sicheres Analogon für die Entstehungs- und Entwick- lungsgeschichte andrer Weltkörper. Die Abweichungen der Planeten von der Kugelgestalt beweisen, daß auch diese einst, wie die Erde, flüssig waren, und die all- mähliche Entwicklung der Erde zu ihrer jetzigen Form muß auch ebenso auf allen andern Planeten vor sich ge- gangen sein. -- Alle diese Thatsachen beweisen zur Evi- denz die Allgemeinheit der Naturgesetze, welche nicht bloß auf unsere Erde beschränkt, sondern in gleicher Weise durch den ganzen Weltenraum wirksam sind. Da gibt es keinen Schlupfwinkel für die Phantasie, in welchem sie sonderbare Ausgeburten zeugen und eine von den gewohnten Schranken emanzipirte, fabelhafte Existenz träumen könnte. Alle solche Träumereien müssen als Hirngespinnste betrachtet werden. Es ist nicht nöthig, daß wir die Mittel besitzen, für jede einzelne Natur- kraft ihre Allgemeinheit und Unendlichkeit im Einzelnen nachzuweisen. Der Umstand, daß dieses für einige der- selben mit Bestimmtheit geschehen ist, ist vollkommen hinreichend und schützt uns vor jedem Jrrthum. Wo ein Gesetz waltet, da walten auch alle übrigen; der Zu- sammenhang ist nach allen Seiten ein so inniger, daß hier Nichts zu trennen ist. Jede Ausnahme, jede Ab- weichung müßte unmittelbar eine nicht zu heilende Ver- wirrung hervorrufen, denn das Gleichgewicht der Kräfte ist die Grundbedingung alles Daseins. Die Welt ist
ſicheres Analogon für die Entſtehungs- und Entwick- lungsgeſchichte andrer Weltkörper. Die Abweichungen der Planeten von der Kugelgeſtalt beweiſen, daß auch dieſe einſt, wie die Erde, flüſſig waren, und die all- mähliche Entwicklung der Erde zu ihrer jetzigen Form muß auch ebenſo auf allen andern Planeten vor ſich ge- gangen ſein. — Alle dieſe Thatſachen beweiſen zur Evi- denz die Allgemeinheit der Naturgeſetze, welche nicht bloß auf unſere Erde beſchränkt, ſondern in gleicher Weiſe durch den ganzen Weltenraum wirkſam ſind. Da gibt es keinen Schlupfwinkel für die Phantaſie, in welchem ſie ſonderbare Ausgeburten zeugen und eine von den gewohnten Schranken emanzipirte, fabelhafte Exiſtenz träumen könnte. Alle ſolche Träumereien müſſen als Hirngeſpinnſte betrachtet werden. Es iſt nicht nöthig, daß wir die Mittel beſitzen, für jede einzelne Natur- kraft ihre Allgemeinheit und Unendlichkeit im Einzelnen nachzuweiſen. Der Umſtand, daß dieſes für einige der- ſelben mit Beſtimmtheit geſchehen iſt, iſt vollkommen hinreichend und ſchützt uns vor jedem Jrrthum. Wo ein Geſetz waltet, da walten auch alle übrigen; der Zu- ſammenhang iſt nach allen Seiten ein ſo inniger, daß hier Nichts zu trennen iſt. Jede Ausnahme, jede Ab- weichung müßte unmittelbar eine nicht zu heilende Ver- wirrung hervorrufen, denn das Gleichgewicht der Kräfte iſt die Grundbedingung alles Daſeins. Die Welt iſt
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ſicheres Analogon für die Entſtehungs- und Entwick-
lungsgeſchichte andrer Weltkörper. Die Abweichungen
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dieſe einſt, wie die Erde, flüſſig waren, und die all-
mähliche Entwicklung der Erde zu ihrer jetzigen Form
muß auch ebenſo auf allen andern Planeten vor ſich ge-
gangen ſein. — Alle dieſe Thatſachen beweiſen zur Evi-
denz die Allgemeinheit der Naturgeſetze, welche
nicht bloß auf unſere Erde beſchränkt, ſondern in gleicher
Weiſe durch den ganzen Weltenraum wirkſam ſind. Da
gibt es keinen Schlupfwinkel für die Phantaſie, in
welchem ſie ſonderbare Ausgeburten zeugen und eine
von den gewohnten Schranken emanzipirte, fabelhafte
Exiſtenz träumen könnte. Alle ſolche Träumereien müſſen
als Hirngeſpinnſte betrachtet werden. Es iſt nicht nöthig,
daß wir die Mittel beſitzen, für jede einzelne Natur-
kraft ihre Allgemeinheit und Unendlichkeit im Einzelnen
nachzuweiſen. Der Umſtand, daß dieſes für einige der-
ſelben mit Beſtimmtheit geſchehen iſt, iſt vollkommen
hinreichend und ſchützt uns vor jedem Jrrthum. Wo
ein Geſetz waltet, da walten auch alle übrigen; der Zu-
ſammenhang iſt nach allen Seiten ein ſo inniger, daß
hier Nichts zu trennen iſt. Jede Ausnahme, jede Ab-
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iſt die Grundbedingung alles Daſeins. Die Welt iſt
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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/70>, abgerufen am 24.11.2024.
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