welches zugleich der Taufname eines Blinden der Anstalt war. So oft er nun das Wort aussprach, mußte der Blinde zu ihm kommen. Mit großer Ueberraschung bemerkte das Meystre und entdeckte auf diese Weise, daß man mit Hülfe der Sprache sich aus einiger Ent- fernung verständigen könne. Von Gott hatte Mey- stre keine Jdee und verwechselte, als man ihm den Begriff deutlich zu machen suchte, stets Gott und die Sonne mit einander. Von allen civilisirten Gesetz- gebungen werden daher Taubstumme wegen der Schwäche ihrer geistigen Fähigkeiten für unfrei und unzurechnungs- fähig erklärt. -- Nicht selten lesen wir in den Zeitungen von dem elenden, vollkommen thierischen Zustand jener unglücklichen Geschöpfe, welche Habsucht oder Barbarei als Kinder in dunkle oder abgeschlossene Räume einge- sperrt und dort außerhalb der menschlichen Gesellschaft und ohne jede geistige Anregung verborgen gehalten hat. Das körperliche und geistige Leben solcher Wesen ist ein bloßer Vegetationszustand, kein menschlich entwickeltes Dasein, und die allgemeinen sowohl wie speciellen Be- griffe dieses Daseins gehen ihnen ab. Wo bleibt denn nun, wenn vorhanden, bei solchen Geschöpfen der gott- geborene Geist? warum entwickelt er sich nicht trotz der hemmenden äußeren Verhältnisse durch seine eigene Kraft und trägt den Sieg über die Natur davon? Dem be- kannten Caspar Hauser konnte man den Begriff eines
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welches zugleich der Taufname eines Blinden der Anſtalt war. So oft er nun das Wort ausſprach, mußte der Blinde zu ihm kommen. Mit großer Ueberraſchung bemerkte das Meyſtre und entdeckte auf dieſe Weiſe, daß man mit Hülfe der Sprache ſich aus einiger Ent- fernung verſtändigen könne. Von Gott hatte Mey- ſtre keine Jdee und verwechſelte, als man ihm den Begriff deutlich zu machen ſuchte, ſtets Gott und die Sonne mit einander. Von allen civiliſirten Geſetz- gebungen werden daher Taubſtumme wegen der Schwäche ihrer geiſtigen Fähigkeiten für unfrei und unzurechnungs- fähig erklärt. — Nicht ſelten leſen wir in den Zeitungen von dem elenden, vollkommen thieriſchen Zuſtand jener unglücklichen Geſchöpfe, welche Habſucht oder Barbarei als Kinder in dunkle oder abgeſchloſſene Räume einge- ſperrt und dort außerhalb der menſchlichen Geſellſchaft und ohne jede geiſtige Anregung verborgen gehalten hat. Das körperliche und geiſtige Leben ſolcher Weſen iſt ein bloßer Vegetationszuſtand, kein menſchlich entwickeltes Daſein, und die allgemeinen ſowohl wie ſpeciellen Be- griffe dieſes Daſeins gehen ihnen ab. Wo bleibt denn nun, wenn vorhanden, bei ſolchen Geſchöpfen der gott- geborene Geiſt? warum entwickelt er ſich nicht trotz der hemmenden äußeren Verhältniſſe durch ſeine eigene Kraft und trägt den Sieg über die Natur davon? Dem be- kannten Caſpar Hauſer konnte man den Begriff eines
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welches zugleich der Taufname eines Blinden der Anſtalt
war. So oft er nun das Wort ausſprach, mußte der
Blinde zu ihm kommen. Mit großer Ueberraſchung
bemerkte das Meyſtre und entdeckte auf dieſe Weiſe,
daß man mit Hülfe der Sprache ſich aus einiger Ent-
fernung verſtändigen könne. Von Gott hatte Mey-
ſtre keine Jdee und verwechſelte, als man ihm den
Begriff deutlich zu machen ſuchte, ſtets Gott und die
Sonne mit einander. Von allen civiliſirten Geſetz-
gebungen werden daher Taubſtumme wegen der Schwäche
ihrer geiſtigen Fähigkeiten für unfrei und unzurechnungs-
fähig erklärt. — Nicht ſelten leſen wir in den Zeitungen
von dem elenden, vollkommen thieriſchen Zuſtand jener
unglücklichen Geſchöpfe, welche Habſucht oder Barbarei
als Kinder in dunkle oder abgeſchloſſene Räume einge-
ſperrt und dort außerhalb der menſchlichen Geſellſchaft
und ohne jede geiſtige Anregung verborgen gehalten hat.
Das körperliche und geiſtige Leben ſolcher Weſen iſt ein
bloßer Vegetationszuſtand, kein menſchlich entwickeltes
Daſein, und die allgemeinen ſowohl wie ſpeciellen Be-
griffe dieſes Daſeins gehen ihnen ab. Wo bleibt denn
nun, wenn vorhanden, bei ſolchen Geſchöpfen der gott-
geborene Geiſt? warum entwickelt er ſich nicht trotz der
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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/183>, abgerufen am 04.05.2024.
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