herrliche und unendliche Aussicht auf eine immer steigende Schul- und Klassenlaufbahn von Planet zu Planet, von Sonne zu Sonne zu eröffnen, wobei die Fleißigen und Frommen stets vorn, die Faulen aber, wie immer, stets hinten sein werden. So reizend auch eine solche Aus- sicht manchen an die Schuldressur gewöhnten Gemüthern vorkommen mag, so wenig kann doch eine kühle Natur- betrachtung sich mit so ausschweifenden Phantasieen für einverstanden erklären. Nach dem heutigen Stand unsrer Kenntnisse von der unsre Erde umgebenden Welt müssen wir uns dahin erklären, daß dieselben Stoffe und die- selben Naturgesetze, von denen wir uns hier gebildet und umgeben sehen, auch das ganze All zusammensetzen und daß dieselben allerorten in derselben Weise und mit der- selben Nothwendigkeit thätig sind, wie in unsrer unmit- telbaren Nähe. Beweise hierfür haben uns Astronomie und Physik in hinlänglicher Anzahl geliefert. Die Ge- setze der Gravitation, d. h. die Gesetze der Bewegung und Anziehung, sind in allen Welträumen, soweit das Fernrohr dringt und unsre Berechnung hinreicht, die- selben unveränderlichen. Die Bewegungen aller und der entferntesten Weltkörper geschehen nach denselben Gesetzen, unter welchen geworfene Körper hier auf unsrer Erde bewegt werden, unter welchen ein Stein fällt, ein Pendel schwingt u. s. w. Alle astronomischen Rechnungen, welche auf diese uns bekannten Gesetze für entfernte Weltkörper
herrliche und unendliche Ausſicht auf eine immer ſteigende Schul- und Klaſſenlaufbahn von Planet zu Planet, von Sonne zu Sonne zu eröffnen, wobei die Fleißigen und Frommen ſtets vorn, die Faulen aber, wie immer, ſtets hinten ſein werden. So reizend auch eine ſolche Aus- ſicht manchen an die Schuldreſſur gewöhnten Gemüthern vorkommen mag, ſo wenig kann doch eine kühle Natur- betrachtung ſich mit ſo ausſchweifenden Phantaſieen für einverſtanden erklären. Nach dem heutigen Stand unſrer Kenntniſſe von der unſre Erde umgebenden Welt müſſen wir uns dahin erklären, daß dieſelben Stoffe und die- ſelben Naturgeſetze, von denen wir uns hier gebildet und umgeben ſehen, auch das ganze All zuſammenſetzen und daß dieſelben allerorten in derſelben Weiſe und mit der- ſelben Nothwendigkeit thätig ſind, wie in unſrer unmit- telbaren Nähe. Beweiſe hierfür haben uns Aſtronomie und Phyſik in hinlänglicher Anzahl geliefert. Die Ge- ſetze der Gravitation, d. h. die Geſetze der Bewegung und Anziehung, ſind in allen Welträumen, ſoweit das Fernrohr dringt und unſre Berechnung hinreicht, die- ſelben unveränderlichen. Die Bewegungen aller und der entfernteſten Weltkörper geſchehen nach denſelben Geſetzen, unter welchen geworfene Körper hier auf unſrer Erde bewegt werden, unter welchen ein Stein fällt, ein Pendel ſchwingt u. ſ. w. Alle aſtronomiſchen Rechnungen, welche auf dieſe uns bekannten Geſetze für entfernte Weltkörper
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herrliche und unendliche Ausſicht auf eine immer ſteigende
Schul- und Klaſſenlaufbahn von Planet zu Planet, von
Sonne zu Sonne zu eröffnen, wobei die Fleißigen und
Frommen ſtets vorn, die Faulen aber, wie immer, ſtets
hinten ſein werden. So reizend auch eine ſolche Aus-
ſicht manchen an die Schuldreſſur gewöhnten Gemüthern
vorkommen mag, ſo wenig kann doch eine kühle Natur-
betrachtung ſich mit ſo ausſchweifenden Phantaſieen für
einverſtanden erklären. Nach dem heutigen Stand unſrer
Kenntniſſe von der unſre Erde umgebenden Welt müſſen
wir uns dahin erklären, daß dieſelben Stoffe und die-
ſelben Naturgeſetze, von denen wir uns hier gebildet und
umgeben ſehen, auch das ganze All zuſammenſetzen und
daß dieſelben allerorten in derſelben Weiſe und mit der-
ſelben Nothwendigkeit thätig ſind, wie in unſrer unmit-
telbaren Nähe. Beweiſe hierfür haben uns Aſtronomie
und Phyſik in hinlänglicher Anzahl geliefert. Die Ge-
ſetze der Gravitation, d. h. die Geſetze der Bewegung
und Anziehung, ſind in allen Welträumen, ſoweit das
Fernrohr dringt und unſre Berechnung hinreicht, die-
ſelben unveränderlichen. Die Bewegungen aller und der
entfernteſten Weltkörper geſchehen nach denſelben Geſetzen,
unter welchen geworfene Körper hier auf unſrer Erde
bewegt werden, unter welchen ein Stein fällt, ein Pendel
ſchwingt u. ſ. w. Alle aſtronomiſchen Rechnungen, welche
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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/67>, abgerufen am 24.11.2024.
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