkeyt von vnns erforderet / die da gar aufhebe alle empfindtnuß der widerwertigkeyt vnnd deß schmaͤrtzens. Sonst waͤre die gedult der gloͤubigen vnder dem creütz nützit / wenn sie nicht schmaͤrtzen vnnd empfindtligkeyt der truͤbsal hette. Wenn inn der armuͦt kein not waͤre / in der kranckheyt kein schmaͤrtzen / inn der schmach kein hertzenstich / im todt kein scheühen noch schraͤcken / so waͤre es kein dapfferkeyt oder tugend soͤlliche ding verschetzen vnnd verachten. Dieweil aber die ding alle von natur vnnsere hertz vnnd gemuͤter mitt jhrer angebornen bitterkeyt beissend vnnd aͤngstigend / so kan sich eines gloͤubigen menschen dapfferkeyt darinn erzeigen / so er mitt der empfindtnuß diser bitterkeyt versuͦcht / dapfferlich widerstat vnd überwindet / gott gaͤb wie überlegen es jhm sey. Vnnd thuͦt sich die gedult dennzuͦmal herfür / wenn einer peiniget / vnd doch durch die forcht Gottes hinderhalten vnnd im zuͦum gehalten wirt / das er nit in vndult außbraͤche vnd jm selbs entgange. Es erscheint auch die freydigkeyt deß gemuͤts dennzuͦmal / wenn der / der also durch traurigkeyt vnnd schmaͤrtzen verwundet ist / nichts destminder an den heiligen vnd geistlichen trost Gottes sich haltet vnd auff dem selben beruͦwet. Disen kampff / den also die gloͤubigen wider die natürlich empfindtnuß deß schmaͤrtzens kaͤmpffend / mit dem das sie sich der gedult vnd der bescheidenheyt haltend / beschreibt der heilig Apostel Paulus gar fein mitt disen worten 1113 / Wir werdend getraͤngt / aber wir werdend darumb nitt angsthafft / wir leidend arbeyt / aber wir verzagend nitt / wir leidend verfolgung / aber wir werdend nicht verlassen / wir werdend vndertruckt / aber wir kommend nicht vmb. Da sichst du / das daß creütz gedultig tragen / nit heißt / gar erstaunen / vnd kein empfintnuß deß schmaͤrtzens haben / wie die Stoici vor zeiten vnweißlich den für ein großmuͤtigen vnnd dapfferen menschen gehebt / dem guͦts vnnd boͤß / glück vnd vnfal / froͤud vnnd leyd gleich vil zeschaffen gaͤbe / vnnd der also zereden on alle menschligkeyt / wie ein stein ab keinen dingen bewegt wurde. Was habend sie aber mit diser jrer hohen gedult außgricht? Nichts dann das sie ein bild gemalet soͤlicher gedult / dergleichen vnder den menschen nie ist funden worden / noch müglich ist zefinden. Vnd habend deßhalb mit dem daß sie ein zuͦ gar grosse gedult habend woͤllen haben vnd auffrichten / alle krafft der gedult auß dem laͤben der menschen auffgehebt. Es sind auch noch vnder den Christen neüwe Stoici / die nitt nur seüfftzen vnd weynen / sonder auch traurig vnd sorgfaͤltig sein für sünd habend. Soͤlliche stempanyen aber koͤmmend nun von muͤßigen leüten / die sich mer in der speculation vnd sinnen dann im thuͦn vnnd waͤrcken uͤbend / die erdenckend denn soͤliche ding. 1114 Wir habend aber mitt diser vnempfindtlichen vnnd staͤchlinen Philosophy kein gemeynschgafft / welche vnnser Herr vnnd meyster Jesus Christus nicht nur mit seinem wort sonder auch mit seinem eignen exempel verworffen vnnd verdampt hat / Dann er selb hat geseüfftzet vnnd geweinet über seine vnd über ander leüten truͤbsal / hat auch seine jünger nit anderst geleert thuͦn. Er spricht 1115 / Die waͤlt wirt sich froͤwen / jr aber werdend truren vnd weinen. Vnd damit soͤlichs niemand für sünd zuͦgerechnet wurde / so hat er in einem offnen gebott die 1112 Wider die Stoisch vnempfindtligkeyt. 1113 2.Cor. 1114 Die gloͤubigen habend auch jr traurigkeit vnnd schmaͤrtzen. 1115 Luc.6.

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Zitationshilfe: Bullinger, Heinrich: Haußbuoch. Zürich, 1558, S. CXXVII.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bullinger_haussbuoch_1558/345>, abgerufen am 23.11.2024.