Wer ein Gesetz der Natur aufhebt, hebt alle auf. L. Feuerbach.
Als man erkannt hatte, daß Sonne, Mond und Sterne keine am Himmelsgewölbe angehefteten Lichter sind, deren Zweck darin besteht, die Wohnsitze des mensch- lichen Geschlecht's bei Tag und Nacht zu erhellen -- als man weiter eingesehen hatte, daß die Erde nicht der Schemel der Füße Gottes, sondern ein Stäubchen im Weltmeer ist, da zauderte der menschliche Geist nicht, die Abenteuerlichkeit der Vorstellung, die ihm für die Nähe geraubt war, in der Ferne in um so lebhafteren Bewegungen sich ergehen zu lassen. Da mußten ferne Weltregionen im Glanze der Wunder und des Paradieses schimmern; da ließ man auf entlegenen Planeten Ge- schlechter mit ätherischen Leibern und befreit von dem Druck der Materie entstehen, und diejenigen, welche ge- lehrt hatten, daß das Leben eine Vorschule zum Jenseits sei, beeilten sich, ihren Schülern und Schülerinnen eine
Die Allgemeinheit der Naturgeſetze.
Wer ein Geſetz der Natur aufhebt, hebt alle auf. L. Feuerbach.
Als man erkannt hatte, daß Sonne, Mond und Sterne keine am Himmelsgewölbe angehefteten Lichter ſind, deren Zweck darin beſteht, die Wohnſitze des menſch- lichen Geſchlecht’s bei Tag und Nacht zu erhellen — als man weiter eingeſehen hatte, daß die Erde nicht der Schemel der Füße Gottes, ſondern ein Stäubchen im Weltmeer iſt, da zauderte der menſchliche Geiſt nicht, die Abenteuerlichkeit der Vorſtellung, die ihm für die Nähe geraubt war, in der Ferne in um ſo lebhafteren Bewegungen ſich ergehen zu laſſen. Da mußten ferne Weltregionen im Glanze der Wunder und des Paradieſes ſchimmern; da ließ man auf entlegenen Planeten Ge- ſchlechter mit ätheriſchen Leibern und befreit von dem Druck der Materie entſtehen, und diejenigen, welche ge- lehrt hatten, daß das Leben eine Vorſchule zum Jenſeits ſei, beeilten ſich, ihren Schülern und Schülerinnen eine
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Die Allgemeinheit der Naturgeſetze.
Wer ein Geſetz der Natur aufhebt, hebt alle auf.
L. Feuerbach.
Als man erkannt hatte, daß Sonne, Mond und
Sterne keine am Himmelsgewölbe angehefteten Lichter
ſind, deren Zweck darin beſteht, die Wohnſitze des menſch-
lichen Geſchlecht’s bei Tag und Nacht zu erhellen — als
man weiter eingeſehen hatte, daß die Erde nicht der
Schemel der Füße Gottes, ſondern ein Stäubchen im
Weltmeer iſt, da zauderte der menſchliche Geiſt nicht,
die Abenteuerlichkeit der Vorſtellung, die ihm für die
Nähe geraubt war, in der Ferne in um ſo lebhafteren
Bewegungen ſich ergehen zu laſſen. Da mußten ferne
Weltregionen im Glanze der Wunder und des Paradieſes
ſchimmern; da ließ man auf entlegenen Planeten Ge-
ſchlechter mit ätheriſchen Leibern und befreit von dem
Druck der Materie entſtehen, und diejenigen, welche ge-
lehrt hatten, daß das Leben eine Vorſchule zum Jenſeits
ſei, beeilten ſich, ihren Schülern und Schülerinnen eine
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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/66>, abgerufen am 01.05.2024.
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