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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855.

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terie ist nicht wie ein Fuhrwerk, davor die Kräfte,
als Pferde, nun angespannt, dann abgeschirrt werden
können. Ein Eisentheilchen ist und bleibt zuverlässig
dasselbe Ding, gleichviel ob es im Meteorsteine den Welt-
kreis durchzieht, im Dampfwagenrade auf den Schienen
dahinschmettert oder in der Blutzelle durch die Schläfe
eines Dichters rinnt. -- Diese Eigenschaften sind von
Ewigkeit, sie sind unveräußerlich, unübertragbar." (Dü-
bois-Reymond.)

"Aus Nichts kann keine Kraft entstehen." (Liebig.)
"Nichts in der Welt berechtigt uns, die Existenz
von Kräften an und für sich, ohne Körper, von denen
sie ausgehen und auf die sie wirken, vorauszusetzen."
(Cotta.)

Mit diesen Worten anerkannter Naturforscher leiten
wir ein Kapitel ein, welches an eine der einfachsten und
folgewichtigsten, aber vielleicht gerade darum noch am
wenigsten bekannten und anerkannten Wahrheiten erinnern
soll. Keine Kraft ohne Stoff -- kein Stoff ohne Kraft!
Eines für sich ist so wenig denkbar als das andere für
sich; auseinandergenommen zerfallen beide in leere Ab-
stractionen. Man denke sich eine Materie ohne Kraft,
die kleinsten Theilchen, aus denen ein Körper besteht,
ohne jenes System gegenseitiger Anziehung und Ab-
stoßung, welches sie zusammenhält und dem Körper

terie iſt nicht wie ein Fuhrwerk, davor die Kräfte,
als Pferde, nun angeſpannt, dann abgeſchirrt werden
können. Ein Eiſentheilchen iſt und bleibt zuverläſſig
daſſelbe Ding, gleichviel ob es im Meteorſteine den Welt-
kreis durchzieht, im Dampfwagenrade auf den Schienen
dahinſchmettert oder in der Blutzelle durch die Schläfe
eines Dichters rinnt. — Dieſe Eigenſchaften ſind von
Ewigkeit, ſie ſind unveräußerlich, unübertragbar.‟ (Dü-
bois-Reymond.)

„Aus Nichts kann keine Kraft entſtehen.‟ (Liebig.)
„Nichts in der Welt berechtigt uns, die Exiſtenz
von Kräften an und für ſich, ohne Körper, von denen
ſie ausgehen und auf die ſie wirken, vorauszuſetzen.‟
(Cotta.)

Mit dieſen Worten anerkannter Naturforſcher leiten
wir ein Kapitel ein, welches an eine der einfachſten und
folgewichtigſten, aber vielleicht gerade darum noch am
wenigſten bekannten und anerkannten Wahrheiten erinnern
ſoll. Keine Kraft ohne Stoff — kein Stoff ohne Kraft!
Eines für ſich iſt ſo wenig denkbar als das andere für
ſich; auseinandergenommen zerfallen beide in leere Ab-
ſtractionen. Man denke ſich eine Materie ohne Kraft,
die kleinſten Theilchen, aus denen ein Körper beſteht,
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[2/0022] terie iſt nicht wie ein Fuhrwerk, davor die Kräfte, als Pferde, nun angeſpannt, dann abgeſchirrt werden können. Ein Eiſentheilchen iſt und bleibt zuverläſſig daſſelbe Ding, gleichviel ob es im Meteorſteine den Welt- kreis durchzieht, im Dampfwagenrade auf den Schienen dahinſchmettert oder in der Blutzelle durch die Schläfe eines Dichters rinnt. — Dieſe Eigenſchaften ſind von Ewigkeit, ſie ſind unveräußerlich, unübertragbar.‟ (Dü- bois-Reymond.) „Aus Nichts kann keine Kraft entſtehen.‟ (Liebig.) „Nichts in der Welt berechtigt uns, die Exiſtenz von Kräften an und für ſich, ohne Körper, von denen ſie ausgehen und auf die ſie wirken, vorauszuſetzen.‟ (Cotta.) Mit dieſen Worten anerkannter Naturforſcher leiten wir ein Kapitel ein, welches an eine der einfachſten und folgewichtigſten, aber vielleicht gerade darum noch am wenigſten bekannten und anerkannten Wahrheiten erinnern ſoll. Keine Kraft ohne Stoff — kein Stoff ohne Kraft! Eines für ſich iſt ſo wenig denkbar als das andere für ſich; auseinandergenommen zerfallen beide in leere Ab- ſtractionen. Man denke ſich eine Materie ohne Kraft, die kleinſten Theilchen, aus denen ein Körper beſteht, ohne jenes Syſtem gegenſeitiger Anziehung und Ab- ſtoßung, welches ſie zuſammenhält und dem Körper

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Zitationshilfe: Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/22>, abgerufen am 20.04.2024.